PS4 -- Shenmue III

Wie lange mussten wir auf den dritten Teil warten? Ich erinnere mich an viele Kommentare der Fans, die stets auf Ryo und seine Abenteuer hinwiesen, SEGA einen Seitenhieb verpassten und endlich den Fortgang der Story forderten. Als am 25. Juni 2015 das Projekt „Shenmue III“ auf Kickstarter gestartet wurde und Yu Suzuki die Bühne während der E3 betrat, das war episch. Am 19. November 2019 wurde das Spiel endlich veröffentlicht: mit SEGAs Segen aber ohne SEGA als Publisher. Das macht einen als Fan durchaus auch traurig, immerhin ist Shenmue eine der ganz großen SEGA-Marken. Mit rund 6.33 Millionen US-Dollar via Kickstarter und weiteren über 800.000 US-Dollar durch die Slacker Backer Kampagne kamen insgesamt knapp 7,18 Millionen US-Dollar durch über 81.000 Fans zusammen. Damit gab jeder durchschnittlich 88,50 US-Dollar für sein den lang ersehnten Nachfolger aus. 18 Jahre nach dem zweiten Teil auf Dreamcast können wir endlich die Geschichte weiter verfolgen – voller Ironie auf SEGAs größtem Gegner damals, der PlayStation.
Nach einem wunderbaren Intro entscheidet ihr euch beim neuen Spiel zunächst zwischen vier Schwierigkeitsstufen: einfach, normal, schwer oder extrem. In den Einstellungen (L1-Taste) ist dieser im Nachhinein aber auch veränderbar. Während ich mich für den empfohlenen Normal-Modus entschied, entdeckte meine Zocker-Kollegin nach ihrer „Einfach“-Auswahl zum Start aber in den Einstellungen, dass ihr Spiel auf extrem geschalten war. Sollte sich bereits hier ein erster Bug eingeschlichen haben oder rutschte sie versehentlich ein Auswahlfeld weiter? Wie dem auch sei, das Spiel beginnt inmitten der Höhle. Die Zeit des Schicksals war gekommen, so meinte es Yuan zu seiner Tochter: „Gehe mit dem, der den Phoenix-Spiegel trägt, Shenhua.“ Ryo legt in der Höhle seinen Spiegel in die Fassung, wodurch Feuerfackeln entfacht werden und sich das lodernde Feuer über die verbindenden Seile von Fackel zu Fackel weiter ausbreiten. Shenhua spricht in dieser Stelle die Worte, die Shenmue-Spieler so sehr bekannt sind und wohl keiner seit dem ersten Teil vergessen hat: „From a distant land in the east, he shall appear...“ Diese Worte sind ein Gedicht, das seit Langem im Dorf überliefert wird – eine Szene, die wir zum Ende von Shenmue II genießen konnten. Und nun geht die Geschichte (endlich) weiter!

Nach dem Ladebildschirm, der genau diese sehr atmosphärische Höhlen-Szene als Hintergrundbildschirm einfängt, stehen Ryo Hazuki und Shenhua Ling vor der Höhle. Sie zeigt auf einen Ort im Hintergrund. Dort ist das Dorf Bailu. Vielleicht würden beide dort weitere Hinweise über ihren Vater Yuan finden, der seit einiger Zeit verschwunden ist. Könnte sein Brief an Shenhua vielleicht irgendetwas bedeuten? Das ist ihr egal. Sie will nur ihren Vater finden. Wer sich die Day One Edition kaufte oder generell Zusatz-Codes einlöste, bekommt diese nun als ‘im Spiel integriert‘ angezeigt. Bei der Day One Edition sind dies der Blazing Kick der „Advanced Technique Scroll“ sowie das Snake Spirit Starter Pack – später mehr über dessen Bedeutung. Erst jetzt legt ihr selbst Hand an und könnt Ryo steuern. Ihr folgt damit den Weg, den Shenhua quasi vor-läuft. Auf eurem Weg bleibt ihr an der sogenannte „Grünen Brücke“ stehen, wo Torwächter abgestellt wurden. Der Grund ist simpel: Kürzlich zogen zwei Schlägertypen hier ihre Bahnen, waren im Dorf und suchen nach Steinmetzen – also Personen, die wie Yuan ihren Job im Dorf und der Umgebung nachgehen. Nur was wollen sie? Wo kommen sie her? Wie sehen sie aus? Wer hat sie überhaupt gesehen? Fragen über Fragen, die ihr nach und nach beantwortet wissen wollt. Und dafür sprecht ihr mit den Dorfbewohnern in altbekannter Manier. Zum Ansprechen nutzt ihr die X-Taste und bemerkt recht schnell, dass nicht jeder allzu gut auf Fremde im Dorf zu sprechen ist. Zumindest erfahrt ihr von insgesamt zwei Leuten, rasierter Kopf und Tattoo. Am nächsten Tag möchte Shenhua mit euch gehen. Dadurch öffnen sich euch einige Dorfbewohner und sehen euch als Freund von Shenhua mit anderen Augen. Sie geben Informationen preis. Beziehungen sind eben alles. Was eher nebensächlich erscheint aber dennoch Shenmue-like: Jeder Tag startet mit einem genauen Datum und Uhrzeit. Das Spiel beginnt am 21. März 1987.

Der nächste Morgen beginnt in Shenhuas Haus. Ihr wacht auf, stellt eure piepende Armbanduhr ab und steht in eurem Raum. Hier befinden sich Schränke, eine Werkbank, ein Bett. Es ist das Zimmer von Yuan. Wieso also nicht in fremden Schränken wühlen und nach Infos suchen? Auch in Shenmue III könnt ihr wieder untersuchen, recherchieren und Gegenstände begutachten. Hierzu haltet ihr die L2-Taste gedrückt, wodurch ihr in eine Ego-Sicht wechselt und ein Visier hervorruft, das dem einer Kamera ähnelt. Dadurch könnt ihr wunderbar alle Schränke und Gegenstände anvisieren und bei roten Punkten mit allerlei Dinge interagieren – ebenfalls mit der X-Taste. So öffnen ihr Schubladen oder untersucht so manche Gegenstände darin. In der Küche könnt ihr sogar eine Banane und einen Apfel nehmen und einstecken. Mit Lebensmitteln könnt ihr immerhin eure Gesundheitsanzeige aufwerten. Ihr findet eine Skizze zum Phönix-Spiegel aber könnt auch Shenhuas Flöte näher betrachten. Ist eine gewisse Zeit vergangen, immerhin tickt eine Uhr am rechten oberen Bildschirmrand ständig mit, verlasst ihr schließlich auch automatisch das Shenhuas Haus. Das trifft übrigens auch zu, wenn abends die Uhr tickt und ihr euch schließlich 21:15 Uhr wieder automatisch in ihrem Haus befindet. Das heißt, ihr könnt zwischen 7:00 Uhr morgens und 21:00 Uhr abends machen, was ihr wollt. Hier zeigt sich, was Shenmue schon immer ausmachte: die Freiheit und Selbstbestimmtheit, zu machen, was man möchte. Dies definierten die Entwicklerlegende Yu Suzuki und SEGA damals auch als neues Genre: Full Reactive Eyes Entertainment (kurz F.R.E.E.). Denn das lebendige Dorf Bailu hat mehr zu bieten, als Fachwerkhäuser, Wege, einen Brunnen und agierende Personen. Hier laufen Kinder, die mit ihrem Meister trainieren oder einfach Spiele spielen. Auf Holzblöcken trainiert ebenso ein Kämpfer, während dahinter im extra Bereich zwei Personen ihre kleine Basis für Glücksspiele aufgebaut haben. Hier könnt ihr euch an ersten Spielen versuchen, mit denen ihr damals schon Geld verdienen solltet: das Werfen von Steinen in einen Eimer oder ihr probiert das Nagelbrett aus und hofft, dass die Kugel für euch günstig fällt. Hier geht es aber nicht um Geldgewinne, sondern um Gegenstände, die ihr einheimsen könnt. Jeder Versuch kostet natürlich Geld. Davon steht zu Beginn natürlich nicht viel zur Verfügung. Ausgegeben ist aber auch verdientes Geld extrem schnell. Dafür sorgen nicht nur manche Glücksspiele, sondern vor allem die vielen kleinen Kapselautomaten. Hier wird gedreht, gedreht und gedreht, um ganze Sets zu gewinnen. Wer stand nicht in den ersten beiden Teilen schon den ganzen Tag daran und verscherbelte sein teuer verdientes Geld? Klar, diese Sets waren damals Gold wert. Nicht sofort. Aber später, wenn das Geld knapp wurde und ein vollständiges Set verkauft werden konnte.
Was fällt daher in Shenmue III sofort auf? Man kann Ryos Hand nicht mehr bewegen, um sich das erworbene Spielzeug von allen Seiten anzuschauen. Das ist ein wenig traurig, denn das machte man doch damals ziemlich oft und gerne. Auch fällt schon bei den ersten sechs Automaten innerhalb der ersten Spielstunden im Dorf auf, dass sich hier keinerlei SEGA-Charaktere mehr darin befinden. Einst warteten hier noch Figuren von Virtua Fighter, Sonic, NiGHTS oder den Bonanza Brothers. Und heute gibt es maximal Chibi-Shenmue-Charaktere. Alle weiteren Sets erscheinen relativ irrelevant und ohne großen Charme. Es gibt Angel- oder Feuerwehr-Sets, verschiedene Bälle rund um Billard, Golf oder Basketball. Später könnt ihr euch Hüte, Musikinstrumente, Möbelstücke und mehr erdrehen. Irgendwie vermisst man hier als SEGA Fan recht schnell jenen gewissen Flair von damals. Immerhin waren diese Sets in der eigenen Sammlung das gewisse Etwas, das nun in Shenmue III zumindest an den Kapselautomaten fehlt. Ein kleines SEGA-Logo klebt dafür an diesen, das ist wieder schick, wo das SEGA-Logo auch schon im Hauptmenü fehlt, dort lediglich ein Deep Silver Logo prangt und selbst im Abspann der Name SEGA nur in den „Special Thanks for Contributions & Kindly Assistance“ zu finden ist. Nun mag man darüber nachdenken, wie es mit einem Transfer aus den älteren Teilen ausschaut. Doch obwohl Entwickler Ys Net natürlich einige Standard-Objekte in Shenmue III übernahm – beispielsweise das Foto mit Nazomi oder das Handobjekt beim Finden des Phoenix-Spiegels damals im ersten Teil – befinden sich hier keine älteren Kapsel-Figuren in eurem Inventar. Und bereits mit dem neuen Release von Shenmue I & II wurde bekannt, dass der Spielstand der HD-Erneuerung durch SEGA nicht auf den später erscheinenden Teil 3 übernommen werden könne. Wie toll wäre es aber gewesen, ein Verbindungskabel auf USB zu bekommen, das den Spielstand von der Dreamcast VMU auslesen könnte. Dies hätten sicherlich viele Fans genutzt.

Was machen wir Spieler aber nun den lieben langen Tag in Bailu Village? Nun, da stehen viele Möglichkeiten nebst der Glücksspiele und Kapselautomaten offen. Diese kosten Geld. Also müsst ihr euch welches verdienen. Im Dorf geht das am besten mit einem Nebenjob: Holz hacken! An zwei Stellen könnt ihr in der Tat den ganzen Tag hacken, wie die Weltmeister. Dafür ist ein Zeitraum von jeweils einer halben In-Game-Stunde ausgewiesen. Dies macht sogar richtig Spaß! Immerhin möchte man seine eigenen Rekorde im Scheitelspalten knacken. So kann man sich pro halbe Stunde gern 50 bis 80 Yuan verdienen. Dabei kommt es ganz drauf an, wie exakt man zuschlägt. Auch der Fischfang bringt Geld. Dafür leiht ihr euch zunächst eine Angel aus – es stehen euch drei Varianten zur Verfügung – und schon geht es los. Angelplätze gibt es so einige im Dorf, die auch mit einem Schild konkret ausgewiesen sind. Werft einfach den Köder aus und holt die Schnur langsam mittels des rechten Analogsticks wieder ein. Hier kommen durchaus ein paar SEGA Bass Fishing Gefühle auf, wobei es eben doch einige Fischarten mehr im Fluss zu entdecken gibt, als nur Karpfen: Forellen, Goldfische, Welse und so weiter. Je dicker die Brocken und je mehr Fische ihr innerhalb des Vormittags an Land zieht, desto mehr Geld könnt ihr machen. Interessanter sind aber dann doch die Angelturniere, bei denen es auch diverse Goodies zu gewinnen gibt. Beim stolzen Angelverband sind dies in der Regel neue Klamotten im Fishing-Design, um Ryo vom allgemein bekannten Outfit zu befreien. Klamotten könnt ihr euch aber auch so kaufen: vom normalen Geld oder mittels Spielmarken im Glücksspielbereich. Denn um reine Glücksspiele zu spielen, müsst ihr euer Geld zuvor in Spielmarken eintauschen. Mit denen nehmt ihr an dafür gesonderten Plätzen teil, könnt diese Marken aber eben auch gegen Goodies tauschen.
Andere Goodies und Hinweise (dazu zählen auch neue Angelplätze) verdient ihr euch mit dem erfolgreichen Abschließen bestimmter Aufgaben. Einige sind dabei Pflicht innerhalb der Story. Andere könnt ihr machen, müsst ihr aber nicht. Ganz spezielle Aufgaben erkennt ihr an einem extra blinkenden Symbol in gelber Farbe, sobald ihr euch in der Nähe einer Person befindet. Hier sprecht ihr diese dann nicht mit der X-Taste an, um zu plaudern. Die Viereck-Taste dient in Shenmue III den besonderen Aktionen – einkaufen im Shop, die speziellen Aufgaben oder für das Training mit Ryo und anderen Kämpfern.
Denn Bailu ist kein einfaches 0815-Dorf. Hier gibt es großartige Kämpfer, Tempel und eine ganz besondere Dorfgeschichte. In diese wird man als Spieler aber nur Stück für Stück eingeführt. Teil davon ist die vorhin erwähnte „Grüne Brücke“, die vor etwa 70 Jahren erbaut wurde.
Warum ist Ryo aber in dem Dorf? Sein durch Lan Di ermordeter Vater Iwao Hazuki trainierte hier vor vielen Jahren zusammen mit einem Mann namens Zhao Sunming. Der Name dürfte Shenmue-Spielern bekannt vorkommen. Denn Lan Di nannte diesen Namen bereits zu Beginn des ersten Teils. Unter Großmeister Feng trainierten Zhao und Iwao in Bailu. Lan Di bezichtigte Iwao, Zhao getötet zu haben. Würde Ryo in diesem Dorf also mehr über die Umstände von damals erfahren? Nun, verraten möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel, nur eine Sache: Lan Di ist Zhaos Sohn. Seid ihr aber einmal in Bailu, so solltet auch ihr mit Ryo trainieren, was an verschiedenen Holzpuppen möglich ist, wie auch in der Bailu Kampfarena. Wie immer – man mag fast sagen leider – startet ihr im Kampflevel 1. Das mag nach bereits zwei Shenmue-Teilen harter Aufbauarbeit wie der blanke Hohn erscheinen. Aber nun gut, trainieren wir eben erneut: am Holz den One-Inch-Punch und den Pferdestand. Später kommt noch der Trainingsposten Hahnenschritte hinzu. Mit diesen drei Holz-Trainingseinheiten steigert ihr eure Ausdauer. Mit dem Sparring gegen einen echten Gegner wertet ihr dagegen eure Angriffskraft auf. Steigen beide in ihren Werten, erhöht sich euer Kung Fu Level. Für die Angriffskraft und damit dem Sparring im Allgemeinen benötigt ihr allerdings Techniken. Ihr startet bei jeder Technik im Level 1 und könnt diese bis maximal Level 10 erhöhen. Sind all eure vorhandenen Fertigkeiten auf Level 10 (genannt: Master), nutzt euch das Sparring nichts mehr und das Spiel weist euch darauf hin, erst neue Techniken hinzuzufügen. Diese verdient ihr euch entweder während der Story automatisch oder kauft neue hinzu. Wie vorhin erwähnt, bekommt ihr mit der Day One Edition den Blazing Kick als „Advanced Technique Scroll“ dazu. Es gibt viele Shops, in denen ihr euch diese Techniken kaufen, anschließend anwählen und dann entsprechend trainieren könnt. Es ist auch möglich, verschiedene Sets (denkt an eure Kapselset) gegen neue Techniken einzutauschen. Richtig, dafür sind nun eure Kapselsets und auch weitere Sammlungen gut. Dabei geht es wohl eher weniger darum, noch Geld zu verdienen. Das könnt ihr getrost mittels der Nebenjobs.
Wie wählt ihr eure Techniken an? Nun, ihr wählt diese im Menü (R1) aus und verteilt sie auf … tja … man könnte sagen verschiedene Karteikarten. Denn zwischen diesen könnt ihr in den Optionen hin- und herschalten. Jede Karteikarte ist mit maximal sechs Techniken zu belegen. Nach zig Stunden fand ich dieses System nicht wirklich sinnvoll, da ich lieber generell durch alle vorhandenen Techniken geblättert hätte, als diese dann noch extra anwählen zu müssen. Zudem sind diese Kärtchen in ihrer Anzahl begrenzt, während es unzählige Techniken zu erwerben und zu trainieren gibt.

Doch generell hat das Team in Shenmue III die Kampfmechanik ziemlich verändert. Das beginnt bereits bei der Steuerung: Ryo steuert ihr mittels des linken Analogsticks und nicht mehr mit dem Steuerkreuz wie zu Dreamcast-Zeiten. Das ist natürlich modern, zumal ihr den rechten Stick dazu verwendet, die Kamera zu justieren. Beim Rennen (mittels gedrückter R2-Taste) macht sich das durchaus gut und man hat Ryo sehr gut im Griff. Das Steuerkreuz dient während des Kampfes dazu, das Item „Snake Spirit“ zu benutzen. Als Käufer der Day One Edition werdet ihr bereits damit ausgestattet. Dieses füllt eure Energie wieder auf, sodass ihr bei starken Gegnern nicht direkt die Oberhand aufgrund von wenig Energie verliert. Andere Items könnt ihr während des Kampfes nicht einsetzen, selbst wenn euer Inventar voller gesunder Lebensmittel wäre und ihr euch mehrfach damit generieren könntet. Ihr seid voll und ganz auf das Snake Spirit eingewiesen und solltet es daher stets im Inventar haben. (Dafür lohnt es sich also, mal kräftig zu investieren.) Im Kampf nutzt ihr insbesondere die vier Aktionstasten des PlayStation Controllers, während die L2-Taste dem Blocken von Angriffen gilt. Musstet ihr früher auch die Richtungstasten nutzen, um entsprechende Aktionen ganz im Stil der Virtua Fighter Serie auszuführen, so wurde dieses Prinzip grundsätzlich verworfen. Es zählen ausschließlich die Aktionstasten und die darauf ausgeführten Tasten-Kombinationen. Das mag am Anfang vielleicht etwas traurig stimmen und führt teils auch zum reinen Button-Smashing. Andererseits vereinfacht dies auch so manche Aktionen. Man darf nicht vergessen, dass ihr nun mit dem Analogstick steuert, mit dem Richtungstasten schwieriger auszuführen sind, als mit dem Steuerkreuz, das nun anderweitig verwendet wird.

Denn in Shenmue III gibt es soooo viele Techniken, dass man sich ohnehin nicht alle merken kann. Und dennoch macht es irre viel Spaß, seine Lieblingsaktionen auszuführen und seine Kontrahenten ordentlich zu vertrimmen. Dabei spielt die Blocktaste durchaus ebenso eine Rolle, die bei einigen Aktionen betätigt werden muss, bei anderen nicht. Schläger verkloppen macht ohnehin Spaß. Aber auch Kampf-Kollegen und Kolleginnen in den Kampfarenen halten einen mitunter ganz schön auf Trab und es wirkt sich natürlich positiv auf die eigene Leistung aus, keine langen Pausen beim Spielen zu machen. Andernfalls vergisst man einfach seine Moves. In den Kampfarenen macht ihr euch natürlich auch einen Namen und steigt im Rang der Tempel auf. Neu sind dabei auch Kämpfe gegen zwei oder drei Gegner zur gleichen Zeit. Im Dorf Bailu seid ihr sogar dazu gezwungen, alle Kämpfer der Arena zu bezwingen. Denn ohne dieses Ansehen erlernt ihr zu einem späteren Zeitpunkt nicht den Bodycheck – eine neue Technik, ausgelegt auf Quick Time Events für ein Kampfinale gegen die Schläger. Dies sind quasi Finisher-Elemente als letzte ausführbare Aktion, um den Kampf zu gewinnen. Hier erscheinen die vier PlayStation Tasten auf dem Bildschirm und zeigen kurz die bereits erlernte Fähigkeit an, die ihr danach schnellstens nachtippen müsst: bspw. Dreieck, Kreis, X, Viereck, X. Schafft ihr es nicht, bekommt ihr stattdessen die Breitseite ab, verliert den Kampf und dürft lediglich diese QTE-Einlage wiederholen – so oft, bis ihr es schafft.

Quick Time Events – kurz auch QTEs genannt – sind das Sinnbild von Shenmue. Man darf nicht vergessen, dass SEGA diese kurzen Manöver als erster Videospielehersteller in ein Spiel integrierte. Man hat dieses heute überall bekannte Schema systematisch kopiert und abgekupfert. Warum sage ich so deutlich? Weil dieses System zu Dreamcast Zeiten auf wundervolle Weise die Story Geschehnisse in beiden Shenmue-Teilen bereicherte. Es gab Verfolgungsjagden durch die Gassen und Straßen der Städte, echte Geschicklichkeits-Aktionen über Bretter von einer Seite auf die andere zur Überwindung von schwindelerregenden Höhen oder aber die Kämpfe am Hafen, in denen die Mad Angels einem einen Besuch abstatteten und man geschickt die gegnerischen Aktionen auskonterte. Wer hat noch diesen Sound im Ohr? Bling bling bling bling … oder das fiese brgggggg bei einer Fehleingabe. Man sah die Richtungstaste oder die Aktionstaste und drückte, sah zu, wie Ryo mit den verschiedenen Situationen umging. Schaffte man es nicht, wurde man verprügelt oder die Verfolgung misslang … und am nächsten Tag musste man es hoffentlich besser machen. Es machte Spaß und war eine große Neuerung und Besonderheit. Und wie sieht es mit Shenmue III aus? Ich muss leider sagen, man hat dieses tolle Prinzip kaputt gemacht. Die tollen Sounds sind Geschichte. Es wird plötzlich die Taste angezeigt und man muss reagieren, während sich ein kleiner gefüllter Kreis drum herum in Millisekunden-Schnelle leert. Millisekunden deshalb, weil es nahezu unmöglich ist, die Taste rechtzeitig zu drücken – und ich spielte bekanntlich im Normalmodus. In der Tat läuft es folgendermaßen ab: Das QTE erscheint, man sieht bspw. die Viereck-Taste auf dem Bildschirm, das Gehirn schickt die Information zum Finger, der sich von der (bei mir meist eingenommenen) X-Tastenposition zum Viereck bewegt, drückt … zu spät! Schlimmer wird es gern bei den Richtungstasten, denn der Daumen liegt normal auf dem Analogstick. Die Zeit, die uns Spielern hier gegeben wird, ist gelinde gesagt unmenschlich. Ich habe im gesamten Spiel vielleicht gerade einmal 1% der QTEs beim ersten Mal geschafft. Und das lag einzig an gewissen Vorahnungen. Sagen wir es so: Eine Verfolgungsjagd, bei der einem Kisten in den Weg geworfen werden, endete früher in der Regel mit der A-Taste des Dreamcast Controllers für den Sprung. Auf dem PlayStation Controller lag der Finger also auf der X-Taste, doch es kam Dreieck. Fazit: zu spät gedrückt, neu. Kommt später eine ähnliche Szene und man erwartet den Sprung, liegt der Daumen bereits auf Dreieck und man erwischt die Taste korrekt.
Die Quick Time Events in Shenmue III sind im Grunde mein größter Kritikpunkt am gesamten Spiel. Oft kommen Szenen, in denen zwei, drei, vier oder fünf QTEs nacheinander ausgeführt werden müssen und als Spieler darf man diesen Mist dann auch entsprechend oft neu starten, da man sich die Aktionstasten einfach merken muss. Das mindert den Spielspaß so ungemein, dass ich als Shenmue-Fan nur noch kopfschüttelnd vorm TV saß. Alle Szenen werden dabei immer wiederholt. Es gibt keinen Moment im Spiel, in dem ein Misserfolg zu einer zweiten oder gar dritten Situation im Spiel führt. Das ist schade. Übrigens: Die Quick Time Events findet ihr auch in den Arcade Hallen des Spiels. Aus Shenmue bekannt, könnt ihr hier den Punch-Automaten nutzen oder generell ein QTE-Spiel ausüben – beide in alter Manier mit dem tollen bling bling bling Sound und auch deren Funktionalität. Hier holte ich mir relativ schnell den Highscore. Das zeigt deutlich, was den Charme des uns bekannten QTE-Systems ausmacht und wie sehr im Gegenzug die Story-relevanten QTEs verschandelt wurden. Sehr schade. Auf die hätte ich in Shenmue III gerne verzichtet.
Doch worauf haben es die Schläger im Dorf Bailu nun eigentlich abgesehen? Sie entführten Shenhuas Vater Yuan und sind auch hinter anderen Steinmetzen im Dorf her. Es geht um den Phönix-Spiegel, um die Geschichte zur Entstehung beider Spiegel aus Phantomflussstein und was diese letztendlich für einen Wert haben. Eure erste richtige Aufgabe in Shenmue III ist daher, die Schläger im Dorf zu fassen und herauszufinden, was sie eigentlich genau vorhaben und wohin sie Yuan verschleppten. Dafür müsst ihr so einige Rätsel lösen, neue Techniken lernen und auch mit Großmeistern trainieren, Hühner fangen und Geiseln befreien. Ihr trefft bereits im Dorf auf allerlei Charaktere: viele Kinder, Kampfkünstler, die Dorfälteste Yeh wie auch auf den Great Chai aus Shenmue. Da dachten wir alle doch, der Kerl wäre ein für alle Mal erledigt … aber weit gefehlt. Auch er taucht schon relativ zu Beginn der Bailu Story im Hintergrund der Erzählung als Beobachter auf. Selbstverständlich werden sich seine und Ryos Wege erneut kreuzen. (Und nein, man erhält nie einen neuen echten Kampf gegen ihn.) Dennoch bleiben meinerseits gewisse Fragen übrig, da es sich nicht so wirklich wie ein Wiedersehen der beiden Charaktere anfühlt. Man wartet irgendwie vergebens auf eine gewisse Reaktion. Da fehlt meines Erachtens der Feinschliff.

Die Story wird dennoch sehr liebevoll erzählt. Als Spieler taucht man extrem ein in die Erzählungen, die sich beispielsweise in Bailu um die neue Brücke aus dem Jahr 1910 dreht: Ihr erfahrt viele Einzelheiten rund um den Kaiser und seinen Gesandten zur Entstehung. Die Rätsel, vor allem der Bailu-Abschluss auf dem Glockenturm, sind durchaus sehr Shenmue-lastig und gleichen durchaus an mancher Stelle einer alten Sage. Ihr durchsucht verlassene Orte, schiebt Gegenstände beiseite und entdeckt viele neue Geheimnisse. Die Freiheit, die euch dabei zuteilwird, ist einfach grandios. Dadurch wird man als Spieler durchaus in das Spielgeschehen eingesaugt. Selbst dann, wenn man der Hauptstory mal wieder kein bisschen folgt. Stattdessen ist man auf Kräutersuche in der ganzen Ortschaft (z.B. nach Lakritze, Ingwer oder Glockenblumen), möchte lieber sein Kung Fu Level erhöhen oder einfach ein Angelturnier bestreiten. Und das ist auch richtig und wichtig. Denn folgt ihr plötzlich der Story, können Nebenaufgaben womöglich plötzlich nicht mehr fortgeführt werden. Denn diese verändern die charakteristische Umgebung. So könnte die Dorfälteste Yeh nicht mehr an ihrem gewohnten Ort sitzen, um die gewünschten Kräuter entgegenzunehmen oder aber das Angelturnier wurde inzwischen beendet – nur, weil man mal einen Tag doch der Story folgte. Man kann auch sagen, verschiedene Spielstände bieten sich durchaus an, um solch einen Fauxpas zu umgehen. Immerhin möchten manche Spieler auch Trophäen im Spiel sammeln, die es auch für das Erledigen sämtlicher Nebenaufgaben gibt. Das ist nicht immer so einfach, da manche Aufgaben nur zu bestimmten Zeiten zur Verfügung stehen. Ihr könnt nicht von Beginn an alle Wege betreten. Neue Abteile kommen innerhalb der Story erst dazu, sobald diese wichtig sind. Bis dahin hat Ryo im Nebengebiet einfach noch nichts verloren. Dies ist gar nicht zwingend dem bösen Willen der Entwickler geschuldet. Denn sucht ihr nach speziellen Hinweisen und ihr dürftet bereits ins nächste Abteil laufen, könnte dies den Suchradius ungemein erhöhen. Speziell der zweite Teil des Spiels inmitten der riesigen Hafenstadt Niaowu zeigt die Ausmaße des täglichen Lebens. Hier verläuft man sich gern einmal zu Beginn.

Die Ankunft in Niaowu jedenfalls ist schon gigantisch und erinnert an den zweiten Teil und der Ankunft in Hongkong. Überall gibt es Stände, jeder will einem sofort etwas verkaufen und man weiß eigentlich kaum, wo man zuerst hinlaufen soll. Eine Sache fiel aber sofort auf: Man kann in Niaowu plötzlich nicht mehr mit jedem Passanten reden. Diese lassen sich nicht ansprechen. Nur wenige umherlaufende Bürger, Bürgerinnen und Touristen sind noch für einen Plausch zu haben. Das ist schade, immerhin war der Fakt, dass wirklich jeder Charakter in Shenmue sprach, ein großes Highlight des Spiels. Nun erinnert dies vielmehr an SEGAs zweite große Spieleserie Yakuza. Nur Shop-Betreiber und wenige weitere Personen sprechen mit einem. Vielleicht war dafür einfach zu wenig Geld da, um diesen Aufwand der vorherigen Episoden nochmals zu betreiben. Gespickt wurde die Hafenstadt dafür mit vielerlei anderer Anerkennung für Fans und Kickstarter- Unterstützer. So gibt es eine riesige Halle mit Bildern der Entwickler, dem Shenmue typischen Gabelstapler, Shenmue Charaktere bis hin zu einem verlassenen Haus mit Yu Suzuki Poster oder besser einem Artikel. Ihr werdet den Great Chai als Charakter in der Spielhalle entdecken oder auf einem Poster, Lan Di als Figürchen oder einige Kickstarter-Supporter-Kapselfiguren. Der SEGA Saturn schaffte es als Konsole ebenfalls wieder ins Spiel. Aber auch die Kleidung von Ryo kann ganz im Stil von Shenmue erworben werden: Fan-Kleidung, wie wir sie uns im echten Leben wünschen würden. Shenmue III Schriftzug oder Shenhua als Abdruck gibt es zu ergattern. Hier ist viel aus der realen Welt dabei, wie es sonst in einem Shenmue-Spiel eigentlich nicht geben sollte. Das ist natürlich auch der Dank an alle Fans, die zur Verwirklichung des dritten Teils beigetragen haben. Danksagungen von Fans gibt es übrigens auch niedergeschrieben zum Durchblättern in einem Buch im Hotelzimmer. Anschauen lohnt sich!
Um dieses Gefühl weiter aufzubauen, integrierte das Entwicklerteam Yu Net zusammen mit Shibuya Productions auch das damalige geliebte Gabelstapler-Minispiel in Form eines weiteren Nebenjobs. Hier liefert ihr Kisten und andere Gegenstände innerhalb eines Zeitlimits von A nach B, das heißt vom Schiff ins Lagerhaus oder von da zum Schiff. Jede Aufgabe unterscheidet sich ein wenig, weswegen es bis zu drei Lagerhauseingänge gibt und natürlich andere Gegenstände: Kühlschränke, Arcade-Automaten, Statuen, normale Kisten und mehr. Nicht alles kann gestapelt werden und der abzulegende Platz für diese Utensilien ist vorgegeben und begrenzt. Schnelles Überlegen, schnelles Fahren und gekonntes Stapeln ist notwendig. Ist man gut bei der Sache, kann man durchaus von fünf notwendigen Positionen auch acht liefern und damit 400 Yuan am Stück verdienen. Man könnte sagen, damit geht einem eigentlich nie wirklich das Geld aus – außer man dreht sich an den wirklich unzähligen Kapselautomaten die Geldbörse leer. Immerhin braucht man mitunter 20, 30 oder 40 Versuche, um endlich den letzten benötigten Gegenstand für sein Set zu ergattern. Kostet ein Dreh aber teils bis zu 10 Yuan, ist das Geld wirklich auch schnell wieder ausgegeben. Immerhin benötigt man auch viel zu Essen, um nicht buchstäblich tagsüber umzufallen. Die eigene grüne Anzeige nämlich nimmt beständig ab und sinkt bis auf drei Kugeln. Diese drei gelben Kugeln laden sich zwar auch selbst wieder auf. Aber rennen könnt ihr (mittels L2-Taste) dann nicht mehr. Das verweigert euch Ryo. Kommt es dann zu einem plötzlichen Kampf nach einer Zwischensequenz je nach Story-Abschnitt, ist man auf die teuren Getränke angewiesen. Zum Glück gibt es diese ebenso zu kaufen, wie viele unzählige weitere Nahrungsmittel. Dies sind nicht einfach nur Äpfel oder Bananen. Ihr bekommt in Niaowu alles, wonach ihr begehrt: Kuchen, Brot, Fleisch, Fisch, Futter aus der Dose, Getränke, Pilze (die ihr euch teils sogar selber suchen könnt) und natürlich auch Alkohol. (Für die üblichen Cola-Dosen aus dem Automaten könnt ihr übrigens nicht mehr die Tasten wählen, dies erfolgt nun über das normale Shop-Menü.) Schon bei der Ankunft in der Hafenstadt wurde ich bzw. Ryo mit einem herzlichen Lächeln empfangen, um ganz besondere Delikatessen zu kaufen. Ich konnte entscheiden, was ich auf meine Fleischspieße wollte: „beef or pork?“, sprich Rind- oder Schweinefleisch?
Ja, die Sprache ist also wieder Englisch. Deutsche Untertitel zieren aber jede Sequenz und jedes Gespräch. Das Tagebuch, in dem alle wichtigen Dinge notiert sind, ist ebenfalls auf Deutsch. Das erinnert durchaus bereits an die Xbox-Version von Shenmue II. Wie wir wissen, mussten sich Dreamcast-Spieler damals mit einer japanischen Sprachausgabe begnügen – Untertitel waren in englischer Sprache. Umso mehr freut es Spieler, dass man für das große Shenmue III Projekt auch damalige Synchronsprecher zurück an Bord holte, insbesondere die originale englische Stimme von Hauptprotagonist Ryo Hazuki. Die Texte sind im Großen und Ganzen gut übersetzt. Allerdings achtete man durchaus darauf, keine vulgäre Sprache zu benutzen. Ein „beat it out of you“ wird damit gern als „kannst du was erleben“ übersetzt. Übersetzungsfehler entdeckt man so gut wie gar nicht. In Erinnerung blieb mir vor allem die Übersetzung des gesprochenen „Red Wolf“ beim Sparring-Partner Niaowu als „Roter Drache“. Das passt natürlich so gar nicht. Nur die rote Farbe haben in der Hafenstadt irgendwie viele Gruppen. Die Kampfarena verfügt nicht nur über einen roten Wolf und auch einen roten Drachen. In der Stadt sorgen die sogenannten „Red Snakes“ – also rote Schlangen – für Unruhen. Und genau da geht die Hauptstory nach dem Dorf Bailu auch weiter. Ryo sucht noch immer nach Shenhuas Vater Yuan. Insofern ist Shenhua eure stetige Begleitung im Spiel. Sie ist euch so nah, dass einige Passanten längst bemerkt haben wollen, dass Ryo und Shenhua doch sicher ein Paar sein müssten. Ob da etwas dran ist?
Die Ortschaften sind jedenfalls – wie gewohnt – von Leben nur so erfüllt. Das Dorf Bailu ist so liebevoll, dass man beinahe selbst dort hinziehen möchte, zumindest für eine Weile. Auch Niaowu mit seiner Promenade strotzt nur so vor Leben: Cafés, Restaurants, Bekleidungsgeschäfte, ein Friseur, die Spielhallen, der Musikshop und mehr. Die vielen Seitengassen, neue Wege am Strand zum Tempel usw. sind einfach nur grandios. Die Unreal Engine macht es möglich, die die Entwickler zum Aufbau der neuen Shenmue-Welt nutzten. Insgesamt kann man sagen, dass Shenmue in die Neuzeit gehoben wurde, ohne den damaligen Charme zu verlieren. Das ist genau das, was Fans sich wünschten. Das Wetter wechselt dabei auch immer wieder, es beginnt zu regnen und die Wolken lösen sich auch wieder auf. Der Boden ist nass, man sieht den Matsch in vielen Gegenden. Die Dämmerung werden mit Zwischensequenzen eingeläutet, Lampen beginnen zu brennen und auch beim Arbeiten zwischendrin leuchten plötzlich bspw. die Lampen des Gabelstaplers noch während der Fahrt auf. Alles läuft sehr geschmeidig ab, Ruckler bemerkte ich insbesondere und meist nur beim ersten Spezialschlag beim Hacken vom Holz. Rennt man durch die Stadt, dauert es in der Regel ein paar Gedenksekunden, bis Menschen auftauchen – an Geschäften etc. Diese ploppen aber nicht ins Bild, sie erscheinen eher sanft. Mitunter muss man aber tatsächlich mal eins/zwei Sekunden warten, ehe die benötigte Person vor einem erscheint. Das ist nicht besonders schön, empfand ich aber auch nicht als störend. Schaut man sich die Grafikpracht an, dann ist man vor allem in Bailu fasziniert von dem, was uns die Entwickler präsentieren. Allein diese riesige Blumenwiese beim Fluss an der Grünen Brücke ist ein Ort, den man gar nicht verlassen möchte. An die großen Triple-A Titel anderer Hersteller kommt Shenmue III technisch nicht heran – aber ehrlicherweise soll und muss es das auch gar nicht. Viel wichtiger ist der Flair und der Charme, der in den Ebenen und mittels der Zwischensequenzen eingefangen wird. Es ist ein Shenmue wie aus dem Bilderbuch, wie es Fans sich wünschen: Shenmue in schicker Grafik. Hier macht man eigentlich so ziemlich alles richtig. Der Sound untermalt dies und ist bekannt aus den Vorgängern. Hier bedient man sich konsequent dem bestehenden Material. Dafür, dass man die Originalstimmen und Synchronsprecher ins Projekt holte, möchte man sich ohnehin einfach vor dem Team voller Dank verbeugen und Hochachtung zeigen. Es ist einfach wunderbar, wie sich Tag und Nacht abwechseln, in den Sternenhimmel zu schauen oder die Frösche am See quaken zu hören. Ach ja, wer einen bestimmten Betrag zur Erschaffung von Shenmue III geleistet hat, erhielt einen Unterstützercode zur Eingabe in den Optionen, um dafür namentlich erwähnt zu werden.

Die Charaktere sind liebevoll integriert, was man vor allem im Dorf Bailu zu jeder Zeit erleben kann. Man lebt mit diesen Personen und empfindet sich als wichtigen Teil der Geschichte. In Niaowu geht dies meines Erachtens aber etwas zurück. Hier steht die riesige Stadt im Vordergrund, die für die eher fade Geschichte (samt zweier Add Ons) irgendwie zu groß ist. Die Story hier ist zu schnell geschafft und man verlässt die Stadt erneut. Dabei werden neue Charaktere irgendwie in den Hintergrund verbannt, die gefühlt nur eine winzige Nebenrolle spielen – nennen möchte ich Shilling oder Großmeister Bei. Selbst Rückkehrer Ren wirkt zunächst eher aufgesetzt und könnte meines Erachtens durch einen neuen Charakter ersetzt werden. Lediglich das Ende des dritten Teils lässt den Anschein erwecken, als habe man mit Ren dann doch noch etwas mehr vor. Auch kommen einige großartige neue Bösewichte im Spiel vor, die dann aber ebenfalls als reine Nebensächlichkeit abgestempelt werden. Damit wirkt der Schlussteil des Spiels durchaus etwas zusammengestaucht. Ich bin der Ansicht, hier hätte man viel mehr herausholen können. Vielleicht war das auch geplant. Doch man darf nicht vergessen, dass dieses Spiel über eine Kickstarter-Finanzierung lief.
Umso mehr wünscht man sich doch, dass SEGA im Teil 4 wieder mitmischt, um tatsächlich alle geplanten Inhalte unterzubringen und diese nicht von Kickstarter Spenden und Slacker Backer Kampagnen abhängig zu machen. Umso schöner ist das Gefühl, was Yu Suzuki auch mit den bisherigen Charakteren neu aufbaute – auch mit alten Bekannten der Serie. Dazu müsst ihr euch nur Telefonkarten kaufen und ein Ferngespräch führen: mit Nazomi, mit Ine-San, Tom oder Joy. Kommen euch da nicht auch kleine Tränchen? Diese Szenen zeigen nämlich in einem kleinen Fenster nebst des eigentlichen Gesprächs laufenden Szenen aus den Teilen I & II. Dabei erfahrt ihr, wie es ihnen erging. Sie sprechen mit euch über die aktuelle Situation. Anbei habt ihr Auswahlmöglichkeiten, um das Gespräch zu steuern. Ihr ruft also sicherlich nicht nur einmal an.

Story QUEST Pack
Wer erinnert sich noch an die Chawan Zeichen? Die geheime Sprache ermöglichte es Ryo bereits in Shenmue II mit anderen Personen Kontakt aufzunehmen. Dafür musstet ihr in Restaurants, Bars, Cafés etc. insgesamt vier Teetassen, Schalen usw. so anordnen, dass sie ein Zeichen bildeten. Seid ihr an der richtigen Stelle und ihr werdet gesehen, erhaltet ihr Hinweise für eure Aufträge. Solch eine Chawan-Zeichen-Mission könnt ihr euch mit diesem Add On herunterladen, die in der Hafenstadt Niaowu spielt. Es gibt ein Wiedersehen mit Shuqin Zhang, den ihr vor dem Hotel antrefft. Er arbeitet für Yuando Zhu und kam aus Hongkong, um die Handlungen der Chi You Men zu überwachen. Da er dafür Hilfe benötigt, bittet er Ryo um Hilfe und gibt euch deshalb ein erstes Chawan-Zeichen zur Benutzung. Damit könnt ihr Zhangs Gefolgsleute kontaktieren. Ab sofort haltet ihr Ausschau nach Schüsseln, Teeschalen, Gläsern und mehr. Seht ihr also auf Tischen vier Stück angereiht, könnt ihr mittels Viereck-Taste loslegen. Kurz darauf heißt es warten. Denn es gibt sehr viele Orte in Niaowu, an denen ihr Chawan-Zeichen einsetzen könnt. Nur an bestimmten Orten erhaltet ihr Hinweise.
Schon bald werdet ihr zu einem bestimmten Ort gelotst und trifft auf Yanfeng Wei, der für Herrn Zhang arbeitet. Eigentlich sollte Herr Zhang nach diesem ersten bestandenen Test persönlich erscheinen. Allerdings ist dieser plötzlich verschwunden. Herr Wei erklärt euch, dass sie Zhang nicht finden können und bittet nun seinerseits um Mithilfe bei der Suche. Ansprechen könnt ihr ihn und auch andere relevante Personen mit der Viereck-Taste, die nahe relevanter Personen mit einem blauen Ausrufezeichen blinkt. Das ist euer Hinweis, dass ihr hier im Story Quest Add On agiert. Blau ist allerdings nicht nur das Zeichen. Denn während der gemeinsamen Suche nach Zhang in der Promenade der Stadt Niaowu bekommt ihr es mit einer Organisation zu tun, die auf den Namen „Blaue Spinnen“ hört.
Das Add On ist eine kleine Erweiterung der Story, die durchaus Spaß macht und neben der eigentlichen Geschichte spielbar ist. Allerdings werden darin kaum neue Charaktere integriert, sondern die Entwickler nutzen einfach bereits bekannte Gesichter. Dies kann mitunter zu kleineren „häh“-Effekten führen, wenn man sich gleichzeitig der eigentlichen Geschichte erfreut. Zudem stehen die Chawan-Zeichen stark im Vordergrund. Demnach wechselt sich die Geschichte fast ausschließlich zwischen der Suche nach neuen Informationen mittels dieser Zeichen und der anschließenden Berichterstattung ab. Eigentlich könnte dies problemlos schon im Hauptspiel integriert sein und bedürfte keinen extra Download. Dafür ist die Geschichte hierzu einfach zu mager. Dennoch ist es ein willkommenes Extra und bringt auch zusätzliche Abwechslung in die alltäglichen Aufgaben, da ihr dies problemlos zwischen all den anderen Dingen spielen könnt.
Für 5,99€ ist das Story Quest Pack im PlayStation Store zu haben. Preislich ist es vielleicht etwas zu hoch angesetzt für das, was es tatsächlich bietet. Empfehlenswert ist es aber dennoch. Spezielle Trophäen gibt es oben drauf.
Spielschiff: Big Merry Cruise
Casino in Reinkultur mit neuen Missionen und Herausforderungen? So in etwa kann man sich das große Schiff vorstellen, das am Hafen von Niaowu darauf wartet, von euch betreten zu werden – zumindest solange ihr nicht in der Story so weit vorangeschritten seid, dass ihr die Stadt in Kürze wieder verlasst. Was gibt es hier zu entdecken? Natürlich jede Menge Glücksspiele an einem Platz versammelt. Dazu gehört das Schildkrötenrennen, die Nagelbretter bis hin zu dem tollen Spiel „Flower, Bird, Wind & Moon“. All diese Spiele kennt ihr bereits seit dem Dorf Bailu. Insofern stellt sich die Frage, ob sich die 3,99€ für das Big Merry Cruise Add On im PlayStation Store lohnen.
Zum Start wird direkt erläutert, dass es hier tägliche Herausforderungsmissionen gibt. Und diese enden eben auch abends. Neuer Tag, neue Herausforderung! Damit dies nicht langweilig wird, gibt es kleine Geschichten zu erleben. Die erste Rundschau auf dem Schiff führte nämlich sogleich zu einem Streit zwischen einem jungen Mann und einem älteren Herren. Dieser rempelt den jungen Mann versehentlich an, sodass dieser eine eben gewonnene Puppe – bekannt als „Star Doll“ – fallenlässt. Dieser Hauptgewinn am großen Glücksrad zerbricht auf dem Boden. Sie war natürlich nicht für ihn, sondern für seine sehr kranke Schwester. Die Star Doll war ihr großer Wunsch, vielleicht ihr letzter Wunsch? Bruderherz gab dafür all sein Geld und spielte sich buchstäblich pleite, um endlich diese Puppe für seine geliebte kranke Schwester zu ergattern. Nun war sie hinüber. Wie sollte er jetzt an eine neue kommen? Den älteren klapprigen Herren spielen lassen? Bevor es handgreiflich wird, greift Ryo ein. Wie wir Ryo Hazuki kennen, bietet er seine Hilfe an und auch wir als Spieler geben hier natürlich nicht nach. Und schon startet unsere persönliche Herausforderung in diesem Add On: eine erste Mission innerhalb dieses einen Tages schaffen, entsprechende Marken gewinnen und am Glücksrad diese winzig kleine Chance nutzen, eine neue Star Doll zu gewinnen. Nun, wem dies als Start und Kaufgrund dieses Add Ons nicht ausreicht, dem ist nicht mehr zu helfen…
Battle Rally
Wer sich für die Battle Rally entscheidet, denkt sicherlich sofort an den ersten Teil der Shenmue-Serie. Genauer gesagt hatte ich das Ende des Spiels im Sinn, als die Rally gegen verschiedene Gegner der Mad Angels nicht nur Spaß machte, sondern auch wirklich herausfordernd war. Habt ihr euch für dieses Battle Rally Add On im PlayStation Story für stolze 7,99€ entschieden, ist sie direkt aus dem Hauptmenü heraus anwählbar. Ihr bekommt sogleich Erklärungen zum Prinzip der beiden verfügbaren Spiele, die allesamt in Bailu Village stattfinden. Ihr habt nämlich die Wahl zwischen zwei Spielen: der eigentlichen Battle Rally als Speed Run und der Bailu-Chan-Jagd.
Die Battle Rally orientiert allerdings nur vage an der Battle Rally aus Shenmue. Euch steht zu Beginn eine Rally zur Auswahl, insgesamt sechs weitere Strecken könnt ihr euch erspielen. Startpunkt 1 ist die Regenbogenbrücke in Bailu, dessen Ziel euch ebenfalls auf einer Karte angezeigt wird. Habt ihr euch für diese Strecke entschieden, könnt ihr zwischen Hazuki Ryo, Ren Wuying oder Wei Zhen entscheiden. Jeder Charakter verfügt über ganz eigene Werte in Ausdauer und Kraft. Anschließend startet das Spiel und ihr rennt automatisch (ohne die L2-Renntaste drücken zu müssen) auf einem vordefinierten Pfad entlang. Vordefiniert insofern, weil dieser komplett abgesteckt ist, verschiedene Check Points in Form von Toren besitzt und sich hinter den Absperrungen jede Menge Zuschauer befinden. Euer Ziel ist nicht zwingend die wenigen Kontrahenten zu bezwingen. Macht ihr das, gibt es Punkte. Nebenbei aber zählt der Countdown herunter und erst mit dem Durchqueren eines Check Points erhaltet ihr neue wertvolle Sekunden – was durchaus stark an das SEGA Spiel „OutRun“ erinnert. Im Ziel sollt ihr natürlich eine maximale Punktzahl ergattern. Diese ergibt sich aus eurer Schnelligkeit, das Ziel zu erreichen, der restlichen Zeit (je mehr desto besser) und natürlich der Zusatzpunkte durch das Besiegen von einigen Gegnern. Theoretisch müsst ihr keinen bekämpfen und könnt einfach nur ins Ziel rennen. Praktisch aber fehlen euch dann Punkte. Um Trophäen abzugreifen, muss auf den verschiedenen Strecken stets der erste Platz an Punkten erreicht werden.
Ihr erspielt euch mit den Runs aber keine neue Strecken. Dafür müsst ihr die Bailu-Chan-Jagd anwählen und könnt anschließend in einem bestimmten vordefinierten Gebiet 20 kleine Stofftiere – den Chans – suchen. Das Minispiel erinnert ein wenig an das Cham-Spiel aus Skies of Arcadia. Erinnert ihr euch daran? Das waren die kleinen Moonstones, die Cupil als Nahrung dienten und er damit seine Form im Kampf verändern und verstärken konnte. Befandet ihr euch in der Nähe solcher Chams, gab die VMU Signale von sich. Fast identisch spielt sich die Chan-Jagd, denn eure grünen Lebenskugeln dienen hier als Signalquelle. Sie blinken auf, einen Sound gibt es ebenso zu hören, je näher ihr an einen Chan herankommt. Dann heißt es nur noch finden und auflesen. Je mehr ihr sammelt, desto mehr könnt ihr freispielen, allen voran neue Ebenen für die Chan-Suche und natürlich die Rennen für die Battle Rally.
Nur macht das alles Spaß? Darüber darf man streiten. Die Chan-Jagd ist extrem gemütlich und kann man durchaus mal machen, wenn man sonst nix zu tun hat. Immerhin gibt es hier Trophäen zu verdienen. Aber eine wirkliche Herausforderung ist das nicht, die man mit einem Add On erwartet. Auch die Battle Rally ist meiner Meinung nach nicht das, was es verspricht. Kauft man diese, da man die wirklich tolle Battle Rally aus dem ersten Teil in Erinnerung hat, so muss ich klar sagen: Das Add On hier hat damit so gar nichts zu tun. Mir persönlich machte dies auch absolut keinen Spaß. Ryo steuert sich im Kampf störrischer als in der Story. Ich hatte ihn und seine Techniken hier nicht so genau im Griff, alles ist hektischer. Dass Arbeit in der Entwicklung dieses Add Ons steckt, zeigt der höchste Preis der drei Add Ons. Aber wert ist es das Geld meiner Meinung nach dennoch nicht. Hier hätte ich mir lieber eine echte Battle Rally á la Shenmue gewünscht mit Herausforderungen gegen verschiedene Gegner aus den allen drei Teilen, bei denen freispielbare weitere Inhalte möglich gewesen wären. Dann hätte man sich auch die langatmige Chan-Jagd schenken können.
Hinweis:
Wer sich für alle Add Ons interessiert, kann diese übrigens als Complete DLC zum regulären Preis von 14,99€ kaufen. Meine Empfehlung: Wartet auf Angebote. Das Complete DLC kann dann durchaus und mindestens zur Hälfte des Originalpreises erstanden werden. Bei etwa 7,49€ für alles kann man durchaus zugreifen.
Was erwarten Spieler von einem Shenmue stolze 18 Jahre nach Teil 2? Ein Shenmue, das sich anfühlt wie Shenmue. Genau das haben die Entwickler geschafft! Shenmue III ist das, was man sich als Fan immer gewünscht hat. Das heißt, es führt exakt den Flair der beiden Vorgänger-Spiele weiter: optisch wie auch musikalisch. Der Titel hat so viel Charme, dass man im Spiel regelrecht aufgeht und sich wie Zuhause fühlt. Das beginnt sogleich in Bailu Village mit all den tollen Charakteren, die man ins Herz schließt. Shenmue III führt altbewährte Dinge in neuer Optik unter Epics Unreal Engine weiter. Ein Spiel, wie es sich Shenmue-Fans gewünscht haben: 100% Charme in der Weiterführung von Ryos Geschichte. Die Entwickler leisteten ganze Arbeit.
Jeder Spieler dürfte seinen eigenen Tagesablauf entwickeln. Ich lief in Niaowu nach dem Verlassen des Hotels zuerst in die Trainingsecke, kämpfte gegen verschiedenen Duans, trainierte meine Fähigkeiten und setzte mich anschließend in den Gabelstapler, um am Hafen zu arbeiten. Damit war der Vormittag verplant. Anschließend ging ich der Story nach, suchte Angelplätze, drehte zwischendurch an den unzähligen Kapselautomaten oder erledigte manche Nebenaufgaben – sprich: ich half anderen Menschen aus der Klemme. Auch die Add Ons nutzte ich ganz nebenbei. Abends hackte ich zumeist Holz und versuchte immer wieder, meinen persönlichen Rekord von 146 Holzscheiteln zu überbieten: satte 81 Yuan oder umgerechnet etwas über 10€ in einer halben Stunde. Für den Verdienst würde ich doch glatt im echten Leben mal eine ganze Woche durchhacken. Ja, Shenmue III ist in seiner Spielweise definitiv wieder ein Meisterwerk aus der Feder von Yu Suzuki.
Dennoch kommt es meiner Ansicht nach nicht ganz an die Vorgänger heran. Im Vergleich zu diesen empfinde ich nämlich die Hauptstory im dritten Teil als etwas fade und zu dünn. Sie ist auch kurz erzählt: Ihr verlasst die große mysteriöse Höhle und seid auf der Suche nach Shenhuas Vater – entführt von Schlägern. Und genau diese Geschichte ist der einzig echte Hauptstrang, der sich durch das gesamte Spiel zieht, während sich die Schläger auch als „Red Snakes“ bezeichnen. In Shenmue III steht fast ausschließlich die Schlägerbande im Vordergrund, die ihr entweder problemlos bezwingt oder storybedingt kläglich an ihnen scheitert. Dies macht die Geschichte auf Dauer etwas eintönig und fade. Ich saß da, vermöbelte dreimal den gleichen Typen mit Foto-Finish könnte man sagen, … nur um dann aufgrund der Story doch wieder wie ein geprügelter Hund nach Hause zu kriechen und meine Wunden zu lecken. Das sind Momente, an denen man zweifelt und sich einfach mehr Pepp wünscht, etwas Neues … zumal man auf seiner Reise (durch Shenmue I & II) doch schon ganz anderen Gegner geschlagen hat, statt an solchen 0815-Rüpeln zu scheitern. Mit den Quick Time Events will ich gar nicht anfangen. Was die Spielweise einst veränderte und einfach jeder in der Gaming-Branche kurz darauf kopierte, war ein Highlight des Spiels. Aber in Shenmue III hat man die weltbekannten QTEs meiner Ansicht nach einfach nur versaut – diese sind so verschandelt worden, dass mir die Lust am Spielen fast verging. Denn sie sind viel zu knapp bemessen und in einem neuen Stil dargestellt. Selbst Spieler mit schnellem Reaktionsvermögen werden an den storybedingten QTEs verzweifeln und alles zwei-/drei-/viermal machen müssen. Das nervt gewaltig, vor allem wenn man sonst nie Probleme mit QTEs hat. (In den Arcade-Hallen sind die Mini-Spiele übrigens auf altmodische Weise ausgelegt und funktionieren super.)
Hauptstränge kurz im Vergleich
Shenmue: Hinweis-Suche über Lan Di, die „Mad Angels“, die Chi You Men, Nazomis Entführung, Suche nach dem Phoenix-Spiegel, neue Freunde, starke Feinde, Arbeit: Geldverdienen & Konversation/Geschichte mit Arbeitskollegen als Informationsquellen
Shenmue II: Der Diebstahl gleich zu Beginn, die Suche nach Tao Lishao und ihre großartige Geschichte, zwei riesige Städte zum Erkunden, die „Yellow Heads“, mehrere schwierige und einzigartige Kontrahenten, Joys Entführung, neue enge Verbündete und Freunde, die Reise nach Guilin zu Shenhua
Shenmue III: Entführungen durch die Schläger, Training mit Master Sun, Dorf Bailu und seine Geschichte, die Hafenstadt Niaowu, die Schläger bzw. „Red Snakes“ fassen
In der Geschichte von Shenmue III fehlte mir einfach etwas. Dies bezieht sich auch auf das Ende des Spiels, aus dem man mehr hätte herausholen können. So werden mehrere Gegner vorgestellt, die in diesem Szenario dann aber keine Rolle spielen. Selbst neue Freunde gibt es eher am Rande. Sie werden eingeführt aber nicht so tiefgründig behandelt. Die Erzählungen an sich sind von dieser Kritik ausgenommen. Was ihr in Bailu über das Dorf erfahrt, über Ryos Vater oder die Entstehung der beiden Spiegel, ist klasse. Ihr trefft auf verschiedener Kampfkünstler und Meister oder aber schließt die Dorfälteste Yeh ins Herz. Nur ab Niawou werden die Geschichten der Menschen und Hintergründe nicht ausgebaut und ihr könnt auch nicht mehr mit jedem Charakter sprechen. Hintergründe und Details lassen in der Hafenstadt nach. Dass Ren aus dem zweiten Teil auftaucht, ist klasse und bringt ab einem bestimmten Punkt mehr Pepp ins Spiel. Aber ich hielt ihn anfangs auch lange für austauschbar. Zugleich gibt es massiv viele Einzelheiten zu entdecken. Insbesondere die Hafenstadt lebt von ihrer Größe und der Vielzahl an Möglichkeiten. Man weiß eigentlich gar nicht, was man zuerst machen möchte. Da der Hauptstrang so irre dünn ist, verlässt man die Stadt aber schneller, als einem lieb ist. Man kommt gelinde gesagt gar nicht dazu, sich mit allen Kampf-Schriftrollen und Kapselspielzeugen einzudecken, überall zu angeln und mehr. Es sei denn, man lässt die Geschichte einfach unter den Tisch fallen und spielt zwei oder drei Wochen nur um die Geschichte drum herum. Die Umgebungen strotzen nur so vor Liebe und es macht Spaß, dort zu verweilen, zu erkunden und zu erleben. Manchmal zieht man durch die Straßen und Gassen und erwartet später noch etwas, bspw. nach dem Gespräch zwischen Shenhua und Ryo über die Apotheken, denen man mit Yuan einen Besuch abstatten könne. Sie spielen dann aber keine Rolle mehr.
Man darf nicht vergessen, dass es sich bei Shenmue III aber um eine Kickstarter-Finanzierung handelt. Behält man das im Hinterkopf kann man natürlich nur den Hut ziehen. Was Yu Suzuki mit den gespendeten Geldern geschaffen hat, ist großartig. Da wünsche ich mir, dass SEGA in Zukunft wieder einspringt und unterstützt. Denn wenn die Spielinhalte nicht mehr von Stretch Goals der Fans abhängen würden, wären manch inhaltliche Schwächen oder weniger Inhalt als vielleicht geplant (Baisha wurde beispielsweise gestrichen) in einem Shenmue IV wohl nicht mehr das Thema. Ich empfehle eine Zusammenarbeit mit den Ryu Ga Gotoku Studios und SEGAs Dragon Engine. Denn eines steht fest: The Story continues…

Ronny Wecke
Shenmue III
A Gamers Journey + Launch Trailer