„Die Vipers hatten den City Tower heiß umkämpft. Trotz der Verschwörung des Bürgermeisters B.M. dachten alle, sie hätten mit ihrer Kraft und ihrem Können gewonnen. Zwei Jahre waren vergangen… Die Stadt schmachtete noch immer unter der Diktatur des Bürgermeisters B.M. Mit wachsenden Hass gegen die Vipers, die sich gegen ihn gestellt hatten, setzte er ein Sondergesetz durch für die „Viper Hunt“, die Schlangenjagd. Viele Vipers wurden verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Die wenigen, die entkommen konnten, gingen in den Untergrund und legten ihre Rüstung ab. Aber ein paar wollten die Unterdrückung durch den Bürgermeister nicht dulden, und sie kämpften weiter. Und hier beginnen die harten Kämpfe der letzten Vipers…“

Soviel zur Story, die in diesem Arcade Spiel eigentlich eher nebensächlich ist. Wie in der Spielhalle kämpft ihr nämlich im Arcade Modus in acht Stufen gegen die unterschiedlichsten CPU-Gegner. Je nach Spielverlauf - das heißt, ob ihr einen oder zwei Match-Punkte erhaltet - unterscheiden sich die nachfolgenden Stufen. Wer alle seine Kontrahenten besiegt, wird am Ende bewertet und erhält einen entsprechenden Viper-Rang. Damit dieser so gut wie möglich ausfällt. müsst ihr lernen, mit einen gewissen Stil zu kämpfen! Wie ihr das schafft und welche Kampf-Eigenschaften ihr dazu beherrschen solltet, wird spätestens nach einem Blick in die Spielanleitung klar. Fakt ist, im integrierten Trainingsmodus könnt ihr lediglich Aktionen, Würfe und Combos üben, sofern ihr diese überhaupt herausgefunden habt. Eurem Gegner weist ihr im Training ein entsprechendes Kampflevel zu, damit ihr die Aktionen trainieren könnt oder einfach nur versucht, euch gegen einen harten Widersacher zu behaupten. 

Anders als in den gewöhnlichen Beat 'em Ups geht es hier durchaus einen Tick härter zur Sache - zumindest für den Spieler: Ihr tretet inmitten eines Käfigs mit eurem Viper gegen einen weiteren an. Der Clou ist, jeder von euch ist mit einer Rüstung und einem Gegenstand bestückt. Ob es sich bei diesem Gegenstand nun um ein Skateboard, einer E-Gitarre, Rollerblades, riesige Metallfäuste oder ein Fahrrad handelt, ist erst einmal völlig egal. Aber eine Sache haben alle diese Sachen gemeinsam: Ihr könnt sie im Kampf zu eurem Vorteil nutzen. Die Rüstung schützt euren Ober- und Unterkörper, kann aber durch spezielle Schläge und Tritte zerstört werden. Passiert dies im Gefecht, ändern sich die Eigenschaften des Kämpfers. Zum einen ist die Person leichter, was euch als Gegenspieler sehr zugute kommt. Ihr könnt ihn nun höher in die Lüfte schleudern, als mit einer vollwertigen Panzerung. Natürlich fügt ihr auch größeren Schaden zu. Ebenso ändernd sich das Trefferverhalten. So hinterlassen nun auch solche Treffer einen gewissen Schaden, die zuvor verpufften. Selbstverständlich nutzen auch eure Kontrahenten diese sich ändernden Eigenschaften im Kampf gern gegen euch aus. 

Zum Start stehen euch elf Charaktere zur Auswahl. Im ersten Moment scheinen sich diese nur minimal voneinander zu unterscheiden. Denn anders als bei beispielsweise Virtua Fighter 3tb - das ebenfalls von den Entwicklern AM2 programmiert wurde - gibt es hier für jeden Kämpfer diverse Standard-Angriffe. Die mag zwar jeder Viper in optischer Form ein wenig anders ausführen. Aber im Grunde haben sie alle die gleiche Wirkung und werden von euch vollkommen analog gesteuert und damit mit dem Dreamcast Controller oder wahlweise dem Arcade Stick ausgeführt. Die Rede ist zum einen vom Manöver „Guard & Attack“ und zum anderen vom „Tech Guard“. Letzteres aktiviert ihr, indem die Block-, Punch- und Kick-Tasten zur gleichen Zeit gedrückt werden. Der Tech Guard dient nicht nur zur Abwehr normaler Angriffe und Angriffskombinationen. Ihr könnt mit ihm auch euer Gleichgewicht zurückgewinnen, zum Beispiel bei einem Fall eures Charakters. Ihr steht also schneller wieder auf euren Beinen. Trifft euch ein Schlag des Gegners genau in dem Augenblick, in dem ihr den Tech Guard einsetzt, könnt ihr daraufhin einen Gegenangriff starten oder euch seitwärts um den Kontrahenten herumbewegen. Außerdem könnt ihr mit eurem Tech Guard-Befehl den Schaden begrenzen, der sonst beim Aufprall auf den Boden oder gegen die Wand die Folge wäre. Dabei dreht ihr euch ganz elegant in der Luft und kommt mit beiden Beinen wieder auf dem Boden auf, um weiterkämpfen zu können. Und genau das macht den Style in diesem Spiel aus. Guard & Attack ist ähnlich dem Tech Guard. Hiermit führt ihr einen Gegenangriff aus, während ihr eine feindliche Attacke abwehrt - praktisch zwei Dinge in einem Zug.

Das genaue Timing des Blockens, der darauffolgende Angriff bzw. der korrekte Einsatz des Tech Guard-Befehls zur Abwehr feindlicher Angriffe (oder den Schaden nach einem eingestecktem Treffer zu vermindern) sind hier ausschlaggebend. Mehr Vielfalt ins Spielgeschehen soll der Einsatz der eigenen Waffen bringen. Und genau dazu haben die Vipers eben ihre verschiedenen und teils wohl komischen Utensilien am Mann - oder der Frau. Einfach mal eben mitten im Kampf auf euer Fahrrad setzen und einen Salto machen, dabei den Kontrahenten kräftig mit den Reifen treffen. Das mag vielleicht jetzt an Kasumis Salto-Attacke in Dead or Alive 2 oder gar an Sarahs Angriff in Virtua Fighter erinnern, aber mit einem Fahrrad ist das doch nochmal etwas anderes. Ebenso ein Kick mit den Rollerblades - was womöglich Jet Set Radio Fans locken könnte - oder ein kräftiger Hieb mit der E-Gitarre. Da könnte glatt auch Ulala aus Space Channel 5 mitmischen. Die Kampfutensilien sind schon recht witzig und weisen durchaus zu gefallen. Es ist eben mal etwas anderes. Somit ist es schwierig, Fighting Vipers mit anderen Beat 'em Ups zu vergleichen. Denn ein Dreamcast-Kampfspiel mit Waffen á la Soul Calibur oder Heavy Metal Geomatrix ist einfach nicht mit den Vipers vergleichbar. Es geht einfach in eine völlig andere Richtung, was auch am sehr arcardigen Gameplay liegt. 

Wer vom Arcade Modus genug hat, sollte sich im VS-Modus gegen einen weiteren Mitspieler messen. Hier könnte Freude aufkommen. Ich rate aber, lieber mit dem Arcade Stick zu spielen und den Dreamcast Controller zur Seite zu legen. Während die meisten Arcade Beat 'em Ups auch über den Controller sehr gut zu spielen sind und ich den Controller auch stets extrem favorisiere, sieht das bei Fighting Vipers 2 anders aus. Natürlich sind mit beiden Schläge, Tritte und Combos einfach auszuführen. Allerdings werden in diesem Beat 'em Up auch schnelle Bewegungen nach rechts und links abverlangt. Dadurch könnt ihr beispielsweise eure Rüstung sofort ablegen - auch während ihr euch in der Luft befindet. Mit dem Controller ist solch ein Befehl nur sehr schwer durchzuführen, mit SEGAs Arcade Stick dafür kein Problem. Denn der Kampf ohne Rüstung bietet auch Vorteile. Insbesondere die Möglichkeit, eurem Kontrahenten nun ein "Super K.O." zuzufügen, sollte nicht unerwähnt bleiben. Diesen Zug könnt ihr ein einziges Mal im Kampf einsetzen. Gelingt diese Aktion, wird euer Gegner durch den Käfig geschleudert, Kometen stürzen auf ihn und machen ihn sogar für die nächste Runde kampfunfähig. Mit dem Super K.O. erhaltet ihr also auf Anhieb zwei Siege und müsst nicht in einer zweiten Runde gegen ihn antreten. Auch im Modus Survival, in dem ihr ununterbrochen um den Sieg kämpft, könnt ihr diesen Move benutzen. Normalerweise werden die eigenen HP und die Rüstung von Kampf zu Kampf nicht repariert. Die Rüstung stellt sich allerdings wieder her, solltet ihr euren Feind mit dem Super K.O. bezwingen. Dadurch habt ihr die Möglichkeit, euer Game Over noch ein ganzes Stück hinauszuzögern und weitere Runden zu gewinnen. Der letzte Modus ist der Random Modus. Im ersten Moment ist dieser nicht anders als der Arcade Modus, allerdings verzweigen sich die Schauplätze je nach Spielinhalt, ihr tretet also gegen andere Charaktere an.

Grafisch nutzt Fighting Vipers 2 die Dreamcast Power nicht aus. Klar, es sieht durchaus wuchtig aus, wenn ihr einen Gegner durch den Käfig hindurch bis in weitere dahinter liegende Objekte kloppt und dadurch beispielsweise die Knochen eines riesigen Dinosaurier-Skeletts in sämtliche Richtungen fliegen. Die Charaktere aber bleiben grafisch eher im Mittelfeld und können mit der starken Konkurrenz wenig mithalten. Auch wenn die Dreamcast-Umsetzung 2001 erschien, liegt das insbesondere an den Arcade-Wurzeln im Jahr 1998. Die unterschiedlichen Hintergründe sind nur einfache Texturen. Scheinbar loderndes Feuer ähnelt eher einer beweglichen Papierwand. Damit setzt man auf der 128-Bit Konsole natürlich keine Highlights. Und das sieht auch im Kampf mit der Kombination der wenigen Attacken, die ebenfalls nicht mit der Konkurrenz mithalten können. Soundtechnisch klingt Fighting Vipers 2 recht ordentlich. Genervt fühlt man sich vom Soundtrack nicht, haut einem aber auch keinesfalls vom Hocker. Insofern möchte man den Sound beinahe schon als belanglos beschreiben. Auch hier wäre Potenzial nach oben gewesen.

Schon dem SEGA Saturn schenkte SEGA ein "Fighting Vipers", das aus dem Jahr 1995 stammte. Nun setzte SEGA den zweiten Arcade-Titel aus dem Jahr 1998 für Dreamcast um. Es gibt neue Charaktere und der Kampf der Vipers in einer eher unscheinbaren Story geht weiter. Zwar handelt es sich um Vorgänger und Nachfolger, dennoch zeigt der direkte Vergleich zwischen Saturn- und Dreamcast-Version recht deutlich: die Optik wurde zwar verbessert, sieht dem Saturn Game dennoch ungemein ähnlich. Die 128-Bit Power der Dreamcast Architektur wurde jedenfalls überhaupt nicht ausgereizt. Punkten will Fighting Vipers 2 besonders mit dem etwas anderen Kampfstil: Die Entwickler setzen dem Style während des Kampfes eine gewisse Bedeutung zu. Dadurch sollt ihr bei einem Treffer schneller wieder auf die Beine kommen oder diesen gänzlich abwehren. Ob das - auch optisch gesehen während des Kampfes - so viel Spaß bringt, muss jeder Spieler für sich entscheiden. Ich für meinen Teil empfinde diese seltsame Aktionen eher irritierend. Mich erinnert dies jedes Mal ein wenig an den "Auflade-Move" Soul Charge aus Soul Calibur - ihr wisst schon, dieses Funkeln des Charakters, der einen Moment in Anspruch nimmt und ihr dann härter zuhausen könnt. Insofern empfinde ich das eher als nervig als spielfördernd. So in etwa läuft es immerhin dann auch beim Einsatz der unterschiedlichen Kampfausrüstungen der Kämpfer aus. Das lahmt das Spiel teilweise regelrecht ein, so mein Empfinden. Immerhin will ich sofort zuschlagen und nicht erst warten. Die Panzerung am Körper bringt jedenfalls weitere Würze ins Spielprinzip. Allerdings gibt es trotz der ansatzweise taktischen Überlegungen mit dem Tech Guard leider nur wenig Combos und Tricks. Dead or Alive 2 ohne bzw. Soul Calibur mit Waffen bieten da weitaus mehr Kampf-Aktionen, mehr Grafik-Highlights, besseren Sound - eigentlich von allem mehr.

Übrig bleibt daher also ein nettes Beat 'em Up für Zwischendurch, mehr aber auch nicht. Außerdem sollte man für dieses Spiel unbedingt einen Arcade Stick bereithalten. Denn die Steuerung ist darüber weitaus präziser als mit dem Standard-Controller. Müsste ich die Spielweise von Fighting Vipers 2 mit einem Wort beschreiben, so würde ich sagen: schwerfällig. Wer auf das etwas andere Beat 'em Up steht, kann sich Fighting Vipers 2 gern ansehen. Ich rate aber zum Probespielen. 


Zieht seinen Gegner am liebsten eine Gitarre über:
Ronny Wecke