Xbox 360 -- Sonic Generations

Schon oft kam aus dem Munde vom Sonic Team die Redewendung „back to the roots.“ Man möchte an die Wurzeln vom blauen Wunderigel anknüpfen und den Fans die gleiche Vielfalt bieten, die man schon in den Spielen des Mega Drives vorfand. So war es bei Sonic Unleashed und so war es auch bei Sonic the Hedgehog 4 – Episode 1. Nun mag man sich darüber streiten können, inwiefern es den Entwicklern bei den genannten Titeln gelungen ist. Aber einmal mehr versucht man nun im neusten Ableger – Sonic Generations – dieses Wunder zu vollbringen. Nachdem Unleashed und Sonic the Hedgehog 4 meist mehr schlecht, als recht, von Kritikern und Fans weltweit aufgenommen wurde, soll dieses Mal alles anders sein. Schon im Vorfeld verdeutlichten Trailer und Screenshots das neue Konzept, mit dem man Altes mit Neuem verbinden möchte, um so die Fangemeinde zu einen. Diejenigen, welche 2D bevorzugen und diejenigen, die 3D präferieren. Der Coup schien aufzugehen: Seit langem hat man wirklich eine Art Begeisterung mitbekommen und viele feierten es schon im Vorfeld als das beste Sonic-Spiel seit langem. Bekannte Stages wurden kräftig aufgemotzt, behielten ihren gewohnten Charme aber dennoch bei. Ist dies aber im fertigen Spiel nun tatsächlich der Fall? Wir werden es herausfinden, im verspäteten 20. Geburtstagsspiel vom bekanntesten Igel der Welt!
Das erste, was einem auffällt, ist die Tatsache, dass es dieses Mal zwei Igel gibt – doppelte Igelpower also! Das ist gut so. Lästige Missionen und Level, in denen man einen von Sonics vielen Freunden steuert, gibt es in Generations nicht. Stattdessen spielt man mit dem Classic Sonic aus alten MD-Tagen reinrassige 2D-Level, während man mit dem Modern Sonic im Stile von Unleashed zwischen 2D und 3D abwechselt. Doch Moment, wie kann es sein, dass zwei Sonics in einem Spiel vorkommen?
Die Geschichte, die sich durch Generations zieht, ist nicht neu oder originell, erfüllt aber ihren Zweck der Erzählung. Der sogenannte Time Eater hat Raum und Zeit in sich einverleibt, aus der Welt einen Limbo - eine existenzfreie Zone - kreiert und somit nicht nur den Sonic aus seinen ersten Jahren mitgerissen, sondern auch den neuen Sonic mit seinen Freunden verbannt. Nun liegt es an den beiden, mit Hilfe der Chaos Emeralds, alles Leben in der Welt wiederherzustellen. Beginnt man nun ein neues Abenteuer, spielt man zu allererst mit dem Classic Sonic in Act 1: Green Hill Zone. Wer mit den 2D-Plattformern groß geworden ist, wird gerade mit den Classic Acts seine Freude haben. Denn diese spielen sich fast exakt genauso. Springen, rennen, einrollen, alles in reiner, zweidimensionaler Perspektive – so wie es damals auch war. Auf Gimmicks wie etwa dem Verfolgungsangriff wurde verzichtet, sodass lediglich die Basisbewegungen übrig bleiben. Das ist zwar alles andere als neu und kann sogar fälschlicherweise als Rückschritt bewertet werden, ist dennoch ein bewährtes Konzept und gerade für Neulinge ein einfacher Eintritt ins Spiel. Ein Sprung mit [A], den Spindash mit [X] aufladen oder, wer es noch klassischer mag, mit Einrollen und dann die Sprungtaste gedrückt halten, schon hat man die Steuerung verinnerlicht und sollte problemlos die Level bewältigen können.

Da Sonic in all den Jahren so einige neue Fähigkeiten dazu gelernt hat, ist es kaum verwunderlich, dass der Modern Sonic auch dementsprechend viel mehr Aktionen in petto hat. So ist der Verfolgungsangriff wieder mit dabei, der aber zum Glück mit erneutem Betätigen der Sprungtaste ausgeführt wird und nicht, wie in Unleashed, auf einer anderen Taste ist, was damals zu einigen Sprüngen in den Tod führte. Auch das Rutschen auf der B-Taste ist wieder mit dabei, sowie die Stampf-Attacke aus der Luft heraus. Viel wichtiger ist jedoch der Boost, den man mittlerweile in jedem neuen Sonic-Spiel vorfindet. Wieder gilt: Wer mit Sonic Unleashed vertraut ist, wird keine Probleme haben. Drückt und hält man während des Laufens die X-Taste, prescht Sonic unaufhaltsam mit wahnsinniger Geschwindigkeit los und kann auf diese Weise problemlos Objekte und Gegner aus dem Weg räumen. Jedoch ist diese Fähigkeit nicht unbegrenzt verfügbar. Erst nach Einsammeln einiger Ringe füllt sich die Spannungsanzeige am unteren Bildschirmrand auf. Ist diese leer, ist auch kein Boost möglich. Je länger man allerdings die Boost-Taste drückt, umso langsamer leert sich auch dementsprechend die Anzeige, sodass man problemlos weitere Ringe sammeln kann, um die Geschwindigkeit beizubehalten. Praktischerweise werden Ringe während dieses Boosts magnetisch angezogen, weswegen man nicht ganz exakt durch die Ringe durchlaufen muss. Lediglich der Ring Dash ist etwas seltsam umgesetzt. Konnte man früher nach Belieben über allen Ringen eben diesen Ring Dash einsetzen, geht es in Generations nur an wenigen, vom Spiel vorgesehenen Stellen. Allerdings muss man sehr präzise vorgehen, wenn man keinen unnötigen Tod sterben will. Meistens endet man damit, so oft wie möglich auf die Y-Taste zu drücken, nur um zu realisieren, dass die Aktion wieder nicht gelang.
All die neuen Fähigkeiten sollte man auch einzusetzen wissen. Denn während das Tempo in den 2D-Levels mit dem Classic Sonic noch eher gemächlich und einfacher sind, wissen die Modern Stages manchmal schon zu frustrieren. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass diese wesentlich schwerer sind, aber herausfordernder wirken und manchmal kaum Zeit für Reaktionen lassen. Gerade wenn man fast ausschließlich mit dem Boost durch die Level sprintet. Wie schon in Unleashed, geht der Übergang von der zweiten in die dritte Dimension flüssig über. Modern Sonic spielt sich wesentlich temporeicher. Teilweise so schnell, dass das sehr oft zu einigen Toden führt. Die modernen Passagen sind also definitiv eher für etwas erfahrenere Spieler, die bereits mit der Steuerung und der Perspektive und den Welten vertraut sind. Und gerade die Welten sind schließlich das Wichtigste in diesem Spiel. Diese lauten wie folgt:
- Green Hill
- Chemical Plant
- Sky Sanctuary
- Speed Highway
- City Escape
- Seaside Hill
- Crisis City
- Spagonia
- Planet Wisp

Das sind neun Welten, jeweils in zwei Level aufgeteilt. Macht also 18 verschiedene Level, selbstverständlich auch mit diversen Bosskämpfen bestückt. Eine nicht unbeachtliche Menge also. Und was will man dazu sagen? Alle sehen sie absolut fantastisch aus. Besonders die Level aus Mega Drive Zeiten, die Kultlevel schlechthin, in mächtig aufgemotzter Optik wieder zu sehen, ist eine absolute Freude. Wie schon vor 20 Jahren ist es eine wahre Augenweide und egal, wie oft man die Level spielt, entdeckt man ständig neue Details, die einem vorher entgangen sind. Der gewohnte und etablierte Charme geht niemals verloren. Auch die Level aus den neuen Generationen können sich sehen lassen, man fühlt sich geradezu zurückversetzt in das jeweilige Spiel. Besonders dank der Tatsache, dass teilweise ganze Szenen und Levelabschnitte nachgebildet worden sind: beispielsweise das Hochhaus herunterrennen aus Sonic Adventure oder mit dem Snowboard die Gefälle aus City Escape runterschlittern, wie aus Sonic Adventure 2. Man merkt förmlich, dass sich die Entwickler und Grafiker sehr viel Mühe gegeben haben, die Level mit Liebe zum Detail zu bauen, damit man beim Spielen geradezu in Erinnerungen schwelgen kann.
Trotzdem, so schön sich die Szenerie auch ansehen lässt, kommt man doch manchmal nicht um das Gefühl herum, dass man das doch alles schon kennt. Als Fan der Serie kennt man die Bereiche meistens schon, hat sie in den älteren Spielen bereits gesehen und geliebt. Man mag es dem Spiel jetzt möglicherweise zu Unrecht als Kritikpunkt anlasten, denn Generations ist von Anfang an als Zeitreise in die Erinnerungen gedacht. Trotzdem vermisst man einfach etwas völlig Neues, eben etwas, dass man vorher noch nicht so gesehen hat. Natürlich sind auch in Generations alle Areale mit neuen Ideen bestückt und lassen mit Überraschungen auf sich warten. Dennoch hätte etwas komplett neues dem Spiel mit Sicherheit auch gut getan.
Doch was wäre ein gutes Sonic-Spiel ohne passende Musik? Seit jeher wissen auch die Tonkünste aus dem Hause SEGA zu begeistern. Und so ist es kaum verwunderlich, dass auch die Level mit neuinterpretierter Musik alter Klassiker begleitet wird. Während die klassischen Areale der Mega Drive-Zonen noch eher an das alte Fiepen erinnert, sind diese in späteren Levels hauptsächlich Electronic-basierend, fast schon etwas an Techno angrenzend. Modern Sonic wird dagegen meist mit härterer, rockigerer Musik begleitet. Allerdings ist nicht nur Musik aus alten Levels dabei, es gibt auch relativ viel neuaufgelegte Musik völlig anderer Spiele, von denen man nicht erwartet hätte, dass sie im neuen Spiel dabei sind. "Sonic Pinball", "Sonic R", Sonic CD, sogar aus den Mehrspieler-Level aus Sonic the Hedgehog 2 und Sonic 3 ist etwas Musik dabei. Besonders dieses Zusammenspiel aus sichtbarer und hörbarer Erinnerung macht das Spielerlebnis gerade zu einem Feuerwerk und macht wirklich sehr viel Spaß!

Aber auch abseits der Story gibt es jede Menge zu tun. Wenn man ein wenig die Oberwelt erkundet, welche auf den ersten Blick wie ein weißer Limbo erscheint, findet man aber schnell heraus, dass dies nicht der Fall ist. Über diese ganze Dimension sind die verschiedenen Level erreichbar, die wie ein Portal, bestehend aus Szenerie-Stücken der Level, aufgebaut sind. Um diese Eingänge sind noch weitere, kleine Levelabschnitte aufgebaut, die jede Menge kleinere Portale beherbergen. Dies sind die Nebenmissionen, von denen es pro Zone zehn Stück gibt, fünf für jeden Sonic. Diese Missionen könnten wohl unterschiedlicher nicht sein und wirken niemals aufgesetzt. Interessant ist, dass man nicht alle bestreiten muss, um in der Story voran zu schreiten. Lediglich eine pro Areal muss man bestehen, um weiter zu kommen. Die simplen Aufgaben reichen dabei von beispielsweise das Level in einer bestimmten Zeit gegen den anderen Sonic zu erreichen oder gegen die vielen Freunde von Sonic, die man im Verlaufe des Spiels rettet. Andere Aufgaben sind beispielsweise das Retten von Flickies aus den altbekannten Kapsel der Mega Drive Spiele, einen Level nur mit einem Ring bestehen oder auch so viele Ringe wie nur möglich zu sammeln. Für Abwechslung ist also gesorgt. Schafft man es, eine Mission erfolgreich zu bewältigen, bekommt man einige Extras zum Freischalten, sprich: Konzeptbilder, Musik, Steckbriefe von Charakteren oder neue Fertigkeiten. Dazu muss man auch sagen, dass das Erreichen der S-Ränge keine Lebensaufgabe ist. Herausfordernd sind sie allemal, aber niemals unfair oder schwer. Zudem gibt es den Vorführraum zu entdecken. Wie bereits erwähnt, kann man nach Beenden von Nebenmissionen Extras freischalten, welche man sich hier ansehen kann. Wer sich also an den Konzeptbildern erfreuen oder einfach wie früher auch stundenlang der Musik lauschen will, kann das hier gerne tun. Eine schöne Abwechslung vom hektischen Trubel des Hauptspiels ist dieser Ort allemal.
Wem das Hauptspiel aber zu schwer ist, kann sich einiger nützlicher Tricksereien bedienen. Nach jedem Levelabschluss bekommt man einige Punkte gutgeschrieben, die man im Chao-Shop ausgeben kann. Zwar ist dies nicht mehr im Stile von Unleashed gehalten, in welchem man seine Fähigkeiten ausbauen konnte. Dennoch gibt es hier einige Sachen, die den Verlauf des Spiels vereinfachen können. Dabei reichen diese von simplen Sachen wie dem sofortigen Stoppen der Figur, falls man dieses will, bis hin zu richtig interessanten Sachen wie etwa das Freischalten von Super Sonic, sobald man alle Chaos Emeralds eingesammelt hat. Allerdings hat man das Spiel wohl früher durchgespielt, bis man die richtig interessanten Sachen des Shops freigeschaltet hat, weswegen diese meistens kaum von Interesse für weiteres Durchspielen sind. Leider kann man die Fähigkeiten auch nicht in den Nebenmissionen nutzen oder im Online-Modus.
Online-Modus? Ja, auch das gibt es! Wer jetzt allerdings hofft, per Koop mit einem Freund als Sonic und Tails durch die Welt zu rasen, wird allerdings etwas enttäuscht sein. Das Einzige, was man in diesem Modus machen kann, ist, seine Bestzeiten in all den bisher freigeschalteten Zonen in einer weltweiten Rangliste hochzuladen. Das mag vielleicht lustig sein, mit Freunden um die beste Zeit zu wettern, hat jedoch im Allgemeinen keinen dauerhaften Reiz.


Ich bin mir eines endgültigen Fazits unschlüssig!
Sonic Generations ist unumstößlich ein Schritt in die richtige Richtung für das Sonic Franchise. Es macht Spaß, durch bekannte Levels zu brausen und in den Erinnerungen zu schwelgen. Doch gerade das ist der Punkt, an dem ich mich störe: Man kennt alles schon. Wie bereits gesagt, ist das kein richtiger Kritikpunkt, aber man vermisst einfach die Kreativität, die man in vergangenen Spielen immer wieder genossen hat. Es fehlt einfach etwas völlig Neues. In Sonic Generations wurde alles, was in vergangenen Spielen gestört hat, entfernt und nur das Beste vom Besten drin gelassen. Prinzipiell ist das eine gute Entscheidung der Entwickler gewesen, um ihre Fangemeinde zu einen. Jedoch ist das pure Rennen fast schon eintönig. Man vermisst einfach ein wenig die Abwechslung. Trotzdem kann ich für dieses Spiel eine Kaufempfehlung aussprechen, besonders wenn Sonic Generations irgendwann billiger im Handel erhältlich sein sollte. Ich persönlich bevorzuge nach wie vor weiterhin Sonic Unleashed.
Dennoch gilt: Wer noch ein wenig Hoffnung für den blauen Flitzer übrig hat, sollte seine negativen Erinnerungen über Bord werfen und zuschlagen. Es lohnt sich, ganz ehrlich!

Dennis Meschke