Dreamcast -- SEGA Bass Fishing (US)
Get Bass

Das erste Mal auf Konsole angeln - damals war das für mich noch auf dem N64 im Spiel "The Legend of Zelda: Ocarina of Time". Schon zu dieser Zeit war es ein Heidenspaß mit Titelheld Link einen Fisch aus dem kleinen Teich herauszuziehen, um einen besonderen Gegenstand als Belohnung zu erhalten. Doch ganz gleich, ob man nun im wahren Leben gern die Angel schwingt oder wie ich auf solch eine Art und Weise das Angeln kennengelernt hat. Für die hastigen Fischer unter uns bringt SEGA etwas vollkommen Neues und bisher nie Dagewesenes auf den europäischen Konsolenmarkt: SEGA Bass Fishing oder auch in Japan bekannt als "Get Bass".
Damit auch wirklich alles so realistisch wie möglich erscheint, kreierte SEGA zudem noch ein ganz spezielles Joypad: den Fishing Controller. Einmal in die Hand genommen, fühlt man sich schon bald wie an einen einsamen Teich versetzt, schnappt sich einen Köder, schwingt die Angel in hohem Bogen und kurbelt was das Zeug hält die Karpfen aus dem Gewässer. Die mehr oder weniger großen Brocken könnt ihr in drei verschiedenen Modi fischen. Neulinge sollten sich jedoch zunächst den "Practice Modus" ansehen. Hier ist es möglich, ohne jegliches Zeitlimit die zur Verfügung stehenden Köder bei verschiedenen Wetterbedingungen, Tageszeiten und in den verschiedenen Arealen zu testen. Auch könnt ihr hier den Umgang mit eurer Angel üben und verschiedene Lock-Manöver ausprobieren. Habt ihr euch ein ein wenig eingeangelt, geht's auch schon ans Eingemachte. Im "Arcade-Modus", der Spielhallenversion, wird euch ein Gewicht vorgegeben, welches ihr innerhalb eines bestimmten Zeitlimits schaffen müsst. Ist die Zeit abgelaufen und ihr habt dieses noch nicht aus dem Wasser gezogen, erscheint lediglich eine kurze Meldung auf dem Bildschirm und das Zeitlimit beginnt von vorn - sofern ihr euch nicht dazu entschließt, an dieser Stelle aufzuhören. Das Zeitlimit, das Gewicht, sowie Sound und Angelcontroller-Einstellungen könnt ihr in den Optionen euren Wünschen anpassen. Ebenso kann der Schwierigkeitsgrad hier von sehr leicht bis sehr schwer eingestellt werden. Der Arcade Modus ist übrigens sehr gut für ein schnelles Angelvergnügen für zwischendurch geeignet. Es gibt praktisch kein Game Over. Dnn trotz Zeitlimit bricht das eigentliche Geschehen nicht ab, sodass immer das vorgegebene zu fangende Gesamtgewicht in einer Area erreicht werden kann.

Wer mehr Spannung und Action haben möchte, sollte sich den "Normal Modus" zur Brust nehmen. Hier legt ihr mit eurem eigenem Namen eine Karriere an, wählt zwischen einem Angler des männlichen oder weiblichen Geschlechts und versucht in den verschiedenen Stufen zu den besten Anglern zu gehören. Das Turnier beginnt natürlich mit der ersten Stufe, in welcher ihr euer Können schon von Beginn an unter Beweis stellen solltet. Hier ist weniger vorgegeben, welches Gesamtgewicht ihr abzuliefern habt, bevor ihr wie im Arcade Modus die nächste Stage zu sehen bekommt. Viel mehr kommt es hier auch darauf an, was ihr euch im Practice- und in der Spielhallen-Version angeeignet habt. Es mag heißen, beim Angeln solle man geduldig sein. Doch Zeit ist hier das letzte, was euch zur Verfügung steht. Im Gegenteil: Das Zeitlimit sitzt euch fest im Nacken. In einer der sechs Areale beginnt der Fischfang bereits früh am Morgen. Jetzt heißt es Augen und Ohren auf. Zuerst schaut ihr euch das Gewässer genau an. Je nachdem, ob dieses tief oder flach ist aber auch je nach Wetterbedingungen überlegt ihr ganz genau, welchen der euch zur Verfügung stehenden Köder ihr zum Fischen benutzt. Zu unterteilen sind die Köder in drei verschiedene Arten. Während die eine Sorte ständig auf der Wasseroberfläche schwimmt, sinken andere wieder direkt Richtung Grund. Ausgewogen sind die Köder, welche in verschiedenen Wassertiefen gehalten werden können. So unterschiedlich die Köder aber auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind da, um auch die größten Karpfen aus dem Wasser zu ziehen. Dabei kommt es natürlich auch auf eure Technik an.
Auch Angeln soll gelernt sein. Dass SEGAs Bass Fishing keine stinknormale Randsoftware darstellt, wird auch den noch so großen Angel-Gegnern schnell klar werden. Einmal den Fishing Controller in den Händen, heißt es nämlich erst einmal stilecht die Leine auszuwerfen, ohne dabei irgendwelche Einrichtungsgegenstände zu zerschmettern. Mit der Kurbel an der rechten Seite des Controllers wird die Leine behutsam eingeholt, während durch Bewegungen des Angelcontrollers bzw. durch leichtes Antippen des Joysticks auf diesem noch spezielle Manöver ausgeübt werden können. Denn nur so weckt ihr Interesse bei den Bewohnern des Teiches, Baches und Flusses. Beißt ein Fisch an, zeigt sich der Kommentator von seiner besten Seite: Der laute Ruf "FISH" flimmert über den Screen. Eure Aufgabe ist es nun, die Angel anzuziehen und das umherwirbelnde Geschöpf ins Boot zu holen. Aber Vorsicht: Kampflos gibt sich nicht einmal ein Fisch geschlagen. Dieser zieht und zerrt wie wild, sodass ihr zu jeder Zeit die Balance zwischen einer zu starken und zu schwachen Spannung halten müsst. Ist die Leine nämlich zu schwach, kann euer Mittag nämlich problemlos davonkommen, während die Leine bei einer zu hohen Spannungsbelastung reißt. Durch die Stick-Bewegungen am Controller zieht ihr den Fisch in verschiedene Richtungen oder gebt mehr Leine, während ihr versucht, diesen langsam heranzukurbeln. Hier bemerkt man sofort, dass der eigentlich Fun-Faktor tatsächlich vom Angelcontroller ausgeht.

Zwar ist es auch möglich, einen normalen Controller zu benutzen. Das bringt aber bei weitem nicht so viel Spaß mit sich, wie mit SEGAs Angel. Doch kommen wir zurück zum Karriere-Modus. Um zu den besten Anglern überhaupt zu gehören, bedarf es an ausreichend Erfahrung, wovon ihr euch natürlich nicht abschrecken lassen solltet. Ihr beginnt am Morgen in einer Area und müsst innerhalb eines Zeitlimits das größtmögliche Gewicht erreichen. Ist die streng vorgeschriebene Zeit um, geht es gnadenlos zur Mittagszeit weiter. Habt ihr dies geschafft, fischt ihr als Letztes noch abends in herrlicher Abendröte. Danach wird euer gefangenes Gewicht summiert und mit all den anderen Anglern ausgewertet. Danach wird euch ein Rang zugewiesen und ihr dürft in die nächste Stage, wo ihr euch in einer neuen Area entweder verbessern aber auch verschlechtern könnt. Aber auch bestimmte Aufgaben können euch zugeteilt werden. Hart auf hart kommt es dann, wenn ihr am Ende einer Stage mindestens zu den zehn Besten gehören sollt. Schafft ihr die entsprechenden Regeln nicht, werdet ihr disqualifiziert.
Habt ihr euren Karriere-Modus geladen, habt ihr außerdem immer Zugriff auf die verschiedensten Dinge rund um "Get Bass". Als besonders erwähnenswert ist zum Beispiel das Tagebuch, welches mit vielen unterschiedlichen Informationen gespickt ist. Hier findet ihr genauestens aufgelistet, welche Fische ihr wann und wo gefangen habt. Neben Gewicht und Wassertemperatur seht ihr hier auch den genauen Tag eures Fangs, sprich das durch die interne Dreamcast Uhr gespeicherte Datum! Auch sehr nett gestaltet wurde die Tackle Box. Nicht nur, dass ihr hier alle von den ohnehin vorhandenen, sowie die vielen freizuspielenden Köder aufgelistet sind, ihr findet ebenso einige interessante Dinge über diese. Die Beschreibung der Köder hilft euch unter Umständen schon sehr bei eurer Auswahl am See. Beispielsweise könnt ihr sofort nachlesen, dass der "Deep Crank" besonders in tiefen Gewässern Anwendung findet, wobei der "Rubber Jig" eher in der Reed Area benutzt werden sollte. Als nettes Gimmick obendrein seht ihr, wie viele Karpfen ihr schon mit welchem Köder an euch gerissen habt.

Obwohl die Spiegelungen von Mauern, Häusern ect. an der Wasseroberfläche sehr gut aussehen, die Fische sich realitätsnah bewegen und auch das plätschernde und spritzende Wasser während der harten Kämpfe mit den Karpfen recht gut aussehen, setzt SEGA Bass Fishing in Sachen Grafik keine neuen Maßstäbe. Das liegt aber viel mehr an teils flimmernden Hintergründen oder an Leinen, die sich beim Fischen durch, statt an Steinen und anderen Objekten im Wasser ziehen. Natürlich gibt es so einige hübsche Dinge zu bewundern, wie Schildkröten, Algen unter Wasser oder ununterbrochener Regen. Insgesamt macht SEGA Bass Fishing ein relativ gutes Bild, was grafische Details angeht. Besser geht es mit Sicherheit aber dennoch! Verbesserungswürdig ist ebenso der Sound. Dieser wirkt oft etwas zu langweilig und beruhigend. Zwar sollte es so beim Angeln sein, jedoch schlägt die belanglose Hintergrundmusik auch schnell aufs Gemüt. Dafür wurden einzelne Soundkulissen gut integriert. Knallt ein springender Fisch auf die Wasseroberfläche auf, gibt es ein ordentliches Geräusch zu hören. Ebenso, wenn der Angelhaken am Steg aufprallt. Auch richtig klasse ist die Sprache des Kommentators. Der begleitet euch nämlich bei jeder Angeltour und unterstützt euch zu jeder Zeit mit nützlichen Hinweisen. Von ihm erfahrt ihr sofort von einem oder mehreren sich in der Nähe befindlichen Fischen. Aber auch wenn ihr einen Brocken an der Angel habt, steht euch dieser stets zur Seite. So heißt es schnell einmal: "That's gonna be a big one..." oder "Turn the rod...right". So machen die acht Areale rund um "Lodge Area", "Bridge", "Reed" und so weiter natürlich gleich doppelt so viel Spaß. Nur eine Sache solltet ihr hier nicht vergessen: Wollt ihr eure Bestleistungen sichern, müsst ihr manuell abspeichern. Über die Save und Load Optionen könnt ihr dies schnell und unkompliziert tun, automatisch wird leider nicht gespeichert.

Hier hat sich SEGA mal was Feines ausgedacht und zugleich nicht nur einen großen Schritt auf dem amerikanischen, sondern auch auf dem europäischen Markt gewagt. Dazu gibt es noch einen Fishing Controller mit Vibration Funktion, mit dem realitätsgetreu die Karpfen aus dem Teich geholt werden können. Verschiedene Areas, unterschiedliche Tageszeiten und drei Wetterbedingungen treiben das Angelvergnügen weiter voran. Wer nur mal kurz abhängen und Spaß haben will, wählt den Practice oder Arcade Modus. Wer dagegen zum besten Angler gekürt werden möchte, sollte im Normal Modus seine eigene Karriere starten.
Grafisch ist SEGAs Bass Fishing recht gut, wobei der Sound etwas langweilig daher kommt. Auch auf einen Zweispieler-Modus hat das Entwicklerteam verzichtet. Wer zu zweit zocken möchte, sollte sich mit seinem Kumpel hin und wieder abwechseln. Die Steuerung ist sehr einfach und auch für Neuzugänge problemlos anzuwenden. Der Sprecher rundet das Spielvergnügen noch ab. Dennoch ist SEGA Bass Fishing kein Game für mehrere Stunden Dauerzocken. Eher geht es in die Richtung eines ChuChu Rocket!, Crazy Taxi oder vielleicht sogar ein wenig Space Channel 5: einfach einlegen, eine gewisse Zeit zocken und mächtig Spaß haben. Somit ist "Get Bass" ein netter Zeitvertreib für Zwischendurch, welchen sich jeder Dreamcast-Besitzer ansehen sollte. Man kramt es ebenso einfach immer wieder aus dem Schrank hervor...

Ronny Wecke