Mega Drive -- X-Men 2: Clone Wars

Wer kennt sie nicht schon aus Comics, der Zeichentrickserie oder den waschechten Hollywood Movies? Fast jeder hat den Namen "X-Men" heut schon einmal gehört. Kein Wunder also, dass man schon zu 16-Bit Zeiten auf Professor Xavier und seine Mutanten in Videospielen traf. Mit "Clone Wars" wurde der zweite Teil der legendären Serie für den Mega Drive veröffentlicht. Die Mutanten stehen ihrer bisher wohl größten Gefahr gegenüber. X-Men Kenner wissen von den Kämpfen, die beispielsweise mit Erzfeind Magneto ausgefochten werden. Doch diese Kämpfe sind nichts im Vergleich zu dem, was Xavier und seine Truppe nun erwartet.
Das Modul wird eingesteckt, die Konsole eingeschalten und schon beginnt die Action. Allerdings schneller, als einem lieb wäre. Das erste Level beginnt sofort mit dem Einschalten der Konsole, per Zufallsgenerator wird ein X-Men in das Spiel geschmissen, welcher auch sofort von gegnerischen Angreifern unter Beschuss genommen wird. Wer seinen Lieblingsmutanten haben möchte, muss daher zum Teil mehrmals auf die Reset-Taste an der Konsole drücken. Witziger (oder auch ärgerlicher) wird dies, will man im Zweispieler Modus zocken. Denn auch euer Mitspieler bekommt per Zufall einen Mutanten vor die Linse gesetzt. Natürlich kann man sich auch einfach erst einmal umbringen lassen, um dann in den Mutanten-Auswahl-Bildschirm zu gelangen, aber wer will schon gleich zum Start ein Leben verlieren?

Nach diesem etwas unglücklichen Beginn gestaltet sich das Gameplay aber jedoch gleich viel besser, als man bis eben noch erwartet hätte. Das erste Level beginnt in einer beschneiten Militäranlage. Eure Gegner sind Panzer und herumspringende Ninjas. Im Gegensatz zu späteren Stages kann hier die Steuerung der X-Men relativ gut erlernt werden. Gesprungen wird mit der C-Taste, die Taste B dient zum Angriff. Je nach gewähltem Mutanten, sieht dieser vollkommen verschieden aus. So kann mit den Händen und Füßen oder mit Waffen gekämpft werden. Cyclops - Anführer der X-Men - schlägt mit den Fäusten zu und führt einen Kick aus, sobald er zu einer Attacke aus der Luft ansetzt. Psylocke bekam von den Entwicklern ein Schwert spendiert. Gambit dagegen vertraut - wie auch in der Anime-Serie, auf seinen Kampfstab.
Was wären die X-Men aber ohne ihre erstaunlichen Mutantenkräfte? Sind in anderen Konsolenspielen die Kräfte mitunter durch Tastenkombinationen auszuführen, entschied man sich hier für eine einfache Methode. Und genau diese Entscheidung tut dem Spiel wahrlich sehr gut. Per Druck auf die A-Taste wird diese nämlich entfacht. Je nach Charakter, beispielsweise Cyclops und seine Laseraugen, kann die Mutantenkraft auch in verschiedene Richtungen gezielt werden. Den Laserstrahl könnt ihr im Ducken ausführen oder ihn gezielt in jede andere Richtung schießen. Wird der A-Knopf gedrückt gehalten, wird die Attacke sogar aufgeladen. Die Stärke hängt dabei von den eigenen HP-Werten ab. Wie im richtigen Leben (oder im richtigen Leben der X-Men), ist jede Attacke nur so stark, wie auch die Verfassung des Mutanten selbst. Dass dies genau so in das Spiel übertragen wurde, ist auch gar nicht mal übel. Zu unfairen Situationen kommt es aufgrund dieses Merkmals nicht. Aufgebaut wurde dies folgendermaßen: Die HP besteht aus einer senkrechten Leiste aus mehrerer Energielevel. Werdet ihr getroffen, nehmen diese ab. Die obersten beiden Energielevel sind golden. In genau diesem Zustand ist jeder Spezialangriff der X-Men ganz besonders stark und fügt euren Kontrahenten gewaltigen Schaden zu. Die Entwickler achteten bei diesen aufgepowerten Angriffen auch auf optisch verbesserte Merkmale.

Gambit trägt immer und überall Spielkarten mit sich. Diese lädt er durch kinetische Energie auf und wirft sie auf seine Gegner. Beim Aufprall explodieren die Karten. Wird die A-Taste kurz angetippt, wirft er eine seiner Karten. Haltet ihr den A-Knopf gedrückt, werden zwei Karten geworfen. Ist der HP-Wert im goldenen Bereich, sind es sogar drei Karten. Cyclops' Laserstrahl besitzt im Gold-Modus die doppelte Stärke, während Psylockes eigens erschaffene Spy-Klinge eine weitaus größere Reichweite besitzt. Dieser Spy-Klinge lässt Gegner in Luft auflösen. Wolverine ist ein Ausnahmefall, denn seine Mutantenkraft ist bekanntlich die schnelle Heilung von Wunden und Krankheiten. Diese Kraft wirkt vollkommen automatisch im Spiel und heilt Wolverine. Allerdings nur dann, wenn ihr wenig HP zur Verfügung habt - nämlich maximal drei HP Werte. Die A-Taste fördert daher keine Mutatenkranft zutage, sondern bietet einen mächtigen Schwungangriff mit seinen Adamantium-Klauen. Beim goldenen Modus ist dieser noch unberechenbarer als zuvor. Und Nightcrawler? Auch er ist mit von der Party und extrem beweglich. Seine geschmeidigen Moves wurden ins Spiel integriert. Attackiert er einen Gegner, kann er von diesem sofort auf den nächsten übergehen und angreifen. Seine Teleportationskünste sind im Laufe des Spiels sehr gut zu gebrauchen. Mit ein wenig Übung gelingt es einem sogar, ziemlich zielsicher an einem gewollten Punkt zu landen. Mit dieser Technik gelingt es oftmals sehr gut, gegnerischen Angriffen einfach auszuweichen. Die Reichweite der Teleportation hängt von den eigenen Energiewerten ab.
Die "Phalanx"-Aktivitäten führen die Helden nicht nur über die Militäranlage, sondern direkt in eine Sentinels-Fabrik. Um hier voran zu kommen, müsst ihr verschiedene Computer zerstören. Nur so gelingt es euch, die unterschiedlichen Türen zu öffnen, die bis zum inneren Kern der Fabrik - zum Sentinel selbst - führen. Einer der Zwischengegner des Spiels wartet hier auf euch. Habt ihr diesen erledigt, geht die Fabrik im wahrsten Sinne des Wortes in Flammen auf. Innerhalb eines Zeitlimits müsst ihr zurück bis zum Fahrstuhl, durch den ihr eben noch gekommen seid. Bloßes Umherirren bringt gar nichts. Feuerbarrieren und Explosionen müsst ihr ausweichen und rechtzeitig den Ort verlassen. Dies mag im ersten Moment schwierig klingen, ist jedoch machbar und endet keinesfalls im Chaos. Über eine Weltraumstation mit mehreren Abwehrgeschossen und fliegenden Gegnern, geht es bis hin zur Clone-Anlage selbst. Hier trefft ihr erstmals auf Magneto. Statt ihn auszuschalten, solltet ihr allerdings euren Auftrag im Hinterkopf behalten. Denn Cloning-Gefahr betrifft euch alle und nur gemeinsam kann die Welt gerettet werden. Holt den Meister des Magnetismus ins Team, um ihn bereits im nächsten Level im Kampf einzusetzen. Die Stage gleicht einer Ruine, ihr müsst Stück für Stück hinauf bis an die Spitze gelangen. Gegner kreuzen euren Weg und mehrere Sprungpassagen sind zu meistern. Das Schwierige hierbei ist: In regelmäßigen Abständen fallen größere Gesteinsbrocken vom Himmel auf euch herab. Erst wenn ihr es geschafft habt, bis ganz nach oben zu gelangen, werdet ihr dem Übeltäter entgegen treten können.

Und es ist immer Magneto, von dem wir hier sprechen. Wer wollte ihn nicht schon immer mal selbst steuern? Fans wissen, er baute schon immer vollkommen auf seine Kräfte. Auch im Spiel ist es daher nicht möglich, ihn mit den Fäusten kämpfen zu lassen. Drückt ihr die B-Taste, verschießt er Energiebälle. Das Gedrückthalten der Taste verstärkt diese nicht, allerdings ist ein wunderschöner Nebeneffekt zu sehen. Seine Hände sind in diesem Moment von magnetischen Wellen umgeben. Magneto ist einer der Mutanten, die frei fliegen können. Zwar ist dies hier nicht direkt möglich aber immerhin kann er schweben. Mit der C-Taste springt Magneto und gleitet mehr zu Boden statt zu fallen. Wird in der Luft noch die Taste A betätigt, schwebt der Mutant genau an dieser Stelle in der Luft. Erst wenn ihr die A-Taste erneut drückt, gleitet er wieder zu Boden. Habt ihr mal keine Lust zum Schweben, solltet ihr die Spezialfähigkeit nutzen. Magneto steuert, je länger die A-Taste am Boden gedrückt wird, einen funkelnden Energieball auf seine Gegner zu. Dieser lädt nach dem Loslassen der Taste noch kurz und explodiert. Alle Widersacher und zerstörbaren Gegenstände im Umkreis werden getroffen. Selbst durch Mauern hindurch kann dieser Angriff genutzt werden, was in vielen Situationen eine Menge HP retten kann. Die eigenen HP-Lebenspunkte können bei Bedarf übrigens durch DNA-Molekül-Symbole zurückgewonnen werden. Je nach Größe DNA-Items gibt es entweder einen oder mehrere Energiepunkte. Auch die gesamte HP-Leiste wird mitunter hergestellt.
Der Höhepunkt des Spiels wird erreicht, indem die Entwickler genau das in das Game integrieren, was der Titel "Clone Wars" selbst beinhaltet. Jeder kann selbst herausfinden, was das zu bedeuten hat. Wie in den vorangegangenen Levels zeigen auch die letzten Abschnitte sehr genau, was grafisch alles möglich ist. Kleinigkeiten, wie die funkelnden und blitzenden Hände Magneto's, die Explosionen in der Sentinel-Fabrik oder die Spezialfähigkeiten der X-Men sehen einfach nur super aus. Auch die Stages unterscheiden sich von Ebene zu Ebene und sind ziemlich abwechslungsreich gestaltet. Soundmäßig wurde dies recht ordentlich untermalt. Die einzelnen Geräusche der Spezial-Attacken klingen richtig fein, wobei die Hintergrundmusik nicht unbedingt der Ohrwurm ist. Wurde X-Men 2 längere Zeit nicht gespielt, erinnert man sich kein Stück mehr an den Sound. Allerdings erinnert man sich auch an keine negativen Aspekte, sprich die Soundtracks nerven nicht. Was aber nervt ist die Tatsache, dass es die Entwickler nicht geschafft haben, alle X-Men in das Spiel zu integrieren. So fehlen nicht nur Rogue, Jean oder Morph, sondern auch die stellvertretende Anführerin der Truppe: Storm! Sehr gerne hätte ich besonders ihre Kräfte über die Naturgewalten im Spiel begrüßt. Dass Magneto und Beast mit von der Party sind, ist dagegen aber wieder äußerst positiv. Denn das, was man von den X-Men in das Spiel einbaute, wurde auf eine bemerkenswerte Art und Weise getan. So haften Beast und Psylocke an Wänden, wogegen Nightcrawler aber auch Wolverine mit seinen Klauen an diesen entlang klettern kann. Aufgrund all der verschiedenen Eigenschaften der X-Men, von Sprungkraft, Bodenkicks, Teleportation und Klettern bis hin zu den Laserstrahlen und Schockwellen ist nicht jedes Level gleich einfach und kann mit jedem Mutanten besser oder schlechter gelöst werden.


Wer X-Men Fan ist, kann hier auf alle Fälle zugreifen. Trotz des vollkommen verpatzten Anfangs des Spiels, wird uns hier ein beinahe perfektes Spiel rund um die Fähigkeiten der Truppe geboten. Jeder Mutant, der integriert wurde, zeigt ganz nach Comic und Serie, was er zu bieten hat. Viele X-Men finden Eintritt in "Clone Wars", aber leider fehlen auch ein paar wichtige Member der Xavier-Truppe. Natürlich hätte man auch Professor X noch besser integrieren können, anstatt nur in ein paar englischen Sätzen zwischen den einzelnen Stages. Denn die Geschichte zwischen den Stages basiert nur auf langweiliges Cerebro-Gelaber. Hier fehlen eindeutig passende Zwischensequenzen und eine spielerische Untermalung der Clone Wars Geschichte. Entschädigt wird man dafür mit dem wunderbaren Gameplay. Dass Magneto spielbar ist, wirkt sich zusätzlich sehr positiv auf X-Men 2: Clone Wars aus. Es macht einfach nur Spaß, die vielen verschiedenen Fähigkeiten der Helden zu nutzen. Dabei ist das Spiel auch nicht zu leicht geraten, sondern bietet einen anständigen Schwierigkeitsgrad. Im Zweispieler Modus bringt dies noch mehr Fun. Alles in allem ein grandioses Spiel mit spannendem Ende - auch ohne Storm und Co., die mir durchaus wahnsinnig fehlen.

Ronny Wecke