AtGames Mega Drive


Der Miniatur Mega Drive des chinesischen Herstellers AtGames bietet auf den ersten Blick offensichtlich alles, was benötigt wird, um in alten 16-Bit-Erinnerungen schwelgen zu können. Ob man nun zu den Neueinsteigern gehört oder noch ein paar Mega Drive Module im Schrank liegen hat, ist dabei völlig egal! Die 15 eingebauten Spiele sowie der Retro Fans wohlbekannte Modulschacht versprechen sofort Spielspaß und den Zugriff auf die volle Bandbreite aller erhältlichen Mega Drive Titel. Blaue Europe brachte das kleine Gerät auch zu uns. Somit können sich Fans für 39,99 Euro einen etwas teurer Retro-Spaß mit netten Features ausstatten - immerhin ganz ohne Import im Elektrofachmarkt erhältlich. Doch was steckt im 24,0 x 22,0 x 7,0 Zentimeter großen Karton alles drin?
Der erste Schock erfolgt womöglich schon beim Auspacken des kleinen Plastik-Wichtes: Denn der AtGames Mega Drive ist mit seinen 10,0 x 14,5 Zentimetern sogar noch etwas kleiner ausgefallen, als der Genesis 3. Negativ fällt direkt auf, dass die chinesische Hardware von AtGames tontechnisch nur über einen einzigen Anschluss verfügt. Sie kann somit keinerlei Stereo-Signale an den TV weitergeben. Hier hätte Blaze als Publisher nachbessern können, wollte man aber offensichtlich nicht. Im Gegensatz zu SEGAs Original hat dieser kleine Mega Drive handelsübliche Chinch-Stecker auf der Rückseite. Das ist insofern von Vorteil, da schnell auch Ersatzkabel genutzt werden können, sollte das Kabel mal verloren gehen oder einen Defekt aufweisen. Dem Set liegt bereits ein passendes Mono-AV Kabel bei, das mit 1,60 Meter Länge einen ausreichenden Abstand zum TV erlaubt. Darüber hinaus darf natürlich auch das Netzteil nicht fehlen, das vom Stecksystem her zwar mit dem ersten Mega Drive Model von SEGA kompatibel ist, jedoch stromtechnisch nur 9V bei 0,5 Ampere liefert und somit auf keinen Fall damit vertauscht werden sollte. Die mehrsprachige Bedienungsanleitung im Din-A3 Format bezieht sich nicht nur auf die Hardware, sondern auch auf die eingebauten Spiele. Zu jedem Titel gibt es einen neu formulierten Informationstext (abweichend vom Cover) und eine stichpunktartige Übersicht der Steuerung.
Für den Spielspaß zu Zweit finden sich auch gleich zwei Pads im Karton. Im Gegensatz zum Netzteil sind diese sogar mit den Original-Konsolen kompatibel. So können also auch originale Controller aus den 1990er Jahren angeschlossen werden. Das erscheint in Hinsicht auf den Modulschacht des AtGames Mega Drive sogar äußerst sinnvoll. Denn eines fehlt den Pads, die optisch den Originalen Controllern des Genesis 3 nachempfunden wurden: die Mode-Taste! Bekannterweise dient sie in erster Linie dem Umschalten des Pads von einem 6-Taster zum 3-Taster, was vor allem bei älteren Titeln nicht selten eine sehr wichtige Funktion darstellt. Denn die Tasten [X], [Y] und [Z] kamen später in der Mega Drive Ära hinzu. So kann es vorkommen, dass ein Spiel den Dienst verweigert, sobald es auf die ihm fremden Tasten trifft. Erwischt ihr einen solchen Titel, habt ihr mit den Blaze-Pads also schlechte Karten und MÜSST auf ein Original-Pad zurückgreifen. Aber ob nun 3-Taster, Original oder spezielle Dauerfeuermodelle: Solange die Steuereinheit für den Mega Drive gedacht ist, funktioniert sie auch mit der AtGames-Variante. Oder andersrum gesagt: Wir konnten beim Antesten einiger Modelle keinerlei Probleme erkennen.
Optik
Die gewölbte Form mit den abgeflachten Enden wirkt ein wenig wie ein herausgeschnittenes Teil aus einem längeren Stück. Die Joypad-Anschlüsse sind weit auseinander in die Front eingelassen, während die beiden Schalter auf der Oberseite zum Ein- und Ausschalten extrem eng beieinander stehen. Der Modulschacht wirkt sehr tief, während die vom Original übernommenen Schutzklappen bei diesem Modell ein wenig überstehen und seitlich über die Öffnung herausragen. Seitlich wurden Siliconflächen ins Gehäuse eingearbeitet, die das mobile System scheinbar etwas griffiger machen sollten. Der Begriff "AtGames" wurde direkt auf die Oberseite aufgedruckt, während das originale Mega Drive Logo nur als lieblos und schief aufgebrachter Aufkleber über dem Modulschacht zu finden ist. Auf der Rückseite befinden sich der Netzanschluss, die beiden Chinchbuchsen und ein NTSC-Pal-Umschalter. Vier gummierte Füße auf der Unterseite gewähren dem Mini-System einen sicheren Halt. Insgesamt ist das System sehr klein und mobil ausgefallen. Bei impulsiven Spielen kann das dazu führen, dass man die Konsole ziemlich schnell vom Tisch oder Schrank ziehen kann und am Kabel hängen bleibt.
Funktion
Schaltet ihr den AtGames Mega Drive ohne Modul ein, erscheint das AtGames Logo der Konsole und anschließend eine Liste der integrierten Spiele. Die 15 Titel sind dabei alphabetisch geordnet und erstrecken sich über drei Bildschirme, zwischen denen ihr nach links und rechts durchschalten könnt. Ist ein Titel angewählt, erscheint ein Screenshot daraus und ihr könnt eure Wahl mit der Starttaste bestätigen. Während des Spielens könnt ihr jederzeit zu dieser Liste mit Hilfe der „Menu“-Taste auf der Konsole selbst zurückkehren. Wollt ihr ein eigenes Modul spielen, solltet ihr das System in jedem Falle ausschalten, erst dann das Modul in den Schacht stecken. Dies ist jedoch gar nicht so einfach. Denn der Schacht klemmt enorm und kann nur mit etwas Gewalt von der Annahme des Moduls überzeugt werden. Ist das geschafft, reicht das Einschalten des Systems, um loslegen zu können. Denn nun überspringt ihr das Menü der integrierten Spiele gänzlich und müsst lediglich ein paar Sekunden vor einem schwarzen Bildschirm warten, ehe euer Spiel startet.
Doch kann man hier von Originalen sprechen? Auch wenn die Bildqualität der integrierten Spiele völlig okay ist und keine Beanstandung erfordert, so sind sie soundtechnisch teilweise völlig verunstaltet! Nicht nur, dass der rechte Soundkanal fehlt und deswegen jegliche Aktivität am rechten Bildschirmrand völlig stumm erfolgt und Töne geschluckt werden. Es kommt darüber hinaus auch noch zu Verzerrungen bei dem was dann noch bleibt: Geräusche und Töne klingen entweder plump und verlangsamt oder erhalten trotz träger Wiedergabe einen "Mickey Mouse Effekt" der unschönen Sorte. Man kann leider wirklich sagen, dass man es kaum ertragen kann, wenn man die originalen Midi-Sounds noch aus seiner Jugend kennt und kurz davor war, mitzupfeifen. Das Soundproblem taucht leider auch auf, wenn ihr ein Modul einlegt und eure Originale auf den Bildschirm holt. Es liegt also nicht an den Dateien im Gerät, sondern viel mehr am Soundchip. Dieser gibt alle Spiele auf diese abscheuliche Art wieder - zu mehr Qualität ist er nicht in der Lage.
Alex Kidd | Columns | Flicky |
Alien Storm | Crack Down | Gain Ground |
Altered Beast | Decab Attack | Golden Axe |
Arrow Flash | ESWAT: Cyber Police Under Siege | Shadow Dancer: The Secret of Shinobi |
Bonanza Bros. | Fatal Labyrinth | Sonic & Knuckles |
Um euch zeigen zu können, wie schlimm es ist und dass wir hier keineswegs übertreiben, haben wir euch einmal die drei möglichen Varianten des Spieles Sonic & Knuckles aufgenommen (Original, Pal und NTSC), damit ihr selber reinhören und euch ein Bild davon machen könnt. Zu hören ist der SEGA-Ruf, gefolgt von der Titelmelodie und dem Demospiel der Mushroom Hill Zone mit Knuckles. Beachtet auch, dass ihr aufgrund der Mono-Wiedergabe auch nur jeden zweiten Ring hört, was auf Dauer ein wenig nervig ist. Was die Bedienbarkeit betrifft, so sorgt der klemmende Modulschacht des AtGames Mega Drives dafür, dass ihr die Spiele kaum noch aus dem Schlund der Konsole herausbekommt. Ihr müsst euch schon beinahe auf die Konsole drauf stellen, um durch starkes Zerren und Ziehen eine Trennung der beiden zu erzielen.
Kompatbilität
Importe:
Eine Sache wird Fans von Importen freuen und bietet neue Möglichkeiten: Der AtGames Mega Drive schluckt jede Art von Länderversion und kann auch eure Japan- oder US-Importe ohne Probleme abspielen. Ein kleiner Schalter auf der Rückseite macht's möglich, wobei dieser sogar nicht einmal zwanghaft betätigt werden muss. Im Grunde schaltet sich das System dann einfach auf 60 oder 50 Hertz, ohne auch nur ansatzweise an eine Ländersperre zu denken. Abgespielt wird, was drin ist: mit der Hertz Zahl, die eingestellt ist. Doch wie sieht es mit dem integrierten Spiel Sonic & Knuckles aus? Erkennt es die anderen Sonic Spiele und verbindet sich mit ihnen? Leider nein! Sobald ein Modul im Schacht ist, schaltet sich die Platine mit den eingebauten Spielen völlig aus und der tragbare MD wird zum handelsüblichen Mega Drive. Wollt ihr Sonic & Knuckles also mit den anderen Sonic Titeln verbinden, so müsst ihr auch hier entsprechende Module besitzen und auf bekannte Weise stapeln.
32X Aufsatz:
Wo wir schon beim Thema stapeln sind: Wie sieht es mit dem 32X aus? Auch wenn man es vermuten mag und man mit ein paar Adaptern auch die erforderlichen Verbindungen herstellen kann, so reagiert die Hardware von AtGames nicht auf SEGAs Add On. Nach einem schwarzen Bildschirm erfolgt eine sichtbare Umschaltung, die jedoch in einem grauen Grieseln endet und weder Mega Drive-, noch 32X-Spiele wiedergibt.
Master System Converter:
Auch wenn beide Modelle des Aufsatzes sichtlich einrasten und auf dem ersten Blick zu passen scheinen, so könnt ihr den Master System Converter dennoch nicht mit dem AtGames Mega Drive nutzen. Im Gegensatz zum 32X, das wenigstens ein Umschalten erkennen lässt, bleibt bei dieser Gerätekombination der Bildschirm ohne jede Reaktion und lässt auch nach längerem Warten noch immer kein Bild erkennen.
4-Player Adapter und Mega-CD:
Beim 4-Spieler Adapter habt ihr bei der kompakten Version von EA schlechte Karten, da die festen Joypadanschlüsse zu dicht beieinander liegen und nicht an das Gerät passen. SEGAs Multiadapter dagegen ist dank Kabelanschlüssen auch am AtGames Mega Drive verwendbar und funktioniert einwandfrei. Was hingegen in keinster Weise versucht werden kann, ist die Verbindung zum Add On Mega-CD. Dem AtGames Mega Drive fehlt es schlichtweg am dafür notwendigen Erweiterungsport. Hinter den seitlichen Siliconabdeckungen verbirgt sich nur ein Blick ins Innere des Kunststoffgehäuses, der keinen Kontakt oder Anschluss zur Hauptplatine erlaubt.