Saturn -- Panzer Dragoon

Panzer Dragoon galt seinerzeit als das teuerste Lizenz-Spiel aller Zeiten. SEGA sicherte sich die Rechte des Comic-Zeichners Möbius, um ein Videospiel nach seinen Ideen zu realisieren. Ziel war es, ein einzigartiges Spielkonzept mit atemberaubender Grafik zu kreieren, was ihnen, mit dem bis Dato ungewöhnlichen Titel, auch gelang. Mit einem Drachen als Reittier kämpft ihr in einer bizarren Welt gegen riesige Monster, bewaffnete Flugschiffe und allerlei fremdartiges Getier. Das Spiel gehörte zu den Launch-Titeln des Saturn. SEGA schenkte damals all jenen, die ihr System via Garantiekarte registrieren ließen, sogar eine spielbare Demo-Version des Titels. Darauf befanden sich die zweite Level und ein Trailer. Später erschien die Geschichte auch als Anime auf VHS-Kassette.
Die Story:
Die Geschichte spielt in der Zukunft. In einer Zeit, wo die Menschheit sich mit ihren biologischen Waffen beinahe selbst ausgelöscht hätte. Die überlebenden Zivilisationen kämpfen seither gegen jene genetisch veränderten Kreaturen, die einst selbst von ihnen erschaffen wurden. Ein Menschenstamm - genannt die „Imperialen“ - entdeckte bei dem Versuch, sich auf ewig von der Brut zu befreien, einen alten, schwarzen Turm. Dieser barg eine verheißungsvolle, vernichtende Waffe in seinem Inneren. Von den Möglichkeiten geblendet, strebten die Imperialen nun der Weltherrschaft an…
Der Charakter, den ihr spielt, wollte an diesem Tag eigentlich nur zusammen mit ein paar Freunden jagen gehen. Er wird bei der Verfolgung einer Kreatur von seiner Truppe getrennt und Zeuge eines Luftkampfes: Zwei Drachen, einer von ihnen beritten, lieferten sich ein verbittertes Duell. Der Reiter des blauen Drachen wird schließlich tödlich verwundet. Der dunkle Drache verschwindet daraufhin am Horizont und der getroffene Reiter landet mit seinem treuen Reittier zu euren Füßen. Bevor er vom Rücken des blauen Drachens fällt und stirbt, bittet er euch noch darum, den „Dark Dragon“ aufzuhalten. Er da den schwarzen Turm nicht erreichen. Ihr fasst Vertrauen zu dem blauen Drachen und setzt euch mit der Waffe des gefallenen Reiters auf seinen Rücken. Fest entschlossen, euch der Aufgabe anzunehmen, geht es auf in ein fantastisches Abenteuer.

Die Steuerung:
Da Panzer Dragoon zu den Shoot´em up Spielen gehört, besteht eure Hauptaufgabe darin, mittels eines Visiers Gegner abzuschießen und ihren Attacken auszuweichen. Dabei stehen euch zwei verschiedene Waffensysteme zur Verfügung: Zum einen könnt ihr Schnellfeuer-Salven mit Hilfe eurer Handfeuerwaffe abgeben. Zum anderen zeigt euer Drachen mit zielsuchenden Laserstrahlen, was ihn ihm steckt. Ersteres zeigt sich vor allem bei Schwärmen von kleineren Gegnern als sinnvoll, da die geringere Durchschlagskraft durch die hohe Schussfrequenz wieder wettgemacht wird. Bei den Laserstrahlen habt ihr die Möglichkeit, vorher bis zu acht potentielle Ziele zu markieren, um anschließend automatische, Ziel verfolgende Strahlen auf alle Markierungen gleichzeitig abzufeuern. Da ihr für diese Aktion allerdings die Feuertaste gedrückt halten müsst, um beim Lösen des Knopfes die Schüsse abzufeuern, könnt ihr in dieser Zeit auch keine Schüsse mehr mit eurer Handfeuerwaffe abgeben.
Euer Drache fliegt die ganze Zeit automatisch dem Ziel entgegen. Denn er weiß, wo der Turm zu finden ist, den ihr erreichen müsst. Dementsprechend habt ihr keinen Einfluss über Flugrichtung und Geschwindigkeit der einzelnen Abschnitte. Ihr steuert Hauptsächlich das Visier und könnt euch lediglich innerhalb eines eingegrenzten Aktionsbereiches des Bildschirms bewegen. Darin weicht ihr Geschossen, Hindernissen und feindlichen Lasern aus. Allerdings bietet die zielstrebige Fortbewegung des Drachen auch einen Vorteil. So könnt ihr euren Blickwinkel mittels der Schultertasten jederzeit um die eigene Achse drehen, um Euch während des Fluges auch den Geschehnissen neben oder hinter eurem Reittier zu widmen. Und das ist auch dringend von Nöten, da euch die Gegner in diesem Spiel von allen Himmelsrichtungen angreifen. Einen Überblick erhaltet ihr in solchen Situation mittels eines Radars, das sich in der oberen rechten Ecke des Bildschirmes befindet. Hier könnt ihr, bezogen auf eine schematisch dargestellte Draufsicht eures Drachens, die Positionen der einzelnen Gegner ausmachen. Außerdem erkennt ihr hier, in welche Richtung ihr gerade schaut.
Ihr könnt euer Waffenarsenal auf jede dieser Richtungen abfeuern. Beim Ausweichen jedoch beschränkt sich diese Möglichkeit nur auf die Sicht nach vorne. Schaut ihr zu den Seiten oder nach hinten, bleibt euch nur das Abfeuern von sich nähernden Projektilen oder Kamikaze-Gegnern. Auch solltet ihr euch nicht zu sehr auf die automatische Flugbahn verlassen. Denn euer Drache steuert ab und an auch Hindernisse an, denen es auszuweichen gilt. Ihr müsst eure Augen also überall haben! Mittels der X-, Y-, und Z-Tasten könnt ihr zudem jederzeit die Weitsicht der Kamera ändern, um einen bestmöglichen Überblick zu haben. Wenn ihr das 3D-Pad für den SEGA Saturn benutzt, könnt ihr beim Steuern zwar auf den analogen Modus zurückgreifen, doch leider zentriert sich in diesem Fall das Visier immer wieder automatisch. Das bringt ein ziemlich unruhiges Spielgefühl mit sich bringt. Beim normalen Digikreuz habt ihr das ganze besser im Griff, da das Visier auch dort bleibt, wo ihr es hingesteuert habt.

Die Level und ihre Gegner:
Ihr beginnt euren Flug über eine versunkene, antike Stadt hinweg. Zerfallene Ruinen und aus dem Wasser ragende, umstürzende Säulen erschweren euer Fortkommen. Hier stoßt ihr auf riesige Libellen, schießende Anemonen und kleinere Drachenschwärme. Später verschlägt es euch in eine von riesigen Sandwürmern bewohnte Wüste, die sich ihren Weg unter der Sandoberfläche her bahnen. Sie schießen urplötzlich aus ihr meterhoch empor. Am Ende der Wüste erwartet euch eine Höhle, in der ihr von Skorpion-ähnlichen Kreaturen angegriffen werdet. Sie hindern euren Drachen sogar kurzzeitig am Weiterfliegen. Schließlich verschlägt es euch durch einen dunklen Canyon, wo ihr eine gut bewachte Anlage passieren müsst. Raketenanlagen und kleinere Flugschiffe versuchen euch natürlich daran zu hindern. Wenn es euch gelungen ist, in die Anlage einzudringen, müsst ihr euch durch enge Tunnelsysteme hindurch gegen schussfreudige kleine Raumgleiter behaupten. Pfeilschnell geht es um Kurven, Steigungen oder durch verengte Tore, die sich nicht rechtzeitig zu öffnen scheinen. Fliegende Festungen und ganze Flotten von Kriegsschiffen erwarten euch in der fünften Episode. Viel Geschick ist von Nöten um den vielen Kanonenkugeln und Begleitfliegern auszuweichen. In der sechsten Episode habt ihr den dunklen Dragon endlich eingeholt, und liefert euch mit ihm eine wilde Verfolgungsjagd quer über den verdreckten Kanal einer industriellen Stadt. Schafft ihr es, vor ihm den Turm zu erreichen? Bald werdet ihr es wissen…
Infos zum Spiel:
Ein Speichern des Spielstandes ist nicht möglich. Stattdessen verfügt ihr über eine Reihe von Continues, deren Anzahl vom Schwierigkeitsgrad abhängt und beim gänzlichen Verbrauch zum „Game Over“ führen. Selbstverständlich könnt ihr euch aber durch gute Leistungen neue Continues dazu verdienen: nämlich zum Ende jeder Episode. Dann werden eure Trefferquoten bewertet. So erfahrt ihr, wie viel Prozent aller Gegner ihr abschießen konntet und entsprechend wie viele Gegner euch entkommen sind. Zudem bekommt ihr einen Titel verliehen, was bei miesen Ergebnissen schon mal zu „Chicken“ führt, euch aber bei einer 100 Prozent Marke auch als „Winged Death“ bezeichnet.
Während des Spielens könnt ihr allerdings keine Extras wie neue Waffen, Schutzschilde oder Energie aufsammeln. Ihr verfügt die ganze Zeit hinweg lediglich über eure Standardwaffen und einen nicht wieder auffüllbaren Lebensenergie-Balken. So bleiben die Bedingungen bei jedem Spiel immer gleich. Insgesamt stehen euch „Easy“, „Normal“, und „Hard“ zur Verfügung, die sich auch auf die Durchschlagskraft eurer Gegner auswirken. Doch Vorsicht: Im „Easy“ Modus könnt ihr nur bis zum Ende der vierten Episode spielen. Hier erfahrt ihr den Ausgang der Story nicht!
Was ihr ebenfalls in den Optionen einstellen könnt, ist die Steuerung der Auf- und Abwärtsbewegungen. Wollt ihr lieber die Umkehrung eines Flugzeug-Steuerknüppels oder die direkte Richtungsübertragung des Steuerkreuzes? Hier bleiben keine Wünsche offen.

Die Grafik:
Im Erscheinungsjahr 1995 bot dieses Spiel bis dahin unerreichte Grafiken und Effekte. Trotz riesiger Animationen oder hohem Gegneraufkommen läuft die Umgebung absolut flüssig und ruckelfrei über den Bildschirm. Zwar kommt es öfters auch zu heftigen Pop-Ups, doch das stört im Eifer des Gefechtes kaum, da man einfach viel zu sehr mit Zielen und Ausweichen beschäftigt ist. Die Texturen würden heute zwar auch Niemandem mehr vom Hocker reißen, da spätere Saturn Titel weitaus mehr Details zu bieten haben. Aber für einen Launch Titel wurde hier schon Beachtliches geleistet. Die bis Dato wohl größten 3D-Objekte in einem Videospiel zoomen und bewegen sich mit solch einer selbstverständlichen Geschmeidigkeit, dass man noch heute von dem ungestörten Spielfluss begeistert ist. Die einzelnen Level selbst sind zwar etwas farbarm und detaillos gestaltet, bieten aber sehr viel Abwechslung. Denn jede Episode behandelt für sich ein anderes Thema und weist somit eine völlig andere Umgebung und Farbpalette auf. Aber auch die Darstellung der fantasievollen Bewohner ist sehr schön gelungen. Jedes Wesen für sich bietet eine individuelle Optik, Verhaltensweise und Animation. Letzteres verdient dabei besonderes Augenmerk, da die Flügel schlagenden Drachen, schlängelnden Riesenwürmer und krabbelnden Bodenbewohner einfach fantastisch in Szene gesetzt wurden! Einige dieser Kreaturen bewegen sich sogar derartig schnell, dass ihr Mühe haben werdet, die Haken schlagenden Quälgeister zu treffen. Dabei könnt ihr auch bei noch so schnellen Kameraschwenks oder plötzlichem Auftauchen von Gegnern keinerlei schwächelnde Ruckler seitens der Grafikengine feststellen.
Doch auch euer eigener Drache wurde liebevoll animiert. So fängt er bei geringen Energiereserven an zu schwanken oder wird nach einem Boss-Sieg durch aufwändige Kamerafahrten prunkvoll in Szene gesetzt. Wurde er dagegen getroffen, so zuckt er quiekend zusammen oder holt beim Abschießen von Lasern mit vollem Körpereinsatz aus. Während das recht lange Intro und der Abspann noch mit gerenderten Videosequenzen aufwarten, wird die Geschichte selbst zwischenzeitlich nur durch eingespielte Dialoge oder kleine Ereignisse weitererzählt. Diese wurden allesamt recht kurz und in Spielgrafik gehalten.
Der Sound:
Die Sprachausgabe erfolgt in japanisch und wurde für uns Nicht-Asiaten mit deutschen Untertiteln versehen. Da ihr aber das ganze Spiel über alleine unterwegs seid und es nur sehr selten zu sprachunterstützten Ereignissen kommt, fallen die möglichen Dialoge doch sehr spartanisch aus. Sie wurden zudem etwas lieblos in Szene gesetzt. Insgesamt wirken die Stimmen nämlich etwas dumpf und emotionslos oder ertönen nur durch irgendwelche Funklautsprecher. Zudem ist es recht auffällig, dass ihr zu keinem Zeitpunkt des Spiels einen animierten Mundwinkel seht. Von Lippen synchronem Sprechen ist hier keine Spur! Das Hauptaugenmerk galt klar den Effekten und der Musik. Hier stimmt die Soundkulisse dagegen alle Mal!
Die Soundeffekte bieten mit ihren kreischenden Gegnern, zischenden Geschossen und dumpfen Schlägen eine umfangreiche wie bunt gemischte Soundkulisse. Jedoch wirken manche dieser Geräusche etwas mechanisch und hätten etwas mehr „Leben“ vertragen können. Auch wiederholen sich die teils sehr hohen Schreie der Gegner und erinnern mit etwas Fantasie an einen Wellensittich. Abgesehen von diesen Mankos stimmen die Klangverhältnisse im Spiel, wenn sich dröhnende Maschinen nähern, Lasersalven einen beeindruckenden und durchdringenden Klang erzeugen oder einfach nur Gegner auf dem Wasser aufschlagen. Alles in allem schön gelungen. Aber bei weitem nicht so perfekt wie die BGMs des Spiels selbst.

Die verträumte, orchestralische BGM von Panzer Dragoon bietet ein wundervolles Soundambiente, das sich sehr schön in die fantasievolle Gestaltung einpasst. Von Geigenklängen und Violinen über Jagdhörner könnt ihr die verschiedensten Instrumente heraushören, die hier im gegenseitigen Einklang für eine stimmungsvolle Untermalung der Ereignisse sorgen. Hier wurden computergenerierte Synthesizer-Sounds mit reellen Instrumenten und Gesängen eines ganzen Orchesters harmonisch vermischt. Das erzeugt eine unglaublich schöne Soundkulisse. Man kann mit Sicherheit behaupten, dass einem hier die schönste Musik erwartet, die es bis dato je in einem Videospiel gegeben hat. Schade ist nur, dass die Musikstücke keine Endlosschleifen aufweisen, was bei längeren Bosskämpfen durchaus auch zu stillschweigendem Ladepausen der CD-Tracks und somit zu atmosphärischen Einbrüchen führt.
Es ist sogar möglich, in den Optionen vorher festzulegen, ob ihr lieber die BGM hervorheben, die Sound-FX verstärken oder beides gleich laut erklingen lassen wollt. Ihr habt die Wahl! Auf alle Fälle solltet ihr euren Saturn - wenn heute nicht ohnehin längst getan - an eine Anlage anschließen. Für dieses Spiel lohnt es sich!

Ein wunderschönes Spiel, das noch heute seine Reize hat! Für Drachenfans und Freunde des Shooter-Genres ist Panzer Dragoon mit Sicherheit ein guter Tipp. Aber auch jene, die ein unkompliziertes wie ungewöhnliches Spiel suchen, werden hier auf alle Fälle fündig. Das Spiel ist zwar nicht sonderlich umfangreich, lädt aber immer wieder zu der einen oder anderen Runde ein, um seinen bisherigen Rang noch einmal zu verbessern. Auch das wunderschöne Ambiente genießt man gerne immer wieder neu.
Der recht knackige „Hard“-Modus wird euch eine Weile beschäftigen und so manch Herausforderung bieten. Zwar gibt es mittlerweile grafisch und spieltechnisch anspruchsvollere Saturn Spiele. Selbst Fortsetzungen der Reihe sind inzwischen auf dem Markt. Doch zählt gerade der Start Titel der Panzer Dragoon Ära zu den Kultspielen schlechthin. Auch heute macht dieses Spiel noch unheimlich Laune und sollte eigentlich in keiner gut sortierten Saturn Sammlung fehlen. Denn der SEGA Saturn und Panzer Dragoon gehören einfach zusammen.

Tanja Pattberg