Schicke Verbesserungen
oder langweilige Umsetzung?

Ein knappes Jahr ist seit der Veröffentlichung von Virtua Tennis 4 für die Heimkonsolen vergangen. Zum Release von Sonys neuem Handheld, der PS Vita, setzt SEGA das hauseigene Virtua Tennis der originalen japanischen Macher als „Virtua Tennis 4: World Tour Edition“ um. Das bedeutet zunächst, konkurrenzlos auf der neuen Plattform zu sein und jede Menge Zeit für Verbesserungen, die man auf Xbox 360 und PS3 noch anprangerte. Da stellt sich doch die Frage, ob und was SEGA in letzten Monaten anstellte, um das aktuelle große Virtua Tennis Spiel zum Release der PS Vita in Hochform zu bringen!?

Zunächst fällt auf, dass der eigentliche Untertitel „World Tour Edition“, wie er auch auf der Verpackung zu sehen ist, im eigentlich Spiel nicht das Logo ziert. Inwiefern also wurde das Spiel hier einfach nur umgesetzt oder wofür steht der Name „World Tour Edition“ eigentlich? Fest steht schon bald, der Zusatz bedeutet rein gar nichts. Der große World Tour Modus wurde fast 1:1 von der Heimfassung portiert und bietet kaum Neuerungen. Aber eben nur fast! Die erste Neuheit, die das Herzstück des Ports bereit hält, ist die Charaktererstellung via Foto. Ihr knipst zunächst ein Bild von eurem eigenen Gesicht, das ihr nun als Grafik auf euren männlichen oder weiblichen Charakter klebt und hierzu möglichst Hautfarbe und alles weitere anpasst. Wahrscheinlich sind hier mehrere Versuche nötig, da die Kamera natürlich nicht unterscheiden kann, ob sich nur euer Gesicht auf dem Foto befindet oder auch schon Haare bspw. über die Stirn hängen. Spieler mit längeren Haaren dürfen sich diese also vorher aus dem Gesicht kämmen oder haben unabhängig von den einstellbaren Frisuren im Spiel nun irgendwelche seltsamen Streifen im Gesicht kleben. Von Brillen, Piercings oder Tattoos möchte ich an dieser Stelle gar nicht erst debattieren, obwohl vor allem letzteres sicher sehr interessant wären. Geändert hat sich ansonsten nichts. Somit gibt es keine nennenswerten Verbesserungen zur Charaktererstellung mittels zum Beispiel selbst einstellbarer Farbschemen. Ist euer Charakter erstellt, geht es auf in das erste Gebiet China/ Japan als Saison 1. Das Brettspielsystem wurde 1:1 portiert, sodass euch abermals Spencer Heath als Berater und Trainer zur Seite steht – und zwar über alle vier Saisonabschnitte hinweg. Den ersten Abschnitt beendet ihr in Australien innerhalb eines Finalturniers, für das ihr euch möglichst qualifizieren solltet. Dies geschieht über das Sammeln von Sternen, die ihr durch kleinere Matches, Sonderspiele, Turniere und Öffentlichkeitsarbeit verdient.

Wichtig zum Voranschreiten auf der als Spielbrett angelegten World Tour sind so genannte Aktionstickets. Damit bewegt ihr euch stets vorwärts, niemals jedoch wieder zurück. Es gibt leere Felder, auf denen nichts passiert sowie Felder, auf denen entsprechende Aktionen wie eben Turniere und Co. starten. Auf negativen Feldern, die mit einem roten Pfeil belegt sind, könnt ihr euch verletzten, verliert Sterne oder Geld, was ihr euch in Matches verdient. Eure Zufallsaktionstickets sind also ausschlaggebend für euren weiteren Weg in der World Tour. Sie werden euch am rechten oberen Bildschirmrand angezeigt. In der Regel verfügt ihr hier über Karten von zwei, drei oder vier Feldern. Es liegt an euch, diese Karten bzw. Aktionstickets einzusetzen, damit ihr die Felder auf dem Spielbrett so betretet, um wichtige Punkte zu erreichen oder zumindest solche, die ihr als wichtig erachtet. Schließlich müsst ihr Sterne verdienen, um euch für Spezialturniere zu qualifizieren, in denen ihr weitere Sterne und Geld erhaltet. Alle Sterne werden auf eurem Konto addiert und euch über alle vier Seasons angerechnet. Denn auch in den folgenden Saison-Abschnitten gibt es Turniere, die nur mit einem speziellen Sternenwert für euch offen stehen. Hinkt ihr also einmal hinterher und achtet nicht darauf, zieht sich diese „Fahrlässigkeit“ möglicherweise über die gesamte Tour hin und ihr könnt an praktisch keinem der angebotenen Extra-Turniere mehr teilnehmen – wenn ihr Pech habt. Durch die Sterne verbessert sich allerdings euer Rang in der großen Liste der Tennisstars und ihr erhaltet verschiedene Titel wie „berühmt“, ambitioniert“, „Tennisstar“ und mehr. Je mehr Sterne ihr einsackt, desto besser ist es also. Schließlich könnt ihr euch einen Platz im SPT Finale erspielen, sofern ihr den höchsten Titel, der bis dato zumindest sichtbar ist, erhaltet. Danach werden euch weitere Titel zuteil, sofern ihr - wie sollte es auch anders sein - genug Sterne ergattert. Doch natürlich sind Sterne nicht alles in VT4. Vor allem die Minispiele integrierten die Entwickler erneut, um euren Charakter ordentlich zu trainieren und seine Stärken aufzubauen und zu fördern. Einige bekannte Ideen sind hier wieder mit dabei wie das Aufschlagkegeln. Insgesamt sorgen zehn verschiedene Minispiele - darunter ein Bombenmatch, Eiersammeln, Poker oder Wandmatch - für viel Abwechslung und Spielspaß. Jeder dieser Spiele beginnt im Level 1, wobei ihr durch mehrmaliges Spielen höhere Levels - insgesamt sechs - freischaltet. Konkret lernt ihr hier besseres Zielen, Laufen und andere Reaktionsfähigkeiten spielerisch. Ist ein Minispiel nach Ablauf der Zeit beendet, erhöhen sich die Werte Schlagfähigkeiten, Abwehrfähigkeiten, Taktikfähigkeiten und Netzspielfähigkeiten. Ganz wichtig ist aber auch das Konditionslevel, das sich bis auf 20 erhöhen lässt. Nach Turnieren, Übungsmatches, Minispielen oder der Öffentlichkeitsarbeit verliert ihr stets etwas an Energie innerhalb eurer Konditionsleiste. Ist diese zu klein, geratet ihr recht schnell in den roten Bereich, was zu Verletzungen oder Handicaps in Matches führt und euch möglicherweise wertvolle Siege kostet. Die anderen Fähigkeiten dagegen erhöhen sich mit dem Spielen von Minigames bis auf maximal Level 60 und schalten verschiedene Stile frei, wie starke Rückhand, verschiedene Schläge, schneller Läufer und mehr. Diese könnt ihr nach dem Freischalten gegen Geld kaufen und eurem Charakter als Stil zuweisen.

Doch zurück zum Spielbrettprinzip: Nach jedem Zug auf diesem gelangt ihr kurz in das Standardmenü, in dem ihr die restlichen Tage bis zum großen Saison Cup seht. Aber auch wie viele Sterne ihr für wichtige Extra-Turniere noch benötigt. Auf der Brettspielkarte werden diese Spezialturniere ebenfalls besonders pompös in Form eines Stadions, Schiffes etc. dargestellt und liegen auf dem direkten Weg zum eigentlichen großen Cup. Habt ihr bis dahin nicht genug Sterne, könnt ihr nicht daran teilnehmen und somit keine weiteren Sterne oder Stadien für die Showmatches freischalten. Des Öfteren könnt ihr zudem entscheiden, ob ihr kleinere Umwege an Weggabelungen nehmt, um zum Beispiel einigen weiteren Matches beizuwohnen oder viel lieber Minispiele zu absolvieren. Für jeden Schritt benötigt ihr eure Aktionskarten. Leidet ihr unter einer niedrigen Kondition, könnt ihr diese auf grünen Erholungsfeldern auffrischen oder durch spezielle Tickets. Diese kosten allerdings Geld und sind nur im Managerbüro zu erwerben. Das heißt wiederum, ihr müsst euch zunächst auf eines der Managerbürofelder bewegen, um ein solches Ticket überhaupt kaufen zu können. Hier gibt es zudem auch Mischtickets, um eure noch übrigen Tickets neu zu beziffern und damit gegebenenfalls andere Schritte auf dem VT-Brettspiel machen zu können. Kaufen könnt ihr im Managerbüro auch eine 1-Schritt-Karte oder ihr stellt einen Agenten ein. Der Agent ist für eine Woche aktiv und erhöht innerhalb seiner Dienstzeit eure neu verdienten Sterne. Allerdings könnt ihr immer nur eine Sache pro Besuch des Managerbüros kaufen, danach landet ihr wieder auf dem Spielbrett und müsst euren Weg fortsetzen. Benötigt ihr also dringend zwei Dinge zur gleichen Zeit, wie zum Beispiel eine spezielle Feldkarte und eine Erholungskarte, könnt ihr euch nur für eine Sache entscheiden und müsst wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Die PS Vita Version bietet darüber hinaus noch eine kleine aber sicher nicht unbedeutende Neuheit auf dem Feld: ein Spezial-Managerbüro! Hier könnt ihr euch Spezialkarten wie eine Trainingskarte oder eine Agentenkarte für wahnsinnig viel verdientes Geld kaufen. Letztere stellt einen normalen Agenten ein, wann immer ihr ihn benötigt, während die Trainingskarte ebenfalls eure Kondition auffrischt und zudem um einen Level erhöht. Pro Ticketeinsatz auf dem Spielfeld verfliegt allerdings stets ein Tag. Da ihr bis Saison-Ende und damit zum großen Cup nur eine begrenzte Anzahl an Tagen und damit Züge habt, ist Beeilung angesagt.

Einigen Virtua Tennis Spielern dürfte die neue Form der World Tour seit VT3 gefallen. Andere Spieler wiederum werden damit nicht warm. Denn SEGA nimmt dem Spieler mit der Spielbrett- World-Tour jedwede Entscheidungsfreiheit. Das ist der große Wermutstropfen, den Virtua Tennis Fans hier zu verdauen haben. Ihr seid aufgrund des ständigen Ticketeinsatzes und des engen Zeitlimits (verbleibende Tage) eingeschränkt in eurem Handeln und könnt nicht dem nachgehen, was ihr gern nach Lust und Laune tun möchtet. Sprich: zu jeder Zeit Minispiele absolvieren oder Turniere bewältigen wann immer sie anstehen und ihr dafür auch Lust habt, um euch danach wieder dem Training hinzugeben oder zwischendurch eine Einladung eines Tennisstars anzunehmen. Das ist in VT4 Vergangenheit. SEGA legte auch in der PS Vita Version keinen Wert darauf, dies zu verändern! Hier geht es strikt nach Plan. So meldet sich zwischendurch immer wieder euer Trainer mit Hinweisen zu Wort oder euer Rivale spornt euch zu mehr Tatendrang an. Stars wollen derweil ein Übungsmatch mit euch. Oder sie suchen einen neuen Partner, sodass ihr möglichst schnell gegen sie antreten solltet, um sie für Doppelmatches und Doppelturniere einsetzen zu können. Zudem nervt euch ein Fan, der euren Charakter von der ersten Minute an verfolgt. Er lässt euch Nachrichten von weiteren Fans zukommen, gründet einen inoffiziellen Club und mehr. Kurz gesagt: Ihr werdet ununterbrochen mit irgendwelchen Nachrichten bombardiert, die man erstens niemals wissen wollte und zweitens irgendwann nur noch gelangweilt weg klickt. Da gibt man sich viel lieber der Öffentlichkeitsarbeit in Form der gelben Felder hin und gibt Interviews bzw. vergibt Spenden für wohltätige Zwecke. Als Gegenleistung gibt’s abermals Sterne. Doch wie ihr Sterne verdient, können sie euch auch wieder genommen werden, sofern ihr nicht rechtzeitig am Final-Cup ankommt. Pro Tag/Zug müsst ihr dann nämlich einen fiesen Abzug hinnehmen. 

Worauf also innerhalb der World Tour konzentrieren? Sind es die Sterne? Pünktlich am Ziel erscheinen? Fähigkeiten ausbauen und Kondition erhöhen? Eigentlich liegt es an euch. Denn die World Tour mit allem abschließen, das ist so ziemlich unmöglich. Alles gleichzeitig absolvieren könnt ihr nur im Maßen. Denn ihr benötigt eine recht gute Kondition auch für Turniere, sodass diese nicht nicht sogleich im roten Bereich landen sollte und ihr diverse Matches verliert. Aber auch Sterne sind für hohe Ränge und der Freigabe für das SPT-Finale notwendig. Charakterwerte voll aufleveln und Kompletteinkäufe im so genannten Ausrüstungskatalog sind ohnehin nicht mit einem Durchlauf möglich. Insgesamt fällt der World Tour Modus aber recht kurz aus und ist quasi an einem Tag durchzuspielen. Danach könnt ihr diesen von vorn beginnen, abzüglich eurer verdienten Sterne und der Kondition. All eure Charakterwerte und Einkäufe bleiben allerdings erhalten, einschließlich eurer bis dato erreichten Wertung in der Gesamtliste. So könnt ihr stets neu beginnen, eure Fertigkeiten bis auf Level 60 durch Minispiele aufbauen und damit neue Tennisstile kaufen oder euer bislang verdientes Geld für neue T-Shirts, Schuhe, Schläger und mehr ausgeben. Denn die spielt ihr im Katalog zunächst als sichtbar und damit erhältlich frei. Prima ist, dass die Vita-Version neue Klamotten und Gegenstände sofort in einem kleinen Fenster vorstellt und ihr nicht erst ins Menü rennen und dort nachschauen müsst, was ihr nun eben erhalten habt und kaufen könnt. Schafft ihr es ins große SPT-Finale,  wartet noch ein größeres Turnier gegen echte Stars auf mit dem Kontrahenten "King" persönlich! 

Wie es sich für Virtus Tennis gehört, bietet das Spiel neben der World Tour natürlich den Arcade-Modus, in dem ihr euch beweisen könnt. Hier könnt ihr euch für euren eigenen Charakter oder aber für einen der vielen realen Tennisstars entscheiden. Mit dabei sind aktuelle Größen und auch diverse Legenden wie Federer, Kohlschreiber, Haas, Sharapova, Chakvetadze oder die ebenfalls auf Vita portierten Bonuscharaktere Becker, Edberg, Courier und Rafter. Habt ihr sie einmal im Match besiegt, könnt ihr zudem die beiden VT-Spitzenspieler Duke und King auswählen, die im Arcade-Modus in einem Sondermatch auf euch warten - sofern ihr euch gut genug gegen vier zuvor angetretene Stars behaupten konntet. Allerdings müsst ihr King auch im Arcade-Modus bezwingen. Ein Sieg in der World Tour bringt euch hier leider absolut gar nichts. 

Spielerisch geht Virtua Tennis den Weg weiter wie gewohnt. Sehr arcadisch präsentiert sich das Gameplay und ist damit weit entfernt von einer Tennis Simulation, wie sie 2K Games mit der „Top Spin“-Serie präsentiert. Ihr könnt die Aktionstaste gedrückt halten und der Charakter nimmt den Filz ganz von alleine an. Mit Slices, Top Spins und Lobs könnt ihr so verschiedene Bälle über das Netz ins gegnerische Feld werfen und den Analogstick nutzen, um zielgerichtet in die Ecken zu filzen. Stoppbälle sollen euch helfen, die Gegner hinter der Grundlinie nach vorn zu holen bzw. durch solche Strategien auch Punkte einzufahren. Vor allem die Stoppbälle scheint man in der Vita-Version überarbeitet zu haben. Denn anders als auf der Heimkonsole funktioniert die Technik hier auch recht gut je nach Platz, auf dem man spielt. Schließlich bieten Rasen, Halle und mehr verschiedene Untergründe, wodurch ein Ball stärker oder schwächer abprallt und in die Höhe springt. Dadurch verbessert sich das Gameplay noch einmal um Längen, da nun verschiedene Taktiken anwendbar sind. Bälle im Lauf und vor allem im Hechten sind ebenfalls weitaus seltener als noch beim Vorgänger Virtua Tennis 3. Man könnte auch sagen, der Hechtsprung wurde ziemlich entschärft, was viele Spieler positiv aufnehmen dürften. Wird gehechtet, benötigt der Spieler im Vergleich zur Heimversion auch nicht mehr ganz so viel Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen. So besteht nach wie vor die Chance, den Folgeball in gleichen Situationen (verglichen mit PS3) noch zu ergattern und womöglich einen Punkt zu machen. Gerade in härteren Matches fördert das den Spielspaß. Denn der vierte Teil der Serie spielt sich auch auf der Vita sehr geschmeidig. Die Mischung aus Slices, Top Spins, Lobs und Stoppbällen sowie die Abwägung der Tennisstile machen sich durchaus bemerkbar. Je nach Stil füllt ihr zudem eine in VT4 neue Anzeige langsam auf, die euch einen Spezialschlag ermöglicht. Mittels Kreistaste entfacht ihr diesen Superschlag, der in Slowmotion mit Kameraschwenks eingeläutet wird und danach straff über das Netz segelt. Dies ist sehr schön anzuschauen. In all den Spielrunden lagen die Erfolge eines Punktes hierbei bei etwa 50:50. Oft läuteten sie aber einen anschließenden Punkt ein. Die Idee des Superschlages wirkt erfrischend auf das Gameplay und passt in ein Virtua Tennis recht gut hinein. Insgesamt spielt sich Virtua Tennis 4 richtig gut und sogar besser, als auf der Heimkonsole PS3. Man kommt sehr schnell ins Spiel herein, kontert harte Angriffe aus, schlägt selbst entsprechende Bälle übers Netz und hat viele Stunden Spielspaß. Prima ist außerdem, dass Bälle durchaus mal ins Aus fliegen, im Netz hängen bleiben oder der Charakter einen der Bälle nicht mehr schlagen kann aber zumindest noch berührt. In dem Fall springt der Filz meist ins Aus. Dies macht das Spiel umso realistischer. Denn derartige Fehler, Patzer und mehr gehören zu einem guten Tennisspiel einfach dazu. Die geschmeidigen Bewegungen der Spieler und wie sie aus perfektem oder eben schlechtem Stand heraus Bälle annehmen und zurückschlagen, wurde sehr gut umgesetzt. 

Neben dem World Tour Modus, den Minispielen oder dem Show Match im Einzel und Doppel integriert SEGA noch ganz spezielle VT-APPS, die die Funktionen der Vita optimal ausnutzen sollen. Das Minispiel „Schaukelschiff“ wird am besten völlig normal über die Aktionstasten der Vita gespielt, während Neigungen des Handhelds das Schiff drehen, sodass man die daran befindlichen Zielscheiben besser treffen kann. Dies ist eines der Spiele unter dem Menüpunkt der VT-APPS. Das Touch VS Spiel kann dagegen von zwei Spielern gespielt werden und funktioniert quasi wie Ping Pong. Der Touchscreen dient zum Schuss, die Analogsticks können für die Bewegungen des Charakters genutzt werden. Wirklich spannend ist dieses Minispiel jedoch nicht und eher ein kurzer Drei-Minuten-Zeitvertreib; nicht mehr und nicht weniger. Mit der VT-Kamera kann dagegen in Augmented Reality Manier ein Foto von den Tennisstars im normalen Raum geknipst werden. Am interessantesten ist noch immer das VR-Match, in dem die Bewegungssteuerung der Vita den Blickwinkel des Tennisstars in der Ego-Perspektive steuert. Hier erlebt man das Spiel aus der Sicht des Charakters. Warum dies nicht als grundlegende Steuerung des gesamten Spiels optional integriert wurde, ist unverständlich. Dies hätte weitaus mehr Sinn gemacht, als die allgemeine Steuerung via Touchscreen. Hier kann der Charakter entweder mittels Stick oder Touchscreen gesteuert werden, ebenso die Schläge des Balles. Allerdings empfand ich die Touchscreen Steuerung als ungenau. Der eigene Charakter lief durch die Berührungen oft automatisch immer weiter Richtung Netz. Konkret den Filz in eine Ecke schießen war mir auch meist unmöglich. Das Lenken des Balles auf dem Touchscreen in eine Richtung wollte mittels dem Tipp- und Ziehverfahren einfach nicht zu 100 Prozent genau funktionieren und ließ mich schnell wieder auf die bewährte Tastensteuerung zurückgreifen. Das Rückseitenpad der Vita ist, anders als der Touchscreen, in den Optionen abgeschaltet. Schaltet man diesen ein, reagieren auch Berührungen und markieren diverse Punkte auf dem Platz. Erklärt wurde mir die Funktion im Spiel nicht und wirklich herausgefunden, wie diese einzusetzen ist, habe ich auch nicht. Denn der Punkt, den man bspw. auf dem gegnerischen Feld markieren kann, wird weder anvisiert noch werden Schläge durch die Rückseite eingeläutet. Somit hat sich mir die Bedeutung der Touchpad-Steuerung auf der Rückseite zu keiner Zeit erschlossen. 

Neben den neuen VT-APPS ist der Vita-Version auch der Netzwerkmodus erhalten geblieben. Online könnt ihr mit eurem eigenen Spieler antreten oder aber mit einem der realen Tennisspieler. Ihr beginnt im Rang G, dessen Wert noch in diversen Unterkategorien mittels Ziffern aufgeteilt ist. Spielt ihr Ranglistenspiele und könnt hier als Sieger hervorgehen, erhöht sich eure Erfahrung. Ihr erhaltet EXP und steigt dadurch langsam im Rang auf. Die Wartezeiten werden mit dem Arcade Modus verkürzt, in denen ein neuer Herausforderer eintritt, sobald er verfügbar ist  – der nächste Ranglistenspieler also. Aber das ist auch alles, was der Online Modus zu bieten hat. Denn außer Ranglistenspiele gibt es kaum etwas zu sehen. Lediglich das Clubhaus, das innerhalb der Mitspielersuche angelegt werden kann, bietet einfache Matches, Doppel und Minispiele. Auch innerhalb der Vita-Version hat sich an den Verbindungsproblemen innerhalb der Spieltests nichts getan. Fast immer liefen Matches ruckelnd ab. Eine Zeitverzögerung bei der Eingabe sowie kurze Aussetzer und Stockungen während des Gameplays störten den Spielfluss gewaltig. Lediglich das erste Testmatch der Vita lief perfekt und machte äußerst viel Spaß. Sämtliche weiteren Testspiele zu unterschiedlichen Zeiten an verschiedenen Tagen bereiteten mehr oder weniger starke Probleme, weswegen man sich eher schnell aus dem Online-Modus verabschiedet. Schaut man sich hier nach einem Match das Profil seines Gegenübers an, werden zudem weitere Apps des Vita-Systems geöffnet und man selbst fliegt kurz darauf aufgrund des Stand-by aus dem Online-Modus heraus. So sollte es sicher auch nicht sein. Viel Spaß brachte der Online Modus daher nicht, zumal man durch solche Störungen selbst in eigentlich noch recht gut spielbaren Matches stets gehandicapt ist und seine vielleicht mühselig gewonnen SPT-Punkte schneller wieder los ist, als man es sich wünscht. SEGA hat also auch auf der Vita Nachholbedarf, den man mit der Umsetzung auf den Handheld hätte bereinigen können. Wer auch ohne Online-Modus gegen andere Spieler antreten will, erstellt stattdessen ein Ad-Hoc-Clubhaus oder tritt diesem bei.

Schick geworden ist dagegen die optische Umsetzung auf den Handheld. Die Charaktere sehen klasse aus. Ebenso die Plätze, auf denen abermals Spuren durch die Charaktere und der aufschlagenden Bälle entstehen. Auf dem Vita-Screen sieht Virtua Tennis 4 regelrecht brillant aus. Die Charaktere bewegen sich geschmeidig und führen auch geschmeidige Bewegungen aus. Wie in der Heimversion bemängelt, hätte es aber dennoch mehr Detailverliebtheit geben können. Die Platzauswahl ist dieselbe, wenn man vom neuen Vintage Platz im grün-schimmernden Retro-Look absieht. Flimmernde Streifen wie in einer TV-Übertragung gibt es hier inklusive. Nur die Farbgebung ist etwas unpassend, da sie sich sehr mit dem gelben Tennisball vermischt und man so schon ziemlich genau beim Spielen hinschauen muss. Mehr Platzauswahl wäre insgesamt wünschenswert gewesen, auch wenn es Ansätze von Tennissplätzen, die nicht dem normalen Stadiongeschehen wie ein Ei dem anderen ähneln, gibt. So ist eine Seite durchaus mal schattig, was beim Seitenwechsel gleich optische Veränderungen herbeiführt. Die Vielfalt an Plätzen mit bewegten Schatten in Natur, in Abendsonne und mehr – wie es ein „Top Spin“ von 2K Sports schon unlängst vormachte – vermisst man im SEGA Titel allerdings nach wie vor. In längeren Matches steht der Schweiß im Gesicht der Spieler. Einerseits völlig richtig und korrekt, doch sollte dies auch schön anzuschauen sein. Denn das tut es in Virtua Tennis 4 nicht unbedingt. Da hängen schon einmal die Kügelchen im Gesicht und bewegen sich keinen Zentimeter. Die Klamotten sind davon sowieso nicht betroffen und glänzen, wie frisch aus der Wäsche gezogen. Das mögen Kleinigkeiten an Realismus sein. Doch auch in einem Arcade-Spiel sollte man solche grafischen Raffinessen doch mittlerweile erwarten können. Der Sound dagegen ist nett: Der Kommentator zählt die jeweiligen Punkte und mehr im Match auf. Insgesamt ist alles recht stimmig. Auch hier bemerkt man allerdings, dass in verschiedenen Ortschaften der Welt, bspw. Frankreich, Ägypten etc. nicht die Landessprache im Stadion vorherrscht wie es bspw. auch ein „Top Spin“ des Konkurrenten 2K Sports vormacht. Der Soundtrack innerhalb der Minispiele erinnerte mich sogar an einen Track aus Sonic the Hedgehog. 

Richtig klasse ist: SEGA hat die Ladezeiten optimiert. Alles geht schneller und flotter zur Sache. Nicht nur die Ladepausen zwischen den Matches wurden verringert, sondern auch im Ausrüstungskatalog klickt man sich so noch ein Stückchen schneller durch – auch wenn man sich dort nach wie vor zig Mal umziehen muss, ehe man eine Anprobe auch kaufen darf. Die störenden Matchball-Sequenzen können nun endlich weggeklickt werden. Klasse! Die Replays stechen dagegen abermals heraus und verdienen großes Lob in ihrer Umsetzung.

Virtua Tennis 4 ist eine fast 1:1 Umsetzung der großen Konsolenversion – nun jedoch für unterwegs. Da darf man sich fragen, ob sich die Handheld-Version denn überhaupt noch lohnt. Ich finde schon! Denn einige Verbesserungen gibt es durchaus in der so genannten World Tour Edition. Zwar ist der neue Name völlig fehl am Platz (und abgesehen von der Verpackung auch gar nicht im Logo des Spiels integriert), jedoch macht alles auf der Vita weitaus mehr Spaß. So hatte ich zumindest mehr Fun auf dem Handheld. Denn die Matches spielten sich einfach flotter, schneller, rasanter und besser. Ich kann mir selbst kaum erklären weshalb. Ich wechselte immer wieder zur PS3-Version und wieder zurück, spielte verschiedene Matches, sowie die World-Tour gleich mehrfach. Und ich kam immer wieder auf das gleiche Ergebnis: Auf der Vita spielt es sich einfach flotter. Allein die Schnelligkeit des Ballfluges und die damit begründete „Action“ im Gameplay waren hier einfach stets der PS3-Version überlegen. Die kürzeren Ladezeiten geben ihr Übriges hinzu, sodass VT4 auf der PS Vita einfach das technisch ‚sauberere‘ Spiel ist.

Nur im Online-Modus schwächelt es ebenfalls hinsichtlich der technischen Aspekte: ruckeln, stottern, verzögerte Aktionen bis hin zu kurzen Stockungen. So machten die meisten Testspiele kaum Spaß. Schließlich ist man so stets im Nachteil. Die einzigartigen Vita-Funktionen hätten ebenfalls besser Einsatz finden können. Vor allem der VR-Modus - aus der Sicht des Charakters spielen und den Vita-Bildschirm als Kopf und Augen nutzen - hätte ich mir nicht nur als kleine Vita-App für zwischendurch gewünscht. Mit der Touchscreen-Steuerung kam ich persönlich kaum klar, da die Bälle bzw. die Flugrichtungen, wie ich sie haben wollte, nie so reagierten wie sie sollten. Letztendlich blieb ich also bei der normalen Aktionstasten-Steuerung. Und diese ist mit den Analogsticks der Vita echt sauber! Meines Erachtens sogar noch besser und genauer, als mit dem PS3-Pad. Zwar empfinde ich auch hier das Brettspiel des World Tour Modus nicht unbedingt als die beste Idee, macht aber auf der Vita dennoch Spaß. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Virtua Tennis 4: World Tour Edition momentan auf der PS Vita konkurrenzlos ist oder auf einem Handheld einfach anders wirkt, als auf einer Heimkonsole. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass SEGA den Schwierigkeitsgrad besser anpasste. Wähle ich nämlich ‚leicht‘, dann verändert sich dieser auch nicht von einem Match auf das nächste von ‚mach ich im Schlaf‘ auf ‚bockschwer‘, sondern bleibt angemessen. Wähle ich als Spieler ‚normal‘, hat die CPU eben auch mehr drauf bzw. fordert mich auf ‚schwer‘. Das macht alles runder und ausgeglichener für jedermann, wodurch auch Anfänger der Serie durchaus vom ‚Lernstadium‘ zum ‚Profi‘ aufsteigen können. Das ist unheimlich gut und ebenfalls eine klare Verbesserung gegenüber den Heimversionen. Insgesamt muss natürlich jeder für sich entscheiden, was er lieber hat. Arcade-Gameplay bietet VT4 in jedem Fall durch und durch und das auf der Vita meines Erachtens am besten. 


Ist nun auch unterwegs am Ball:
Ronny Wecke

Virtua Tennis 4: World Tour Edition

Virtua Tennis 4: World Tour Edition