Dreameye Digicam
SEGAs Digitalkamera für Dreamcast wurde entwickelt, um zunächst als Webcam zu funktionieren. Damit ermöglichte SEGA Echtzeit-Videochats via Konsole für alle Spieler, die die sogenannte Dreameye Digitalkamera mit ihrem Dreamcast-System verbanden. Dazu gibt es einen Standfuß für einen festen Stand der Kamera vor oder auf dem Fernseher inklusive Kabelanschluss, die entsprechende Software "Visual Park" auf GD-Rom (inkl. Handbuch) und ein Headset. Genauer gesagt liegt die Steckkarte bei, die auch beim Dreamcast Mikrofon genutzt wird. Doch statt des Mikrofons wird daran das Headset angesteckt. Mit ihm ist Voice Chat möglich, ohne den Controller samt Mikrofon zunächst für Gespräche zu den Lippen zu führen. Die Echtzeit-Videochats werden ansprechend vertont, wobei die Qualität der übertragenen Videos mit nur noch 160x120 bis maximal 320x240 Pixeln ruckelfrei übertragen. Mit dem 56k-Modem oder dem neueren BBA-Adapter funktioniert dies selbstverständlich geschmeidiger als mit einem 33,6k-Modem. Als SEGA am 8. Juni 2000 den Breitbandadapter vorstellt, wird sogar ausdrücklich von Videokommunikation und Videomail mittels Dreameye als Peripherie gesprochen. Den Service nennt SEGA auch ‚Dream Eye Matching Service‘. Telefonate können über zwei Verbindungsmöglichkeiten genutzt werden: die direkte Telefon-Verbindung sowie die Verbindung über das Internet.
Veröffentlicht wurde die Kamera im September 2000 zusammen mit dem Divers 2000 CX1-TV – eine weitere Dreamcast-Variante mit integriertem Fernsehbildschirm. Spieler konnten die Kamera aber auch separat erwerben. Nebst der Online-Chats ist die Kamera auch als normale Standbildkamera verwendbar. Das heißt, sie arbeitet unabhängig der Dreamcast Konsole mit Batterien (2x AAA / LR03), die dem Paket ebenfalls beiliegen. Diese befinden sich für den Betrieb in einer blauen Box, die seitlich an die Kamera gesteckt wird. Dieser Aufbau machte es theoretisch möglich, die Batteriebox zu einem späteren Zeitpunkt bspw. durch ein Akku-Pack zu ersetzen. Die gelbe Taste an der Oberseite dient zum Knipsen von Fotos. Die Linse an der Vorderseite, die mit 1,1 Zentimeter aus dem Gehäuse ragt, hebt sich ebenfalls im gelben Farbton ab und ist feststehend bzw. mit festem Fokus. Mit einer Auflösung von 640x480 Pixeln – bzw. für damalige Zeiten unglaubliche 3 Megapixel – können über den integrierten Flash-Speicher bis zu 31 JPEG-Bilder geknipst oder maximal 25-Sekunden-lange Videos sowie Audio-Files aufgezeichnet werden. Die Dreameye Digicam ist als digitaler Fotoapparat unterwegs nutzbar – zu einer Zeit, in der Smartphones die Welt noch nicht eroberten. Die Dreameye Digitalkamera war damit ideal für Outdoor-Aktivitäten. Das Software-Tool "DreamFotoFun" ermöglicht darüber hinaus die einfache Bildbearbeitung über die Dreamcast-Konsole.
Die aufgezeichneten Bilder, Videos oder Audiodateien können in Verbindung mit der Dreamcast per E-Mail an Freunde versendet werden. Allerdings wurde die Größe der Bilder auf eine Auflösung von 320x240 Pixel reduziert, da sie zunächst auf die Visual Memory Unit übertragen werden mussten. Für die volle Qualität war der Platz auf den regulären Speicherkarten zu dem Zeitpunkt noch zu klein. Zumindest theoretisch wäre es zudem möglich, den Dreameye-Anschluss an der Seite der Kamera zu nutzen, um sie statt mit Konsole auch mit einem PC zu verbinden. Der Austausch von Daten mit einem Computer wäre insofern für die Zukunft der Kamera denkbar gewesen.
Doch SEGA hatte weitere Pläne mit dieser Peripherie: Videospiele, die die Fähigkeiten der Kamera einschlossen. Software-Entwicklern standen plötzlich völlig neue Möglichkeiten offen – neue Genre, neue Titel. Die Sprach- und Bilderkennung machte es möglich, den Spieler direkt ins Spiel zu integrieren. Selbst erstellte Audio- und Bilddateien würden in Spielen bis Online-Games nutzbar sein. Doch dazu kam es aufgrund des vorzeitigen Aus der Dreamcast Konsole Ende März 2001 nicht mehr. Die Dreameye Digitalkamera erschien letztendlich nur in Japan. Die bei SEGA of Europe offensichtlich unlängst eingetroffene Lieferung zum Jahreswechsel 2000/2001 kam nicht mehr in den europäischen oder auch amerikanischen Handel.
Die Möglichkeiten der Dreamcast Kamera wurden daher von Third-Party-Herstellern nicht mehr für neue Dreamcast-Spiele genutzt, ebenso wenig durch SEGA selbst. Abgeschaut hat sich das Konzept allerdings Sony, die 2003 ihre EyeToy-Kamera für PS2 veröffentlichten und damit Spielkonzepte umsetzten – dazu gehört auch SEGA mit dem hauseigenen SEGA Superstars. Das Konzept entwickelte Sony zur PlayStation-Eye für PS3 weiter und übernahm mit der eigenen Kamera insofern sogar einen Teil von SEGAs Kameranamen Dreameye, teilweise auch Dream Eye genannt. Microsoft folgte dem Konzept ebenfalls mit der Xbox Live Vision Kamera für Xbox 360 in 2006, was vier Jahre später im Xbox Kinect mündete.
SEGA beendete den Dream Eye Matching Service – den Bildtelefon-Verbindungsdienst – am 31. Januar 2003.
Bildquelle: pc.watch.impress.co.jp