Planet Series: vom Planet Jupiter zum Planet Neptune

Die Planeten unseres Sonnensystems dürften den meisten bekannt sein. So sind Mars und Venus die direkten Nachbarn unseres Planeten Erde. Jupiter und Saturn sind die ganz großen in unserer Galaxie. Am meisten sticht hier bereits der Planetenname Saturn hervor. Denn so wurde letztendlich SEGAs 32-Bit System genannt: SEGA Saturn. Doch beginnen wir von vorn…
Am 8. Januar 1994 begann seitens Hayao Nakayama – zu dieser Zeit CEO bei SEGA of Japan – die Planung einer neuen 32-Bit Konsole. Noch im gleichen Jahr sollte sie erscheinen, genauer gesagt zur Weihnachtssaison. Ihr Codename: Project Jupiter. Die Idee war simpel, denn es sollte sich um einen aufgemotzten Mega Drive handeln mit mehr Farben und eben einen 32-Bit Prozessor. So stellte es schließlich Hideki Sato von SEGA of Japan dem Herrn Joe Miller von SEGA of America vor. Allerdings war Miller nicht sonderlich von der Idee begeistert. Stattdessen zog er es vor, das Projekt als Add On weiterzuführen. Denn die Millionen Genesis-Besitzer wollte er nicht einfach innerhalb eines Jahres fallenlassen. Aus dem Japan-Projekt Jupiter wurde das Amerika-Projekt Mars.

In Japan sah die Situation anders aus. Der Mega Drive war hier lange nicht so erfolgreich, weswegen SEGA Japan die nächste Generation im Blick hatte. Woran sie werkelten? Am Project Saturn – ein CD-basierendes 32-Bit System. Denn den Verantwortlichen war klar, dass CD-Roms günstiger in der Produktion waren und zudem weitaus mehr Speicherkapazität boten. SEGA of America wurde über das Projekt nicht informiert, solange auch das Mars-Projekt nicht wirklich im Gange war. Als SEGA of America über das Saturn-Projekt informiert wurde, wollte man das inzwischen zu Eigen gemachte Mars-Projekt aber nicht aufgeben. SEGA of America hielt aufgrund des hohen Genesis-Marktanteils daran fest. Schon bald plante Miller die Vorstellung des Projekts. Bereits im Juni 1994 wurde die Mars-Konsole als 32X Add On auf der Summer Consumer Electronic Show (S-CES) in Chicago vorgestellt: Die zwei 32-Bit RISC Prozessoren und der Video Digital Prozessor (VDP) Chip steigerten die Power und damit die Polygon-Grafik des SEGA Genesis, 32.000 Farben und Texture-Mapping inklusive. Das Add On sollte seine völlig eigene Spielebibliothek erhalten. Doch obwohl das Add On mit beiden Konsolen – sprich Genesis und Genesis 2 – kompatibel war, gab es bei einigen Käufern hin und wieder Klagen darüber, dass das 32X nicht mit ihrem älteren Modell funktioniere. Andere Spieler hatten technische Schwierigkeiten in Verbindung mit dem TV, weswegen zusätzliche Adapter angeschlossen werden mussten. Um jegliche Probleme von vornherein zu unterbinden, griff SEGA of America die anfängliche Idee des Project Jupiter wieder auf: eine eigenständige 32-Bit Konsole.
Bildquelle: arstechnica.com
Im späten Frühjahr 1995 – quasi kurz vor der Einführung des SEGA Saturn in den USA – kündigte SEGA of America das Project Neptune für Weihnachten 1995 an: die Kombination aus SEGA Genesis und 32X in einem Gerät. Die Konsole war beinahe identisch in Größe und Design mit dem Genesis 2. Für Besitzer eines SEGA CD 2 waren das gut Nachrichten, da die Verbindung beider Geräte gewährleistet sein sollte. Einen ersten Prototypen stellte SEGA of America vor: der SEGA Neptune. Allerdings wurde der Release der Konsole auf das Jahr 1996 verschoben. Zugleich war der angedachte Preis von rund 400 US-Dollar deutlich hoch angesetzt. Immerhin war das doppelt so viel, als der Genesis zu dieser Zeit. Als die Konsole allerdings für 200 US-Dollar ins Gespräch kam, sollte der Neptune durchaus eine interessante Upgrade Möglichkeit für Genesis-Spieler sein. Ebenso für manche Entwickler, die zu dieser Zeit noch Lizenznehmer waren. "Frontier Developments" – Schöpfer des legendären SiFi-Strategie-Spiels "Frontier: Elite II" – arbeitete an einem 3D-Shooter für das neue System. Ihr "Darxide" versprach mit seiner geschmeidigen Steuerung und der 32-Bit Polygon-Optik den zu dieser Zeit besten Saturn-Shootern um nichts nachzustehen. Es sollte das erste Spiel auf dem SEGA Neptune werden, wurde schließlich das letzte Spiel für den 32X in Europa. Denn in Japan wurde bereits das 32X quasi nicht beachtet. Die neue SEGA Saturn Konsole genoss in Japan durchweg hohe Beliebtheit und konnte sich gegen Sonys PlayStation durchsetzen. SEGA of America befürchtete, dass die Gamer CD-ROM basierende Konsolen dem SEGA Neptune vorziehen würden. Die Spieler wussten, dass der SEGA Saturn nicht mit den 32X-Spielen kompatibel sein würde. So starb der SEGA Neptune bereits vor seiner Produktion im Jahre 1996. Der SEGA Saturn war zu dieser Zeit längst auf dem Markt. Ein letztes Mal trat SEGAs Neptune im Jahre 2001 in Erscheinung. Das Spiele-Magazin Electronic Gaming Monthly (EGM) sprach davon, Prototyp-Kopien des Neptune-Prototypen würden in einem Warenhaus zum Verkauf stehen. Dies sorgte weltweit für viel Aufregung unter den SEGA Fans, war allerdings nur ein April-Scherz. Bis heute ist das Projekt allerdings unter Fans heiß begehrt. Als Resultat gingen sogar Bauanleitungen hervor, die den komplizierten Umbau eines 32X und des Mega Drives zu einem System – quasi SEGA Neptune – beschreiben.
CPU:
Hauptprozessor:
- Zwei Hitachi „SH-2“ 32-Bit RISC Prozessoren mit 23 MHz und 40 MIPS
Co-Prozessoren:
- Motorola 68000 (16-Bit Prozessor) mit 7,60 (PAL/EU) bzw. 7,67 (NTSC) MHz des Mega Drive: dient beispielsweise zur Abfrage der Peripherie (Controller) und zum Ausführen des 68k-Codes
- Z80a mit 3,55 (PAL/EU) bzw. 3,58 (NTSC) MHz: dient als Soundprozessor
Grafik:
- Video Display Processor (VDP): 32X VDP
- Texture-Mapping mit 50.000 Polygone / Sekunde
- Farbpalette: 32.768 Farben
- Maximale Farben gleichzeitig: 512
- Auflösung: 320 x 224 Pixel
Audio:
- Stereo PCM Chip
- Texas Instruments PSG (Programmable Sound Generator) des Mega Drive
- Yamaha YM 2612 FM Chip, 6 Stereo Sound Kanäle + zwei zusätzliche Sound-Kanäle
- Sound RAM: 8 KBytes
Kapazitäten:
- unterstützt den Mega-CD mit extra Kapazitäten (SEGA CD 32X)
Dem SEGA Neptune wird nachgesagt, dass er ebenfalls eine Verbindung mit dem Mega-CD hätte eingehen können. Ob der SEGA Neptune selbst oder eine erweiterte Version des Prototyps eine CD-Lade ähnlich des Multi-Mega integriert bekommen hätte, ist nicht bekannt.
Wie hätte die Zukunft ausgesehen?
SEGA stoppte die All-In-One Konsole, bevor sie zum Weihnachtsgeschäft 1995 auf den Markt kommen konnte. Zu dieser Zeit war der SEGA Saturn bereits in Amerika veröffentlicht. Es ist ziemlich eindeutig, dass der Neptune ein kommerzieller Misserfolg geworden wäre. Denn die Spieleentwicklung für das 32X wurde recht schnell beendet und Projekte auf den SEGA Saturn übertragen. Sinn hätte der Neptune dagegen gemacht, wäre der Saturn nicht 1995 in Amerika veröffentlicht worden. Oder der Saturn wäre, wie vom damaligen Präsidenten von Sega of America Tom Kalinske empfohlen, tatsächlich um ein Jahr verschoben worden.
32X - Tech Demo
Zur Weihnachtszeit 1995 hätte Sega of America viele weitere Einheiten des Mega Drive verkauft – womöglich auch als neues Kombi-Gerät alias SEGA Neptune. Womöglich aber hätte SEGA den amerikanischen und auch europäischen Markt besser im Griff gehabt, wäre der im Westen erfolglose SEGA Saturn nie in Amerika und Europa veröffentlicht worden. Dann wäre der SEGA Neptune als Modul-basierende 32-Bit Konsole am Markt gewesen mit voller Abwärtskompatibilität zu den 16-Bit Spielen und dem Master System via Converter. Da Neptune und Saturn beide denselben Hauptprozessor in sich tragen, hätten Saturn Spiele wie Panzer Dragoon, NiGHTS etc. womöglich auch auf dem Neptune Erfolge erzielen können – die ursprüngliche Idee des Project Jupiter.
Mit den Planeten Jupiter, Saturn, Mars und Neptune ist noch nicht Schluss. SEGA of America arbeitete an einer weiteren Konsole mit dem Codenamen Venus. Auch Venus gehört in die Mega Drive Ära. Für dieses System wurde technisch auf den Mega Jet in Japan zurückgegriffen, um einen tragbaren Genesis-Handheld zu schaffen. Veröffentlicht wurde das Venus-Projekt schließlich als Genesis Nomad. Der Handheld Game Gear ging darüber hinaus aus dem Codenamen Mercury – also Merkur – hervor.
Auch der SEGA Pluto gehört zu einem nie veröffentlichten SEGA System. Der Pluto-Prototyp tauchte erst 14 Jahre nach den entstandenen Gerüchten auf: Die Bilder zeigen im Jahr 2013 einen SEGA Saturn in einem neuen Gehäuse. Das Modem für Online-Services ist hier serienmäßig integriert. Dass die Konsole nie erschien, ist sehr wahrscheinlich auf die in Japan bereits 1998 veröffentlichte 128-Bit Dreamcast Konsole zurückzuführen, die ein serienmäßiges Modem besaß und den 32-Bitter SEGA Saturn ablöste.
(Bildquelle: destructoid.com)
Projektname | System / Idee | Weitere Infos |
---|---|---|
Merkur | ![]() | |
Venus | ![]() | |
Erde | unbenutzt | |
Mars | ![]() | |
Jupiter | Plan: Modul-basierende 32-Bit Konsole | Nachfolger: Mars und Saturn |
Saturn | ![]() | |
Uranus | unbenutzt oder unbekannt | |
Neptun | ![]() | nur Prototyp |
Pluto | ![]() | nur Prototyp |