Als Rez damals für Dreamcast angekündigt wurde, war bereits etwas Besonderes aus dem Hause SEGA im Anflug. Nun, mit der Fusion zwischen SEGA und Sammy zum 1. Oktober 2004 änderten sich viele Dinge im neuen Großkonzern. Man mag fast meinen, zu dieser Geschichte passen die typischen Zitate dieses Musik-Shooters, die da waren: „… Ursprung … Entwicklung … Herrlichkeit … Erinnerung … Zerstörung … Einsamkeit …“ Denn in gewisser Weise trifft dies auch auf den Entwickler von Rez zu. United Game Artists – kurz auch UGA genannt – wurde im Jahr 2003 im Sonic Team integriert und das Team entwickelte Sonic Riders im Jahr 2006. Space Channel 5- und Rez-Erfinder Tetsuya Mizuguchi verließ dagegen SEGA und gründete in diesem Zug zusammen mit Shuji Utsumi sein eigenes Studio: Q Entertainment! Und genau da sind wir wieder bei Rez. Denn der Musikliebhaber arbeitete nun an der Umsetzung seines SEGA-Titels für Xbox Live Arcade auf der Xbox 360.

An der Story hat sich dabei selbstverständlich nichts geändert. Ihr seid nach wie vor im Project K-Netzwerk unterwegs. Im Herzen befindet sich das Zentrum mit der künstlichen Intelligenz namens Eden. In all dem Datenfluss begann die fortschrittliche K.I. damit, eigene Gedanken zu entwickeln. Es wird behauptet, Eden erlangte ein Bewusstsein. Eden begann nicht nur, den Sinn der eigenen Existenz zu hinterfragen, sondern auch die Konsequenzen der eigenen Entscheidungen. So begann Eden, sich abzuschalten. Doch ihr als Spieler müsst Eden reaktivieren und seid daher im Cyberspace des „Project K-Netzwerks“ unterwegs. Damit beginnt das Abenteuer im Rail-Shooter Style, wie es SEGA schon auf dem Saturn mit Panzer Dragoon vormachte. Nur, dass in Rez keine Wasserfälle, Berge und Himmel bewundert werden oder man auf dem Rücken eines Drachen reitet. Stattdessen reist ihr durch ein Computer-Netzwerk, fliegt als Hacker mit einem Avatar durch das System und erkundet jeden Bereich mit musikalischen Klängen. Rez ist ein Musik-Shooter, der beim Anvisieren bzw. Abschießen der Kontrahenten verschiedene Töne erzeugt. Dadurch ergibt sich wahrlich eine kleine Symphonie.

Wer Rez zum ersten Mal spielt, sollte sich zunächst das Tutorial anschauen. Hier bekommt ihr die Steuerung erklärt: Mit dem Analog-Stick steuert ihr das Zielkreuz auf dem Bildschirm je nach Wahl "Normal" oder "Reverse" und rahmt sämtliche im Cyberspace umher wirbelnde Viren ein. Denn diese stellen sich euch in großer Stückzahl entgegen. Acht Viren könnt ihr maximal markieren und mittels eurer Raketen vernichten. Das betrifft aber nur die Gegner, die mit einem Schuss zerstört werden. Es tauchen in den einzelnen Levels auch Viren auf, die weit stärker sind. Sie benötigen mehr, als nur einen Treffer. Haltet euer Visier, das ihr mit der A-Taste betätigt, auf den Gegner, zählt euer Visier automatisch hoch. Ihr erkennt das an den dargestellten Ziffern im Zielkreuz. Benötigt ein Gegner also maximal vier Treffer, haltet ihr mit eurem Ziel einfach drauf, bis es vier Schuss aktiviert. Lasst ihr die A-Taste nun los, feuert ihr vier Geschosse auf den Gegner ab. Starke Gegner werden aber auch bei den maximalen acht Treffern noch nicht vernichtet sein. Reichen diese daher nicht aus, müsst ihr erneut auf den gleichen Gegner zielen. Hinsichtlich der Anzahl an Treffern verändern sich auch stets die Klänge, die ihr mit eurem Visier erzeugt: Die Viren werden danach mit Raketen unter Beschuss genommen. Das heißt, die Töne werden durch euch erzeugt, indem ihr entweder einfach die A-Taste drückt – ganz gleich, ob ihr dabei einen Kontrahenten anvisiert oder nicht. Die Klänge verändern sich je nach Anzahl der zuvor anvisierten Viren. Zusammen mit dem Soundtrack der Areas ergibt sich hier eine ganz besondere musikalische Erfahrung für uns Videospieler. Wer all dies ausprobieren und ohne Gefahren durch die Viren testen möchte, begibt sich in den Modus "Reisen". Denn hier könnt ihr alle die Bereiche erkunden, die ihr bereits im Spiel-Modus freigeschaltet habt. Zum Anfang ist dies die Area 1.

Schon im Auswahl-Menü gibt es eine musikalische Kostprobe von der Welt. Beschrieben sind Track und Künstler aber auch prozentual – vor allem nach dem Bestehen der Welt – die Analyse, der Shot Down und die Support Items. Denn hier sollte euer Ziel jeweils die 100 Prozent sein. Fernab der Reise, oder auch Travelling im englischen, könnt ihr den Viren nicht ausweichen. Genauer gesagt kann niemals gegnerischen Attacken ausgewichen werden. Ihr könnt sie nur abwehren, indem ihr gegnerische Projektile abschießt. Heißt im Klartext, ihr solltet feindliche Raketen zerstören, ehe sie euch treffen. Zielt ein Gegner dagegen mit Laserstrahlen auf euch, müsst ihr noch vor Abschuss den Gegner besiegt haben. Schafft ihr das nicht, werdet ihr getroffen und steigt im Level ab. 

Denn euer Avatar beginnt zunächst im Level 01 und benötigt mehrere blaue Entwicklungspunkte, um im Level zu steigen. Die Anzeige am linken unteren Bildschirm füllt sich beim Sammeln der Objekte und verändert schließlich euer Aussehen und damit auch die musikalischen Klänge eurerseits. Insgesamt könnt ihr euch bis zur Stufe 05 aufleveln. Dafür benötigt ihr insgesamt acht der blau schimmernden Objekte. Das Prinzip, gleich acht Stück zu sammeln, während man mit nur einem Treffer im Level sinkt, mag im ersten Moment ziemlich unfair klingen. Das ist es aber durchaus nicht. Beginnt ihr im Level 01, dürft ihr übrigens auch einmal getroffen werden und sinkt ins Level 00, ehe das Spiel bei einem erneuten Treffer beendet ist. Durch die Entwicklungsitems, teilweise aber auch Dreifachen-Objekte, könnt ihr euer Level dennoch recht gut stufenweise steigern. Dazu solltet ihr einfach so viele Gegner wie möglich bezwingen. Denn diese lassen oft Objekte fallen, die ihr während des gesamten Spiels gut gebrauchen könnt. Dazu gehören auch die roten Overdrive Objekte. Vier Stück können davon insgesamt eingesammelt werden und werden am rechten unteren Bildschirm gelistet. Durch das Auslösen eines Overdrive mittels der B-Taste werdet ihr für einen Moment unbesiegbar und sämtliche Gegner auf dem Bildschirm werden automatisch mit Raketen attackiert und alle erscheinenden Items aufgenommen. Sobald ihr also die genaue Taktik der Gegner kennt, welche Flugbahnen sie nehmen oder welche Schwächen sie haben, entfaltet das Spiel seine volle Stärke und jede Menge Spielspaß.

Eure Flugbahn ist dabei stets vorgeschrieben. Ihr könnt also die eigene Position nicht ändern, dafür allerdings den Blickpunkt. In den normalen Areas gibt es einen Blickwinkel von bis zu 150 Grad, in Bosskämpfen einen Rundumblick von 360 Grad. Die Bosskämpfe finden stets zum Ende einer Area statt und sind im Prinzip die infizierten Firewalls: riesige Gegner, bestehend aus verschiedenen Bausteinen und tückischen Fallen. Um die Area abzuschließen, müssen diese bezwungen werden. 

Der Boss wartet übrigens in Level 10 einer Area. Jede Area ist von Level 1 bis Level 10 unterteilt – die sogenannten Layer Level. Innerhalb dieser müsst ihr sogenannte "Netzwerk-Öffnungen" finden, zuerst den Kennwortschutz zerstören und danach acht Mal auf die Netzwerk-Öffnung schießen. Im Prinzip ist das ein umher schwirrendes Objekt, dass ihr mit einem Schuss trefft, um dann eine achtfache Salve an Raketen drauf zu feuern. Dadurch ertönt nicht nur ein ganz besonderer Sound, der die Ziffern mitzählt. Ihr bekommt damit auch die Prozente der vorhin angesprochenen Analyse. Schießt ihr also in jeder Layer Level dieses Objekt ab, habt ihr zum Area-Ende auch 100 Prozent der Analyse gemeistert. Diese benötigt ihr in allen vier Areas, um schließlich die fünfte und letzte Area zu öffnen. Und diese ist vom Aufbau her anders, als was ihr in den vier vorherigen Welten gespielt habt. Hier durchfliegt ihr Tore für die Analyse, bekommt neue grafische Elemente, die sich mit der realen Welt mischen, die Story gibt diverse Details von sich und auch den Bass möchte ich als bombastisch bezeichnen. Ohne im Gameplay zu viel zu verraten – euch erwartet hier nicht nur ein einziger Boss zum Ende der Area. Zudem sollt ihr euch hier beweisen und Eden befreien. Dazu steht euch sogar eine weitere Avatar-Form zur Verfügung. Alles begleitet mit wunderbaren Soundtracks und Effekten. Denn die hier integrierte Story und der bombastische Sound vereinen sich zu einem ganz außergewöhnlichen Flair.

Die rhythmische Umsetzung zeigt, was das Spiel noch immer zu bieten hat. Auch auf der Xbox 360 wird der Beat von den Vibratoren im Controller taktgenau wiedergegeben. Auch hier bin ich im Übrigen der Meinung, dass das Dreamcast-Original dank des außenliegenden Vibration Packs noch immer etwas mehr Schwung ins Rütteln bringt, wenngleich der Xbox 360 Controller zwischenzeitlich sehr gut mithalten kann. Und da passt es doch perfekt, dass die PS2-Funktion des Trance Vibrators mit integriert wurde! Diese basiert nun auf dem Controller und lässt bis zu drei weitere verbundene Xbox 360 Pads im Takt vibrieren. Nun könnte man sagen, da freuen sich Mann und Frau … und vielleicht auch manch Jugendlicher. Aber funktioniert auch der originale mittels USB verbundene Trance Vibrator der PS2 mit dem Xbox 360 Spiel? Die Antwort ist … nein. Dafür halten nun die anderen Controller her. 

Mehr als je zuvor zählt in Rez HD der Highscore eine entscheidende Rolle: Je mehr Gegner besiegt und je mehr Viren durch gleichzeitiges Anvisieren ausgeschaltet werden, desto mehr Punkte verdient ihr euch. Desto mehr Items könnt ihr freilegen und einsammeln. Die Punkt-Objekte geben euch einen zusätzlichen Bonus – vor allem im Modus "Score Attack" will ordentlich gepunktet werden. Das heißt also, nicht nur pausenlos und schnellstmöglich Kontrahenten zerstören, sondern vor allem auch zwischendurch den Highscore weiter in die Höhe treiben. Wie ihr das anstellt? Indem ihr gegnerische Angriffe abwartet und auskontert – also gegnerische Geschosse zerstört und damit Punkte holt. Schaltet einen Verteidigungswall aus, statt den Gegner gezielt anzugreifen, um dafür extra Punkte zu kassieren. Zieht die Kämpfe also in die Länge. Und Items einsammeln nicht vergessen! Je besser ihr in der Area seid, desto gefährlicher wird schließlich auch der Endgegner. So gibt es weitere Verteidigungsringe der Firewalls, schnellere Angriffsmuster, noch mehr Raketen oder andere Gemeinheiten. Ist die Area erfolgreich beendet, bekommt ihr anhand eurer Leistung und der Punkte einen Eintrag in den Ranglisten. Und die könnt ihr via Xbox Live mit Spielern weltweit vergleichen aber auch mit euren Freunden! Jede Area, jeder Modus wird hier extra gelistet und ihr könnt euch hier nicht nur durchklicken. Die Anzeige motiviert euch, nochmal die Welten zu durchfliegen, um noch ein paar mehr Punkte zu machen, um besser zu sein als euer bester Kumpel von nebenan. Vor allem wenn ihr den Beyond-Modus freigespielt habt und damit Zugriff auf weitere Extras. Denn die will man auch auf der Xbox 360 haben!

Je nach eurem erreichten Highscore oder dem Beenden verschiedener Modi gibt es neue Extras. Dies sind unterschiedliche Kamerasichten – wie die Ego-Sichtweise. Aber auch neue Farbschemen, die ihr für eure Area einschalten könnt – beispielsweise "Punk" oder "Ambiente". Zudem könnt ihr euch neue Neben-Areas erspielen, nämlich die "Lost World" oder die "Trance Area". Und die zwingen euch erneut dazu, den Highscore eurer Kumpels zu knacken oder sich an den zufliegenden Objekten schwindelig zu gucken. Denn das kommt hier in der Tat vor. Dafür könnt ihr neue Strahlentypen ergattern. 

Im "Aussault-Modus" dagegen werden alle fünf Areas am Stück gedaddelt. Hier gibt es also kein Ende nach einem Endboss. Die Punkte werden erst am Ende aller Areas aufs Konto addiert. Damit dies für einige Spieler etwas einfacher wird, kann in den Beyond-Optionen zwischen den Avataren gewählt werden – einschließlich der finalen Form. Mit welcher möchtet ihr beginnen? Richtig toll ist übrigens, dass es auch der Morolianer aus Space Channel 5 in die Xbox 360 Version geschafft hat. Der kleine SEGA-Gag blieb also erhalten und ihr könnt den "Right, Left, Chu"- Ausrufen lauschen und auch den typischen Morolian-Strahlentyp nutzen.

Die Technik wurde dem neuen Standard angepasst. Und das heißt nicht einfach nur HD, wie es der Titel nun beschreibt. Der Xbox Live Arcade Titel kommt im Widescreen daher – also im 16:9 Format für unsere aktuellen LCD- oder Plasma-Fernseher. Das 4:3 Format ist übrigens dennoch nicht verloren. Denn wählt ihr im Menü statt Rez HD nämlich Rez Standard, könnt ihr auch am alten Röhrenbildschirm ohne Widescreen zocken. Wichtig ist natürlich für die neue Version der Sound. Konnten wir den auf Dreamcast nur in Stereo genießen, heißt es nun 5.1 Surround Sound. Und damit fliegt Rez quasi in neue Sphären. Da Rez vom Sound lebt, schaltet man als Spieler nun die Lautsprecher noch viel weiter auf und genießt einfach die bombastischen Klänge, den mächtigen Bass und das … naja … dazugehörige Gameplay. Damit wird Rez zum wahren Genuss. Auch die Highscores und der tolle Vibrator fesseln euch ans Pad, sondern zugleich die zu erspielenden 200 Gamerscore Punkte. Denn um alle zwölf Erfolge zu erspielen, müsst ihr eben eine gewisse Zeit mit dem Titel verbringen oder ganz bestimmte Aufgaben erledigen. Und diese sind durchaus schaff- und machbar.

„Ich habe immer von einer High-Definition-Version mit Widescreen und sehr gutem Sound geträumt.“
(Tetsuya Mizuguchi, Rez-Erfinder und Mitbegründer von Q Entertainment)


Als Rez-Liebhaber möchte man fast den gleichen Satz aussprechen! Denn spielt man Rez HD auf der Xbox 360, wird die Dreamcast Version irgendwie überflüssig. Nicht, dass man sie nicht trotzdem in seiner Sammlung haben will – als Sammlerstück und als DAS Original. Aber technisch bietet die Erneuerung eben weitaus mehr vor dem heimischen TV. Das geht bei der hochauflösenden HD-Optik los und endet nicht beim 5.1 Sound. Echtes 16:9 Gameplay und die Highscore-Listen sind hier tatsächlich ebenfalls das A und O. Man mag es kaum glauben. Denn Highscores mit Freunden zu vergleichen mag nicht unbedingt jeden Spieler interessieren. Aber hier fasziniert es. Eben weil man auch perfekt die Areas durchlaufen will, um damit auch den Sound auf die höchste Ebene zu führen und Eden am Ende des Spiels zu erwecken. Das tatsächliche Ende ist nämlich auch hier nicht zwingend beim ersten Durchspielen zu sehen.

Fakt ist: Rez HD ist ein MUSS für Xbox 360 Besitzer, für SEGA-Fans und die, die Musikspiele lieben. Oder Rail-Shooter á la Panzer Dragoon. Oder die Morolianer aus Space Channel 5. Wer das Spiel auf seiner Konsole hat, wird vermutlich kaum noch das Original mit – ich muss leider fast schon sagen – „minderwertiger Optik“ und nur „Stereo-Sound“ in seine Dreamcast werfen. Außerdem macht es verdammt viel Spaß, erneut die fünf Stages mit vielen Extra zu erspielen. Herrlich!


Durchquerte abermals und unzählige Male das musikalische Netzwerk:
Ronny Wecke