Saturn -- Sega Rally Championship

Der Spielhallen-Klassiker Sega Rally Championship erblickte erstmals auf dem Saturn das Licht der heimischen Wohnzimmer und wurde dabei nahezu perfekt vom Automaten umgesetzt. Endlich konnte man auch daheim durch matschige Kurven driften, über steinigen Schotter poltern oder durch spektakuläre Sprünge gänzlich vom Boden abheben. Hier geht es in altbewährter Rally-Manier nämlich nicht immer nur brav über asphaltierte Straßen, sondern auch mal ohne Rücksicht auf Verluste über Stock und Stein quer durchs Gelände. Unterschiedliche Bodenbeläge, fiese Haarnadelkurven und unebene Fahrbahnen warten darauf, von euch gemeistert zu werden. Liefert euch spannende Aufholjagden im Kampf um den ersten Platz, oder fordert euren Freund zu einem Kopf an Kopf Rennen via Splitscreen heraus. So oder so weiß dieser Titel nicht nur die Rally-Fans unter den Konsolenspielern zu begeistern…
Das erwartet euch:
Ihr startet das Rennen in der Championship stets als letzter: auf dem 15. Platz! Ihr habt nun im Laufe der einzelnen Rennen die Möglichkeit, euch immer weiter bis an den ersten Platz zu kämpfen. Je nachdem, mit welcher Platzierung ihr eine Strecke gewinnen konntet, beginnt ihr die nächste mit derselben Platzierung, um euch möglichst noch weiter nach vorne zu tasten. Am Ende der insgesamt vier Strecken solltet ihr dann den Sieg letztlich davon getragen haben. Dabei steht euch allerdings immerzu ein knappes Zeitlimit im Nacken. Ein stetig abzählender Countdown wird beim Passieren eines Checkpoints wieder um einige zusätzliche Sekunden erweitert. Erreicht er die Null, noch bevor ihr das Rennen beenden oder den nächsten Checkpoint erreichen konntet, ist das Spiel verloren. Habt ihr die erforderlichen Runden bewältigt, bekommt ihr je nach erreichter Platzierung auf der nächsten Strecke entsprechend mehr oder weniger Zeit.
Während des Rennens - übrigens wahlweise sowohl aus dem Cockpit heraus, als auch von der Verfolger Perspektive - erhaltet ihr von eurem Copiloten Anweisungen über bevorstehende Kurven, Sprungeinlagen oder Engpässen. Diese werden in Form von Icons auf dem Bildschirm eingeblendet. Eine zusätzliche akustische Anweisung bekommt ihr per Sprachausgabe dazu. Eine Karte der Strecke gibt es nämlich nicht. Nach jedem absolvierten Rennen erfolgt ein nicht-speicherbares Replay, in dem ihr eure Fahrkünste aus mehreren Perspektiven noch einmal bewundern könnt.

Insgesamt stehen euch drei verschiedene Fahrzeuge zur Verfügung, die den Original Fahrzeugen der World Rally Championship des Erscheinungsjahres 1995 nachempfunden wurden. Allerdings könnt ihr zu Beginn nur zwei davon wählen: Der geschmeidige Toyota Celica GT-Four verfügt über einen großen Flügel am Stufenheck und ist für Einsteiger und Neulinge am besten geeignet. Denn er lässt sich gut steuern und in der Spur halten. Der etwas kantige Lancia Delta HF Integrale dagegen kommt mit einem Windabweiser am Fließheck daher und schert auch gerne mal aus. Allerdings macht er dieses Manko durch bessere Werte in der Beschleunigung wieder wett. Der flach gehaltene Lancia Stratos gesellt sich erst später dazu. Er wirkt mit seinen vielen Lampen auf der tief sitzenden Stoßstange genauso aggressiv, wie er sich auch steuern lässt. Zwar ist er unglaublich schnell, aber auch entsprechend schwer zu kontrollieren: nur etwas für Profis! Genau deswegen muss man ihn sich auch erst verdienen! Je nach Wunsch lässt sich jedes dieser Fahrzeuge sowohl mit einer normalen Gangschaltung als auch mit einer Automatik ausstatten.
Was gibt es zu sehen?
Insgesamt gibt es vier Strecken. Zu Beginn müsst ihr jedoch auf eine dieser Landschaften verzichten. Die leichteste Strecke „Desert“ bietet mit seinen wenigen lang gezogenen Kurven die Möglichkeit, ein Gefühl für das Driften zu bekommen. Weitläufige Areale, ein lichter Wald und entlegene Dünen bilden hier die Gesamtoptik der Strecke. Am Boden wechseln sich matschige Feldwege und sandige Untergründe ab, sodass euer Auto ganz schön durchgerüttelt wird. Leider verfügt der Saturn nicht über eine Forcefeedback oder Rumble Unterstützung, weswegen dieser Eindruck lediglich Auswirkungen auf das Fahrverhalten ausübt. Nicht jedoch auf das Spielgefühl am Controller.
Auf der mittelschweren „Forest“-Strecke, fahrt ihr einen Berg hinauf. Ebenso geht es durch Tunnel und Engpässe hindurch, teilweise nahe am Abgrund entlang. Kleine Maueransätze bewahren euch bei der halsbrecherischen Schlitterei davor, in die Tiefe zu stürzen. Die tut sich hier direkt neben euch auf. Kies, Steine aber auch glatter Asphalt lassen euren Boliden unterschiedlich stark ausbrechen und erlauben waghalsige Drift-Manöver. Freut euch auf eine idyllische Landschaft mit kleinen Tannenwäldern hoch oben in den Bergen.
Weitaus schwieriger wird es auf der Strecke „Mountain“. Hier verschlägt es euch nicht nur durch die engen Gassen einer kleinen Stadt hindurch. Es geht auch über steile Bergkuppen hinweg, vorbei an prunkvollen Berghängen und verzwickten Torbögen. Eine Menge Fingerspitzengefühl ist von Nöten, um die vielen und sich ständig abwechselnden Kurven zu meistern, ohne dabei gegen die Randbegrenzung zu stoßen. Besonders hübsch anzusehen ist hier der See am Rande der Strecke. Hier trohnt eine alte Burg auf einer Insel.

Konntet ihr die drei vorhergegangenen Strecken meistern, geht es im Kampf um die Erstplatzierung in die vierte und letzte Herausforderung: die Zusatzstrecke „Lake Side“. Lasst euch von der idyllischen Optik des ruhenden Sees und dem rötlich schimmernden Herbstlaub des lichten Waldes im Sonnenuntergang nicht täuschen. Hier wird euch alles an Fahrtechnik abverlangt. Rutschige enge Kurven, gemein platzierte Sprungschanzen innerhalb der nur rar gesäte Geraden zeugen vom extrem hohen Schwierigkeitsgrad. Habt ihr euch die beiden Extras in Form der Lake Side und dem Lancia Stratos einmal erspielt, stehen sie euch fortan jederzeit zur Verfügung. Für den Lancia Stratos müsst ihr dann im Arcade Modus ein manuel geschaltetes Fahrzeug markieren und einmal nach unten drücken.
Optionen und Spielmodi:
Nachdem ihr im Titelbildschirm den Startknopf betätigt habt und das Geräusch eines startenden Motors zu hören war, offenbaren sich zunächst die verschiedenen Spielmodi: Arcade, Time Attack, 2-Player-Battle, Car Settings, Records und die Options. Gehen wir diese der Reihe nach durch:
Arcade:
Erlebt im Championship Modus Sega Rally genau wie in der Spielhalle! Fahrt nacheinander alle Strecken in festgelegter Reihenfolge und behauptet euch gegen die Zeit sowie 14 durch den Computer gesteuerte Gegner im Kampf um den ersten Platz. Oder übt eure Fahrkünste im dafür vorgesehenen Practice-Modus: Hier liefert ihr euch ein direktes Duell mit einem Computergegner. Zwar habt ihr auch hier ein Zeitlimit, dürft dafür aber die Strecke frei wählen.
Time Attack:
Hier geht es darum, eigene Bestzeiten zu toppen. Ihr fahrt gegen euch selbst. Aktiviert dazu einfach das so genante Ghost Car eurer letzten Bestzeit und seht, ob ihr diesen durchsichtigen Gesellen eurer eigenen Fahrkünste noch überholen könnt. Das Ghost Car könnt ihr auch vorab in den Optionen unterschiedlich oft aufblinkend oder gänzlich sichtbar bleibend einstellen. Allerdings ist der imaginäre Gegner nur beim Fahren über drei Runden verfügbar. Er kann nur dann auf Dauer abgespeichert werden, wenn ihr ein Backup-Modul für den Saturn besitzt. Denn der interne Speicher eurer Konsole bietet dafür nicht genügend Platz. Stolze 977 Blöcke belegen die Ghost Cars insgesamt.

2-Player-Battle:
Schließe ein zweites Pad oder Racing Wheel an und fordere einen Freund zum Duell heraus. Per Splitscreen geht es über drei oder fünf Runden darum, wer von euch als erster das Ziel erreicht. Ein Kopf an Kopf Rennen ist euch dabei gewiss, da ihr mit keinerlei Konkurrenz auf der Strecke rechnen müsst. Hier bekommen auch ungeübte Fahrer eine Chance. Denn es ist möglich, den Start eines Fahrers zu verzögern oder dem zurückliegenden Wagen eine extra Portion Geschwindigkeit zu verpassen. So bleiben die Rennen auch bei unterschiedlich erfahrenen Spielern noch spannend.
Car Settings:
Wer mit Tuning nicht viel am Hut hat und lieber drauf los fahren möchte, wird sich sicherlich über die spartanisch ausfallenden Fahrzeugeinstellungen freuen. Doch diese sind bei Sega Rally auch nicht unbedingt erforderlich sind. Dazu später mehr...
Records:
Wer war eigentlich mit welchem Auto auf welcher Strecke am schnellsten? Die Antwort darauf findet ihr hier: in der übersichtlichen und gut sortierten Rekordansicht. Vorausgesetzt natürlich, ihr konntet dafür 80 Blöcke an Speicher freimachen.
Options:
Hier lassen sich unter anderem Handling und Schwierigkeitsgrad des Spiels einstellen. Aber auch die Anzahl der Runden im Championship Modus lassen sich verändern. Fahrt ihr normalerweise drei Runden, könnt ihr dies auch auf eine einzige beschränken. Die zu überholenden Gegner fahren selbstverständlich auch in kürzeren Abständen, um die Bedingungen am Ende wieder gleich zu stellen. Highscore-Jäger können hier aber auch einstellen, dass sie während des Rennens einen Zeitvergleich eingeblendet haben möchten. Ebenso könnt ihr unter verschiedenen Vorgaben festlegen, wie euer Ghost Car im Time Attack Modus dargestellt werden soll. Ansonsten finden sich hier auch die Steuerungskonfigurationen, der Soundtest und die Lautstärkenregelung der BGMs wieder.
Knallharte Simulation?
So kann man Sega Rally Championship wirklich nicht bezeichnen. Da dieser Titel seinen Ursprung in der Spielhalle fand, steht hier vielmehr der schnelle und unkomplizierte Spaß im Vordergrund. Ans Steuer begeben und drauf los driften lautet die Devise. Tuning-Muffel wird’s freuen,Hobby-Mechaniker eher ernüchtern. Denn die entsprechend gering ausgefallenen Car Settings sind eher was zum experimentieren und verleiben dem ganzen Spiel lediglich etwas Abwechslung. Unbedingt erforderlich sind sie nämlich nicht, da ihr auch mit den jungfräulichen Modellen das Spiel durchaus gewinnen kann - ich spreche hier aus vollster Erfahrung. Für jene, die es dennoch mal ausprobieren wollen, stehen neben verschiedenen Bereifungen und unterschiedlich empfindlicher Steuerungen auch mehrere Motorklänge und die Einstellung der Federung von Vorder- und Hinterradaufhängung zur Verfügung. Habt ihr alles nach euren Vorstellungen eingestellt, könnt ihr das modifizierte Auto abspeichern und mit Ausnahme des Championship in allen anderen Rennen jederzeit als Alternative zu den vorgegebenen Wagen auswählen.

Das Fahrverhalten:
Das Fahrverhalten ist der Grund für den hohen Spaßfaktor von Sega Rally Championship. Die Fahrzeuge verhalten sich erfreulich realistisch und lassen euch den Bodenbelag regelrecht spüren. Je nach aktuellem Untergrund packen die Reifen unterschiedlich stark und verlangen eine sensibel abgestimmte Handhabung, um beim halsbrecherischem Driften nicht von der Straße abzukommen. Wer einfach nur Gas gibt, kommt nicht weit. Denn hier sind Gegenlenken, Abfangen und ein geübter Umgang mit den Pedalen von Nöten, um die Strecken fehlerlos zu meistern. Dennoch haben auch Neueinsteiger dieses Genres eine Chance, da die Steuerung und die Reaktionen der Fahrzeuge einfach super gelungen sind. Seinen Boliden hat man jederzeit spürbar unter Kontrolle. Mit etwas Übung bekommt jeder das Handling fehlerfrei hin. Lediglich das etwas stupide und stur wirkende Verhalten der Computergegner hätte realistischer ausfallen können.
Die Grafik:
Der Spielhallenautomat wurde den technischen Möglichkeiten des Saturns entsprechend sauber umgesetzt und steht seinem großen Vorbild in Nichts nach. Obwohl Sega Rally noch zu den ersten Titeln für SEGAs Flaggschiff gehörte, galt der Titel lange Zeit als Paradebeispiel für seine schnelle 3D-Engine. Auch die so genannten Playfields, die eine Darstellung von bis zu sieben unabhängig animierbarer Hintergründe erlauben, finden hier beim Erzeugen von sehr fein gezeichneten Himmelsformationen ihren Einsatz. Diese heben sich deutlich vom Rest der Grafik ab und warten sogar mit einer kleinen versteckten Sonderheit auf. Wer nämlich genau hinschaut, kann Sonic dargestellt in den Wolken entdecken. Die Boliden und die Umgebung dagegen werden standesgemäß durch das altbewährte Texture Mapping dargestellt, wodurch das Spiel mit seinen steinigen, schotterbedeckten Straßenbelägen eine sehr passende, ruppige Optik erhält. Leider verfügen die Fahrzeuge über keinerlei Schadensmodelle und bewahren auch bei noch so heftigen Zusammenstößen ihre fein texturierte Form und Optik. Dafür verleihen spritzender Schlamm und aufgewirbelte Steinchen an den Reifen und auch auf den jeweiligen Strecken einen gewissen Hauch von Lebendigkeit und Realität.
Der recht schnelle Spielfluss kommt sehr flüssig daher und gerät zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd ins Stocken. Zudem gibt es kleine Details am Rande: Ein Hubschrauber kreist über über euch hinweg, Zebras und Elefanten weiden auf der Wiese oder eine Schar ruhender Tauben mitten auf der Rennstrecke. Diese steigt empor, sobald ihr euch ihnen bei voller Fahrt nähert. All dies zeugt von der liebevollen Präsentation dieses Spiels. Da können auch Pop-Ups verziehen werden, die hier doch recht häufig zu sehen sind.

Sound:
Bei Sega Rally erwartet euch Sound im Stil Hard Rock mit quietschenden E-Gitarren und schepperndem Schlagzeug. Im Replay und in den Menüs dagegen geht es mit Klavieren und Flöten ruhiger zu. Das dient vermutlich der Entspannung zwischen den Rennen. Die Sprachsamples sind sehr gut gelungen und klingen wirklich wie eine Person, die sich via Mikrofon und Kopfhörer mit euch verständigt. Auch sonst kann die Soundkulisse überzeugen und erschafft eine recht glaubwürdige Atmosphäre. Lediglich die meines Empfindens etwas hell surrenden Motoren und die fehlende Begeisterung der vielen Zuschauer hinter den Absperrungen trüben das Gesamtbild ein wenig.

Ihr besitzt einen Saturn und sucht nach einer unkomplizierten aber dennoch realistischen Rally-Simulation mit ansprechender Optik? Dann ist Sega Rally Championship genau das Spiel, nach dem ihr sucht. Zwar bietet der Titel mit gerade einmal drei verschiedenen Fahrzeugen und insgesamt vier Strecken keinen allzu großen Umfang. Doch bekommt ihr vor allem in der Optik allerlei Abwechslung und Liebe zum Detail. Die Fahrzeuge reagieren sehr realistisch und gilt es zudem auch auf den unterschiedlichen Untergründen zu kontrollieren. Der faire Zweispieler-Modus bietet auch im Splitscreen noch ausreichend Überblick, verzichtet dafür allerdings auf weitere Gegner, um die Geschwindigkeit nicht unnötig zu bremsen. Ein wirklich schönes Spiel, das begeisterten Rally-Fans zwar nicht ausreichenden Umfang und Konfigurationsmöglichkeiten bietet, aber gerade deswegen einen schnellen Einstieg ermöglicht. So könnt ihr nach Herzenslust drauf los driften. Statt einer todernsten Simulation um Geld und Tuningteile stehen hier ganz klar die Präsentation und der Spaß im Vordergrund!

Tanja Pattberg