Nachdem Virtua Fighter 4 nicht mehr für Dreamcast, sondern auf Sonys PlayStation 2 wanderte, schickt SEGA nun die aufgemotzte Version an den Start. Verbesserte Grafik, ein überarbeiteter Übungsmodus, schönere Stages, der implementierte Quest-Modus und zwei neue Charaktere sollen den Evolution Teil noch ein ganzen Stück besser machen – und das erneut exklusiv auf der PS2. Als ich die neue Scheibe in die Konsole warf und zwischen dem 50 und dem 60 Hz Modus wählen durfte, überkam mich aber zuerst eine kleine Enttäuschung. Denn gab es beim Vorgänger noch ein richtig geiles Intro mit fetziger Musik, fehlt in den beiden neuen Intros nun zum einen der Gesang und zum anderen die Kampfvorschau. Diese wurde durch die Vorstellung der Charaktere selbst ersetzt. Doch da ein meiner Meinung nach schlechteres Intro noch kein Spiel ausmacht, schauen wir uns SEGAs aufpoliertes Vorzeige-Beat 'em Up mal genauer an.

Nach wie vor solltet ihr euren Lieblingscharakter so perfekt wie möglich beherrschen, um in den zahlreichen Kämpfen als Sieger hervorzugehen. Der verbesserte Trainings-Modus schafft hier Abhilfe und kommt gleich in drei unterschiedlichen Varianten daher. Im „Command“ drückt ihr entsprechende Befehle nach und verbessert und trainiert so eure Grundfertigkeiten und Combos. Im Bereich „Free“ könnt ihr diese dann ganz beliebig ausprobieren und verbessern. Die gesamte Bandbreite an Moves trainiert ihr dann im Modus „Trial“. Während das hier zu findende Tutorial eher für Anfänger gedacht ist, verbessert ihr Angriffsserien und mittlere Combos im „Tactics Advice“. Im „Challange“ trainiert ihr zu guter Letzt ausgefeilte Kampftechniken. Wer die Missionen des Arcade-Modus trainieren möchte, probiert sich zusätzlich noch am „Mission Practice“. 

Wie in den Spielhallen steht euch natürlich auch in der Konsolen-Version der Arcade Modus zur Verfügung. Wählt euch einen der 15 Kämpfer und tretet nacheinander in elf verschiedenen Arenen gegen computergesteuerte Charaktere an. Die Continues sind unbegrenzt. Lediglich bei eurem letzten Gegner dürft ihr euch keine Niederlage erlauben. Um eure Widersacher zu überstehen, bedarf es den richtigen Umgang mit eurem Kämpfer. Wildes Drücken auf den Knöpfen bringt euch absolut gar nichts. Die zahlreichen Angriffstechniken entlockt ihr eurem Fighter nur mit den richtigen Tastenkombinationen, Reaktionsvermögen und natürlich auch Übung. Was aber mit eigentlich nur drei Tasten (neben der Block-Taste) die Charaktere an Manöver drauf haben, ist schier unglaublich. Mehr als 80 Aktionen aus Schlägen, Tritten, Combos, Würfen, Umkehrungen oder Ausweichmanöver sind hier vertreten. Und nur wer so viele Moves wie möglich von jetzt auf gleich ausführen kann und zudem das richtige Maß an Verteidigung und Angriff findet, wird auch gegen die härtesten Kontrahenten eine Chance haben. Virtua Fighter ist kein Button Smasher á la "Dead or Alive" oder "Soul Calibur", sondern setzt mit dem Evolution Teil erneut kampf-strategisches Können.

Der Spielspaß wurde zum Vorgänger Virtua Fighter 4 noch einmal nach oben geschraubt. Die Entwickler spendierten den Charakteren neue Fertigkeiten, wodurch auch neue Combos möglich sind. Zwar musste dafür die eine oder andere Aktion weichen. Wer allerdings länger mit VF4 Evolution seine Zeit verbringt und sich danach VF4 in die Konsole wirft, wird danach wohl oder übel wieder zu Evolution greifen. Das aber nicht nur wegen den kämpferischen Verbesserungen, sondern auch wegen dem neuen Quest Modus. Im Gegensatz zu dem aus VF4 bekanten "Kumite-Modus“, schaut ihr hier nicht nur den Kämpfen zu und bewertet die Aktionen eures K.I.-Veteranen. Nein, ihr erledigt während der Kämpfe verschiedene Missionen und arbeitet euch selbst bis zu den eigentlichen Turnieren in den einzelnen Arcaden durch. Ihr macht euch hier selbst einen Namen. Dazu startet ihr im „SEGA World West“ und könnt zwischen verschiedenen Kämpfen wählen. Entweder ihr startet den direkten Kampf, wo ihr 15 Siege einfahren müsst. Oder ihr wählt eine der in dieser Arcade vorgegebenen Quest-Order. Die Quests sind vollkommen unterschiedlich. Entweder ihr sollt einem oder mehreren Schlägen oder Tritten ausweichen, den Gegner werfen, nicht mehr als 250 HP während des Kampfes verlieren, fünf Mal springen und andere verrückte Sachen. Die Kämpfe und die Missionen bringen Geld. Aber auch Gegenstände. Für euer Geld könnt ihr euch im Shop neue Haarfarben, Hautfarben aber auch Filme und weitere Gegenstände kaufen. Mit Letzteren könnt ihr euren Kämpfer ausstatten, die Kleidung optimal anpassen und ihn danach umgestylt in die nächste Runde schicken. Doch obgleich euer Liebling dann mit Messer, Sonnenbrille oder Stirnband ausgestattet ist, im Kampf  selbst zählt nur eure eigenes Können. Und das verlangt euch SEGAs Entwickler AM2 hier voll und ganz ab. Die Quests könnt ihr teilweise aber auch noch nach einem gewonnenen Turnier absolvieren. Im Kartenmodus ist jede Stage und auch noch nicht geschaffte Quests jederzeit anwählbar. Durch die vielen unterschiedlichen Missionen, den Kämpfen und den Turnieren ist Langzeitspielspaß vorprogrammiert. Virtua Fighter 4 Evolution fesselt besonders mit dem Quest-Modus regelrecht vor den Bildschirm.

Und als ob das nicht schon alles wäre, führt SEGA zudem zwei neue Gesichter in die große Virtua Fighter Familie ein. Neben den altbekannten Charakteren Jacky, Sarah, Lion, Vanessa, Akira und Co. betritt nun Kickboxer 'Brad Burns' die Kampfarena. In den regionalen Turnieren ist er ungeschlagen. Für Einsteiger ist Brad recht leicht zu steuern und beherrscht recht effektive Combos. Das genaue Gegenteil ist 'Goh Hinogami'. Mit seinem Judo Kampfstil greift er auf eine sehr große Palette an Würfen und Griffen zurück, welche zudem sehr schmerzvoll für jeden seiner Kontrahenten sein könnten. Ausgebildet wurde Goh in die Kunst des leisen Tötens. Da dieser Kämpfer über keine großartigen Combos verfügt, ist er eher schwer zu beherrschen. Wer die Kampfkunst mit Goh allerdings perfektioniert, wird im Stande sein, gefährliche Aktionen auf seine Gegner loszulassen.

Dies kann jeder dann auch gleich im Versus Modus gegen einen zweiten menschlichen Mitspieler unter Beweis stellen. Doch nicht nur spannende Kämpfe erwarten hier beide Spieler, sondern teilweise auch Preise. Die finden dann wieder im Quest Modus Anwendung. Ein besonders nettes Gimmick stellen die unterschiedlichen Wallpaper dar. Auch im Quest Modus zu erspielen, dürft ihr das Hintergrundbild des Hauptmenüs zu jeder Zeit ändern und durch ein von euch erspieltes Bild ersetzen. Wie auch im Vorgänger darf die Option „Replay“ natürlich nicht fehlen. Eure gespeicherten Kämpfe könnt ihr euch hier erneut ansehen oder Freunden zeigen. Und ganz gleich, ob ihr euren Gegnern windelweich prügelt oder sie außerhalb der Ringbegrenzung ins Aus stoßt (Ring out). Spätestens hier sollten auch Virtua Fighter Muffel Lust zum Daddeln bekommen! Auch die detailreichere Grafik lässt das Herz eines jeden Fan höher schlagen. Das ständige Flimmern des Vorgängers hat zudem ein Ende. Auch die Stages wirken noch ein Grad hübscher als bei Virtua Fighter 4. Der Sound dagegen bleibt nach wie vor in Stereo. 

Legt ihr nach beispielsweise einem Monat nach Virtua Fighter 4 Zocken die Evolution Scheibe in die Konsole, könnte es passieren, dass euch im ersten Moment nicht allzu viel Neues auffällt. Doch beim zweiten Hinschauen und abseits des genialen aber auch normal vertretenen Arcade Modus werdet ihr nicht nur die beiden neuen Kämpfer „Goh“ und „Brad“ bemerken.  Es gibt neue Moves, die jeder Charakter dazugelernt hat. Im überarbeiteten Trainings-Modus sind sämtliche Aktionen aufgeführt und können von euch in aller Ruhe einstudiert und geübt werden.

Das große Augenmerk liegt jedoch auf dem neuen Quest-Modus. Anfangs steht ihr noch ganz unten auf der Liste. Ihr müsst euch die Teilnahme an Turnieren verdienen und wenn möglich dann auch gewinnen. Allein das sorgt für wahnsinnig viel Langzeitmotivation. Dass Virtua Fighter kein Button Smasher darstellt, sondern  jedem Kämpfer mehr als 80 Kampfzüge, Ausweich- und Kontermanöver nur durch geübte Tastenkombinationen zu entlocken sind, wissen zumindest langjährige Fans der Reihe. Mit Virtua Fighter 4 Evolution zeigen die Entwickler von Sega-AM2 erneut, was ihr Vorzeige-Beat-'em-Up ausmacht. Denn mit ihm besetzt SEGA zurecht den Thron des Genres und gehört daher in jede PlayStation 2 Sammlung.


Blockt, kontert und schlägt zurück:
Ronny Wecke

Virtua Fighter 4 Evolution