Mega Drive -- Streets of Rage 2

Eigentlich haben alle geglaubt, die Stadt sei wieder sicher. Eigentlich haben alle geglaubt, das organisierte Verbrechen sei für immer erledigt. Eigentlich dachten alle, Mr. X gehöre der Vergangenheit an. Als Blaze das Bild ihres gekidnappten Freundes Adam in den Händen hält, weiß sie aber, dass Mr. X noch immer am Leben ist. Sie weiß, er wird alles versuchen, ihre Heimatstadt ins Verderben zu stürzen. Einst kämpften Blaze Fielding, Axel Stone und Adam Hunter gegen das organisierte Verbrechen. Polizisten sind sie schon lange nicht mehr, aber dennoch bereit, ihren in Ketten gehaltenen Freund Adam zu befreien. Unterstützung bekommen sie dabei zum einen von Adam's kleinen Bruder Sammy "Skate" Hunter und zum anderen von einem zweiten neuen Kämpfer und professionellen Wrestler namens Max.
Wie beim Vorgänger ist der erste Kampfplatz sogleich auf die Straße, wo einige der Verbrecher auch gleich den Weg der vier Helden kreuzen. An der Steuerung hat sich seit Teil 1 nicht viel getan. Noch immer funktioniert die Taste B mit einfachen bis harten Faustschlägen und Tritten gegen die unzähligen Kontrahenten. Allerdings wurden die Techniken des Team verbessert und um einige neue Aktionen erweitert. Eine Vier- bis Fünffachcombo ist anwendbar und auch das Greifen der Kontrahenten ist nach wie vor das A und O in Streets of Rage. Hier zeigt sich sofort, was verändert wurde. Wird der Gegner am Kopf gehalten gibt es nun statt nur zwei Attacken drei Angriffstechniken, je nachdem wann man die B-Taste drückt: zum Gegner hin lenkt, von hm weg bewegt oder das Steuerkreuz gar nicht berührt. Auf diese Weise werden Kniestöße, Kopfnüsse, Schläge oder Würfe gegen den Widersacher eingesetzt. Mittels der C-Taste schwingen unsere Helden über den Gegner hinweg, um dann beispielsweise eine vernichtende Attacke vom Rücken des Gegners aus zu starten. Nur der große Max ist zu schwer für dies Aktion, er springt mit dem gepackten Gegner in die Luft. Wird nun die Angriffstaste gedrückt, befördert er seinen Kontrahenten direkt auf die Bretter.

Auch die Luftangriffe wurden vielseitig erweitert. Je nachdem, ob ihr euch beim Sprung in Bewegung befindet oder nicht, gibt es bereits zwei unterschiedliche Attacken: Wird während des Spunges das D-Pad noch nach unten gedrückt, gibt es einen weiteren Angriff. Bei diesem werden die Gegner zwar nicht zu Fall gebracht, aber ihr kommt so oftmals nahe an diese herankommt, um sie zu greifen. Besonders beim langsam Charakter Max ist dieses Angriffsmuster sehr praktisch, da er so seine Widersacher leichter von hinten erwischen und zu seiner gefürchtetsten Attacke ansetzen kann...
Bei all den Schlägen, Tritten und Würfen dürfte auch sofort der himmelweite Unterschied zu Teil 1 auffallen: die Geräusche! Das Gefühl, als schlage man gegen eine Blechwand ist endlich vorbei. Man hört es richtig klatschen. Spezialmanöver lassen die Luft pfeifen, das Aufschlagen der Gegner verursacht aufprallende Geräusche. Man könnte meinen, Bud Spencer und Terrence Hill seien mit von der Party. Durch kurzzeitiges Gedrückthalten der B-Taste könnt ihr einen Move einsetzen, der sonst der letzte Schlag einer Combo wäre. Manche Gegner lassen sich dagegen mit schnellen Tritten oder Hammerfäusten besser bezwingen. Übrigens - das aber nur am Rande - sieht es sehr stylisch aus, wenn ein Gegner ganz unverhofft statt eines Schlages einen Doppelkick in seine Visage verpasst bekommt.

SEGA polierte aber nicht nur das Heldenteam mächtig auf, sondern auch Mr. X und sein dunkles Syndikat. Hatte man bei Streets of Rage noch mit zig gleichen Gegnern, ab und an paar Außenseiter und die mehr oder weniger mächtigen Endgegner zu tun, wurde der zweite Teil in Sachen Gegnervielfalt gewaltig erweitert. Jede Ebene bietet irgendetwas Neues: Gesellen sich in Stage 1 neben den einfachen Handlangern noch wütende Damen mit Peitschen oder Skinheads mit Wurfmessern hinzu, wird man im nächsten Level bereits von einer ganzen Motorrad-Bande inklusive Granaten erwartet. Auch Kampfsportler machen sich bereits für eine Auseinandersetzung mit Axel, Blaze, Skate und Max bereit. Doch auch richtig fettleibige Gegner kreuzen immer wieder euren Weg. Erstmals können diese auch geworfen werden, was im ersten Teil nicht möglich war. Fliegende Widersacher, Ninjas oder Roboter sind ein paar aus der langen Liste der in diesem Spiel vorkommenden Gegner.
Nicht fehlen dürfen in den abermals acht Stages natürlich die größeren Endbosse. Auch diese wirken stärker, größer und viel bedrohlicher als zuvor. Jeder besitzt ganz spezielle Fähigkeiten, denen oft auch nur mit besonderen Techniken Einhalt geboten werden kann. Wie gegen diese anzukommen ist, soll hier aber nicht verraten werden. Viel mehr interessiert die Art von Hilfe, die Adam, Blaze und Axel einst im ersten Teil erhielten. Per Druck auf die A-Taste fuhr plötzlich ein Polizei-Wagen vor und es wurden riesige Explosionsgeschosse losgelassen. In Teil 2 gibt es dies nicht mehr. Da unsere jungen Freunde den Polizei-Job damals an den Nagel gehängt haben, müssen sie nun auf ihre eigenen Fertigkeiten bauen. Genauer gesagt gibt es pro Charakter zwei davon. Ist man von mehreren Kontrahenten umzingelt, genügt ein kurzer Druck auf auf den A-Button, um einen Spezialangriff auszuführen. Dieser haut alle Gegner um einen herum ohne zu zögern um, verbraucht aber etwas der eigenen Lebensenergie. Möchte man dagegen ein Spezialmanöver gegen einen oder mehrerer Widersacher vor einem ausführen, müssen Steuerkreuz Richtung Gegner (rechts oder links) und die A-Taste betätigt werden. Dieser entzieht Axel und Co. - anders als die andere Attacke - auch dann Energie, wenn der Gegner nicht getroffen wird. Man sollte daher mit Bedacht die Spezialangriffe einsetzen. Sinkt die eigene Lebensenergie nämlich zu sehr nach unten, können erstens keine dieser Manöver mehr durchgeführt werden. Zum zweiten sollte man sich dann auch schnellstens nach etwas Essbarem umsehen, um die HP-Leiste wieder zu stärken.

Items gibt es natürlich wieder mehr als genug. Nicht nur Äpfel, Broiler/Hähnchen oder diverse Geldbeutel und Goldbarren, sondern auch die wohl weitaus interessanteren Waffen. Baseballschläger, Flaschen und Pfeffer haben es zwar nicht in den zweiten Teil geschafft, dafür gibt es neben Messer und Stangen aber auch große Ninja-Schwerter und Dolche, mit denen aufs neue Gegner geplättet und geschnitten werden können. Mit dem Messer kann man nun auch endlich richtig zustechen, anstatt es nur als Wurfgeschoss zu gebrauchen. Letzteres funktioniert natürlich noch immer, indem die Tasten B und C kurz zusammen gedrückt werden. Hat man keine Stange, Messer oder Ähnliches zum Werfen in der Tasche, wird mit gleicher Kombination eine Rückwärtsattacke ausgeführt, mit der ihr euch von hinten anschleichende Kontrahenten vom Hals haltet.
Nicht nur die vorhin genannte Geräuschkulisse wurde deutlich verbessert, die Soundtracks wirken ebenso voller, während die (wie so meist) erste Etage von wahren Streets of Rage Fans noch Jahre später gesummt wird. Schon im Vorgänger war die Stimmung der Songs vom jeweiligem Level abhängig. Dies hat sich auch im Nachfolger nicht geändert. So wirkt der Strand wieder sehr gelassen, das Schiff auf See sehr ruhig, wogegen die Straßen stimmiger daher kommen: alles im allen sehr gut angepasst. Ein weiteres Manko des ersten Teils wurde ebenfalls ausgemerzt. Die Grafik wurde richtig aufpoliert und erinnert nicht mehr an 8-Bit Zeiten. Die zahlreichen Landschaften sowie die unzähligen Charaktere sind viel detaillierter dargestellt und zeigen, was SEGAs 16-Bitter drauf hat. So gehört auch erneut das Zerschlagen von Kisten, Angebotsschildern der Geschäfte, Straßensperren, Arcade-Automaten und Ähnliches zum alltäglichem Leben eines Streets of Rage Spielers.

Wer nicht allein spielen möchte, hat nach wie vor die Möglichkeit, sich mit einem Freund durch die acht Stages zu schlagen. Diese sind zudem vollkommen anders aufgebaut. Lief man einst immer komplett durch eine Etage, besteht eine Stage im zweiten Teil aus verschiedenen Teilen. Beispielsweise besteht Stage 1 aus Straße, Bar und Hinterhof. Die bekannten Teamangriffe wurden abgeschafft, was aber nicht weiter schlimm ist. Wird man doch mal vom Freund auf Gegner geworfen, kann man sich - sofern man schnell reagiert - noch immer mit entsprechender Tastenkombination (C + Hoch gedrückt halten) auffangen und wird dadurch nicht verwundet.

SEGA hat es geschafft alle Fehler des Vorgängers auszumerzen und bringt mit Streets of Rage 2 einen mehr als nur würdigen Nachfolger des beliebten Beat 'em Ups auf den Mega Drive. Grafisch, soundtechnisch und besonders spielerisch wurde ein Titel geschaffen, der den hohen Anforderungen gerecht wird. Mit erstmals vier Charakteren macht sich der Spieler durch acht völlig unterschiedliche Level mit auch innerhalb wechselnden Szenarien. Die Einbindung der neuen Spezialmanöver tut dem Spiel darüber hinaus mehr als nur gut. Wurde man früher von Feinden zusammengeschlagen, da man sich nicht mehr aus dem Aufmarsch von Gegnern befreien konnte, genügt nun ein Druck auf den A-Knopf. Schon startet eine grafisch beeindruckende Angriffs-Technik gegen die Horden um einen Herum. Einfach fantastisch! Neben dem einfachsten Schwierigkeitsgrad "Very Easy" gibt es noch einige weitere, welche an Stärke auch echte Streets of Rage Kämpfer durchaus schocken können. Trotz vieler neuer Angriffsmöglichkeiten bleibt die Steuerung verdammt einfach, bravo SEGA! So muss es sein! Wer auch nur ein bisschen für Beat 'em Ups übrig hat, muss sich dieses Game zulegen. Andernfalls entgeht euch eine echte Perle der 16-Bit Ära.

Ronny Wecke
Streets of Rage 2
TV Commercial (JPN) -- Bare Knuckle II