Dreamcast -- Marvel vs. Capcom 2: New Age of Heroes

2D ist out? Von wegen! Capcom zeigt mit Marvel vs Capcom 2 mal wieder, dass in Zeiten von "Tekken", Virtua Fighter und Soul Calibur auch 2D-Prügler eine Daseinsberechtigung haben - wobei sich die Geister bei diesem Titel vermutlich jedoch gehörig spalten könnten. Doch fangen wir mit etwas Positiven an. Im Spiel habt ihr die Auswahl von sage und schreibe 56 Charakteren aus altbekannten Capcom-Spielen, sowie den Helden oder auch Schurken der Marvel Comics. Anfangs stehen euch von diesen jedoch nur 24 zur Verfügung. Die restlichen 32 wollen erst hart erkämpft werden. Ihr tretet jeweils in Teams - bestehend aus drei Mitgliedern - gegen den Gegner an. Von diesen kann jedoch immer nur einer in der Arena ist. Eure Team-Kameraden lassen es sich aber nicht nehmen, per Knopfdruck für ein bisschen Unruhe in der Arena zu sorgen. Per Tastenkombination könnt ihr dann natürlich auch zwischen den Charakteren wechseln, was ein kleines Stück Taktik in die Kämpfe bringt. So könnt ihr euch euren Trumpf bis zum Ende aufsparen und dann ordentlich aufräumen oder aber durch häufiges Einwechseln versuchen, immer alle drei Charaktere gleichermaßen zu nutzen. Vergleichbar ist dieses System durchaus mit den Team Matches in Dead or Alive 2. Außerdem dauern durch dieses Feature die Kämpfe wesentlich länger, als bei simplen One-on-One Matches.
Der größte Kritikpunkt an diesem Titel ist meines Erachtens die recht hektische aber zugleich simple Steuerung. Spezialattacken werden beispielsweise schon durch eine Vierteldrehung des linken Analogsticks und anschließendem Drücken zweier Buttons ausgelöst. Somit haben Gelegenheitsprügler leichtes Spiel. Denn das Auswendiglernen langer Kombinationen bleibt so natürlich aus, zumal fast alle Charaktere die gleichen Kombinationen für ihr Angriffe verwenden. Während sich also Beat 'em Up Protagonisten über fehlende Tiefe im Gameplay beklagen dürften, freuen sich Anfänger über den leichten Einstieg. Damit gehört Capcoms Prügler zu den simplen Button Smasher Spielen - einfach losdrücken, um zu gewinnen. Natürlich gibt es - wie in so gut wie allen 2D-Prüglern - auch die Hyper-Combo-Anzeige am unteren Bildschirmrand. Nur wenn diese gefüllt ist, lassen sich die bildschirmfüllenden Spezial-Attacken auch ausführen. Gefüllt wird diese bei jedem Schlag und Tritt, den euer Recke verteilt bzw. einfängt. Mit bestimmten Attacken lassen sich eure Gegner sogar aus der Arena fegen und sind dann für gewisse Zeit außer Gefecht gesetzt. Geblockt wird, indem ihr euch vom Gegner wegbewegt, wobei sich damit nicht alle gegnerischen Attacken abwehren lassen.

Um die restlichen Charaktere freizuschalten, ließen sich die Entwickler noch etwas Besonderes einfallen. Immer dann, wenn ihr bis zum Game Over gezockt habt, erhaltet ihr Punkte. Die Zahl dieser Punkte hängt hierbei von eurer Leistung und der Höhe eures Scores ab. Mit diesen Punkten könnt ihr euch dann im Shop neue Charaktere kaufen. Ihr könnt also selbst aussuchen, wen ihr als nächstes freischalten und damit spielbar machen wollt. Neben den Charakteren lassen sich aber auch Zeichnungen, neue Kostüme und neue Arenen kaufen. Eure errungenen Goodies lassen sich dann in der Galerie bewundern, wodurch ihr auch einen guten Überblick über euren Fortschritt bekommt. Die begehrten Punkte erhaltet ihr in allen Spielvarianten, ausgeschlossen ist leider der Multiplayer.
Grafisch gesehen ist Marvel vs. Capcom 2 für ein 2D-Beat 'em Up recht ansehnlich. Während die Figuren als 2D-Bitmaps dargestellt werden, ist der Hintergrund in netter 3D-Polygon-Optik gehalten, was mal eine willkommene Abwechslung zu den sonst so sterilen Bitmap-Kulissen ist. Auch die meisten Spezialattacken sind in Polygon-Grafik gehalten und stechen somit noch mal extra hervor. Immerhin füllen diese auch meist den gesamten Bildschirm aus. So ganz passen die etwas pixeligen Charaktere zwar nicht auf die 3D-Hintergründe aber das macht nun wirklich nicht viel aus. Die Animationen der Recken sind auf aller höchstem Niveau und wissen durchaus zu gefallen. Sie gehen, wie das gesamte Spiel, ziemlich flüssig über den Bildschirm. Zu Slowdowns kommt es nie. Die gesamte Präsentation ist recht farbenfroh und unterstreicht somit den Comic-Charakter des Spiels und damit vor allem auch der Marvel Welt. Die Kämpfe werden von einer anfangs gewöhnungsbedürftigen, Jazz-artigen Soundkulisse untermalt. Meiner Meinung nach besitzt gerade der Track, der bei der Auswahl des Kämpfers läuft, richtig Ohrwurm-Potential: let me take you for a ride... tüdelü... lalala. Die Soundeffekte wirken satt und machen ordentlich Krach. Auch an Sprachsamples wurde nicht gespart. So werfen die Helden im Kampf mit coolen Sprüchen um sich und schreien wild herum.


Wer auf viel Tiefe im Gameplay setzt und möglichst durch Taktik und ellenlange Kombinationen den Sieg erringen will, für den ist Marvel vs. Capcom 2 eindeutig nichts. Hierzu gehen die Moves einfach zu leicht von der Hand und lassen etwas Abwechslung in ihrer Ausführung vermissen. Für jene jedoch, die gerne schnell ins Spiel einsteigen möchten und nicht lange irgendwelche Kombinationen für Moves auswendig lernen wollen - Button Smasher also - für den kommt dieses Spiel wie gerufen. Das hohe Tempo und die brachial in Szene gesetzten Attacken lassen sehr viel Spaß aufkommen. Vor allem dann, wenn ihr gegen einen menschlichen Kontrahenten antretet. Nur leider gibt es im Multiplayer-Modus keine der begehrten Punkte, mit denen weitere Charaktere und andere Goodies gekauft werden können.
Training macht sich übrigens trotz der einfachen Steuerung bemerkbar - übrigens auch mit dem Arcade Stick. Vor allem Fans der Marvel Comics sollten sich dieses Spiel nicht entgehen lassen. Hier kommt wirklich die Crème de la Crème der Superhelden zusammen. Somit sind große Matches wie Captain America gegen Dr. Doom oder Wolverine gegen Magneto möglich. Auch diejenigen, die schon immer mal mit Jill Valentine gegen Megaman oder Ryu antreten wollten, sollten hier zuschlagen oder zumindest Probe zocken.

Florian Kunde