Saturn -- Jewels of the Oracle

Tausende Jahre, bevor die Ägypter ihre Pyramiden errichteten, lebte eine Zivilisation. Dessen Kultur war so weit fortgeschritten, dass ihr Einfluss bis zum heutigen Tag nicht erreicht werden konnte. Ihr Ursprung war die legendäre Stadt Nisus. Hier lebten die Menschen in Harmonie und entwickelten die ersten Errungenschaften in der Wissenschaft, Astronomie und Mathematik. Sie waren auch die ersten, die eine handelsfähige Landwirtschaft betrieben. Viele versuchten, in diese Stadt zu gelangen, um Bürger zu werden. Doch die Menschen von Nisus waren sehr vorsichtig damit, Fremde hineinzulassen, die ihren paradiesischen Zustand stören könnten. Daher verschlossen sie ihre Stadt durch die Girsu-Tore, die man erst durchschreiten konnte, wenn man die Rätsel des Königreiches zu lösen im Stande war. Heute stellt ihr euch dieser Herausforderung. Denn ihr habt von der Legende gehört und wollt das geheimnisvolle Nisus betreten - eine Stadt, der unglaubliche Schönheit und Lebenskraft nachgesagt wird. Doch zunächst müsst ihr euch einiger kopfzerbrechender Rätsel stellen, bevor sich die Tore für Euch öffnen…
Das Orakel spricht zu euch
Zu Beginn findet ihr euch in einem kleinen Raum mit drei steinernen, sich gegenüberliegenden Türen wieder, in dessen Zentrum ein großer alter Brunnen zu sehen ist. Die Tür, durch die ihr gekommen seid, sowie eine weitere, mit einem sechseckigen Symbol darauf, sind euch zunächst versperrt. Lediglich die dritte Tür, auf der ein nach unten weisendes Dreieck abgebildet ist, öffnet sich und gibt den Weg zu einem langen Korridor frei. An dessen Ende findet ihr einen alten, steinernen Altar vor. An der Wand dahinter könnt ihr in einer Steintafel eine eingemeißelt Abbildung des Brunnens erkennen. Auf dem Altar selbst ruht ein mit Edelsteinen geschmücktes Artefakt. Ihr berührt diesen und schon passiert es: Die Edelsteine fangen an sich zu drehen und werden mit einem Male explosionsartig in alle Richtungen geschleudert. Das ist auch der Augenblick, wo das Orakel zum ersten Mal mit euch spricht. Es erscheint euch in dem dreieckigen Symbol, das ihr die ganze Zeit in der oberen Bildschirmhälfte eingeblendet seht. Es sagt: „Öffne dein Herz für unsere Stadt und unsere Lebensweise.“ Von nun an wird euch das Orakel durch die Rätsel führen und mit nützlichen Hinweisen zur Seite stehen. Kehrt also zum Brunnen zurück und stellt euch den Aufgaben, um mit Hilfe der Edelsteine die Stadt Nisus betreten zu können.
Was müsst ihr tun:
Es erwarten euch Rätsel aus den Häusern Tantram, Krida, Paurah, Sastram, Kausalama und Kavi, welche stellvertretend für die Wissensbereiche Gleichheit, Kreativität, Einheit, Verständnis, Planung und Kommunikation stehen. Jeder dieser Bereiche beinhaltet vier Aufgaben, wodurch sich insgesamt 24 teils recht knackige Rätsel ergeben. Schafft ihr es, die Lösung zu finden, bekommt ihr dafür jeweils einen der verstreuten Edelsteine zurück. Den müsst ihr zum Altar zurückbringen und in die steinerne Abbildung des Brunnens legen. Die Stelle, die der Edelstein dabei einnimmt, steht für den Stein des Brunnens, in dem ihr zuvor sein Rätsel vorgefunden habt. Habt ihr ein Wissensgebiet mit seinen vier Rätseln komplett abgeschlossen, erhaltet ihr darüber hinaus noch einen weiteren fünften Edelstein. Ihr müsst also alle Rätsel lösen, um am Ende die Brunnenzeichnung mit insgesamt 30 Edelsteinen ausstatten zu können. Damit öffnet sich für euch der Weg nach Nisus. Schafft ihr es darüber hinaus, auch noch das Geheimnis um die vier Symbole der Weisheit Hassumas zu lösen? Glücklicherweise gibt es weder ein Zeitlimit, noch eine festgeschriebene Reihenfolge der Rätsel, sodass ihr euch in aller Ruhe dieser Aufgabe widmen könnt.

Der Spielablauf
Der Anfangs erwähnte Brunnen ist so etwas wie ein Dimensionstor. Die Steine, aus denen er gemauert wurde, stehen stellvertretend für die 24 Aufgaben. Wenn ihr nun einen dieser Steine berührt, wird dieser heruntergedrückt und es erscheint zur besseren Orientierung eine Abbildung des dadurch aktivierten Rätsels auf der Wasseroberfläche. Habt ihr euch für eine Aufgabe entschieden, müsst ihr die Abbildung auf dem Wasser berühren. Schon findet ihr euch, nach einer kurzen Videosequenz, in einem separaten Raum wieder, wo ihr schließlich mit der Aufgabe eurer Wahl konfrontiert werdet. Schaut euch also um, aktiviert das Rätsel und macht euch mit der Aufgabe vertraut. Wenn ihr mal nicht so recht wisst, was ihr eigentlich tun müsst, könnt ihr auf das Symbol des Orakels klicken, das stets oben eingeblendet ist. Dadurch erhaltet ihr einen verschlüsselten Hinweis, der glücklicherweise durch einen deutschen Untertitel aus dem Englischen übersetzt wird. Und geratet ihr mal in eine Sackgasse oder habt den Überblick verloren, könnt ihr auf die Leiste klicken, die sich ebenfalls die ganze Zeit im oberen Bildschirmrand befindet. Das Rätsel wird dann wieder in seine Ausgangsstellung zurück zu versetzen. Konntet ihr das Rätsel schließlich lösen, bekommt ihr, wie bereits erwähnt, einen der Edelsteine und müsst den Raum durch seine Tür verlassen. Ihr könnt in solch einem Fall das Rätsel aber auch jederzeit noch einmal betreten, um es beispielsweise einem Freund zu zeigen oder um euch einfach mal wieder daran zu versuchen. Jedoch steht euch dann das Orakel nicht mehr zur Verfügung, und ihr bekommt auch keinen der begehrten Schmuckstücke mehr dafür.
Solltet ihr aber mal überhaupt nicht weiterkommen und an einer Aufgabe verzweifeln, könnt ihr jederzeit den Raum durch die Tür verlassen und es ein andermal erneut in Angriff nehmen bzw. euch erst einmal an einem anderen Rätsel versuchen. Für die Rätsel besteht, genau wie für das gesamte Spiel, keinerlei zeitliche Begrenzung oder festgelegte Anzahl von Versuchen. Ihr habt also wirklich alle Zeit der Welt, die Lösung zu finden und könnt auch zu keinem Zeitpunkt sterben. Ein Speichern des Spielstandes ist natürlich auch möglich. Jedoch nur, solange ihr euch am Brunnen oder dem Altar aufhaltet.
Wie spielt es sich:
Jewels of the Oracle wird aus der Ego-Perspektive gesteuert und besteht im Grunde aus einer Ansammlung von kurzen Full-Motion-Videos und stillstehenden Bildern, in denen ihr agiert. Dazu bewegt ihr einen Cursor auf dem Bildschirm, mit dessen Hilfe ihr auf den vorgerenderten Bildern etwas aktivieren oder benutzen könnt. Es gilt Hebel zu bewegen, Schalter zu betätigen, Räder zu drehen, Steine zu schieben oder Dinge umzusetzen… je nachdem, was gerade von euch gefordert wird. Ob eine Aktion möglich ist, seht ihr daran, dass sich die Spitze des Pfeils, der euren Cursor darstellt, grün verfärbt. In solch einem Moment drückt ihr die Aktionstaste oder haltet sie gedrückt, um etwas in Bewegung zu versetzen oder eine Richtung einzuschlagen. Nähert ihr euch nämlich mit dem Cursor dem äußersten Rändern des Bildschirmes, dreht sich der Pfeil auf den Rand zeigend und ermöglicht euch so, in die jeweilige Richtung zu laufen oder euch zu drehen. Wem das zu umständlich erscheint, kann sich aber auch durch gleichzeitiges Drücken der gewünschten Richtung und einer der Schultertasten bewegen. So arbeitet ihr euch beim Laufen - Standbild für Standbild - vor und schaut euch die flüssigen Videoübergänge dazwischen an. Das Spiel erscheint jetzt vielleicht nicht sonderlich umfangreich, da es nur den einen Hauptraum mit dem Brunnen und weitere 24 kleine Räumen mit den einzelnen Rätseln gibt. Doch das ist durchaus ausreichend, da sehr viel mehr Wert auf Inhalt und Präsentation gelegt wird. So stehen die Rätsel im Vordergrund und bilden das Hauptaugenmerk des gesamten Spiels. Es gibt also mehr zu tun, als ihr vielleicht nun glaubt.

Was sind das für Rätsel?
Im Grunde stoßt ihr auf Logik-, Kombinier-, Lege-, Bilder- und Verschieberätsel, die es teilweise ganz schön in sich haben. Hier einige Beispiele:
Gleichheit: „Abhoranam von Tag und Nacht“
Eine Schatulle öffnet sich und ihr seht eine hölzerne Tafel darin mit jeweils sechs Einmuldungen auf der linken und rechten Seite. Dazwischen befindet sich ein kleineres Stück Holz sowie zwei Vertiefungen, sodass sich das Holz auf einer art Schiene hin und her bewegen lässt. Auf der Linken Seite der Tafel befinden sich nun drei schwarze und drei weiße Kugeln in den Einmudlungen. Es gilt, mit Hilfe des kleinen beweglichen Brettes in der Mitte, alle Kugel auf die rechte Seite zu bringen. Ihr könnt also maximal zwei Kugeln auf einmal bewegen, wobei ihr dieses „Schiff“ aber auch niemals leer von der einen zur anderen Seite bewegen dürft. Doch die ganze Sache hat noch einen Hacken: So steht weiß für den Tag und schwarz für die Nacht. Ihr dürft nicht zulassen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt der Tag zahlenmäßig der dunklen Nacht unterliegt. Da die Kugeln beim Erreichen einer Seite stets automatisch abgelegt werden, ist es auch nicht möglich, zunächst eine der beiden auf dem Schiff zu lassen. Überlegt also gut, wie ihr vorgeht und verhindert, dass die schwarzen Kugeln über die weißen herfallen können. Denn dann müsst ihr das Rätsel wieder zurücksetzen und neu beginnen.
Einheit: „Versammlung der Planer“
Im Grunde müsst ihr hier mit eurem Cursor eine kleine Kugel durch ein großes kompliziertes Labyrinth hindurchführen, indem ihr sie mit gedrücktgehaltener Aktionstaste durch die Gänge zieht. Doch dieses Labyrinth befindet sich auf den sechs Seiten eines großen Würfels, der sich um alle Achsen drehen kann. Ihr habt also stets die Seite vor euch, in der sich gerade die kleine Kugel befindet. Rollt ihr nämlich über den Rand hinweg, kommt es zu einer Drehung des Würfels, und es geht dort in der entsprechenden Ecke weiter. Ziel ist es schließlich, auf diese Weise die Kugel ins Ziel zu bringen. Gar nicht so einfach, wenn man manchmal den Überblick verliert, auf welcher Seite des Würfels doch gleich das Ziel war.
Planung: „Die Werte von Aljabara“
Ein ganz typisches Zahlenrätsel, das jeder schon einmal gesehen hat. Ihr bekommt eine Rechenaufgabe samt Ergebnis vorgegeben, wo die Zahlen allerdings durch Symbole ersetzt wurden. Nun gilt es zu erraten, welches Symbol für welche Ziffer steht.

Die Grafik
Da Jewels of the Oracle gänzlich auf Echtzeit-Grafiken verzichtet, sehen die Bilder entsprechend doch sehr realistisch aus und können durch ihre wirklich schön anzusehenden 3D-Effekte imponieren. Im Grunde werden hier nämlich nur vorgefertigte, sehr plastisch wirkende Videos und Bilder abgespielt, die nur durch wenige beeinflussbare Objekte erweitert wurden. Zwar sind die Auflösung der Videos und die Anzahl der dargestellten Farben ziemlich geringfügig ausgefallen, doch tut dies dem Spielfluss wirklich keinen Abbruch. Das ist eher bei den kleinen unvermeidbaren Ladepausen in den jeweiligen Übergängen der Fall. Das kann schon mal etwas nerven kann, wenn man ein bestimmtes Rätsel sucht und sämtliche Seiten des Brunnens ansteuern muss. Macht euch also am besten eine Skizze, damit ihr euer Lieblingsrätsel jederzeit wiederfindet und ihr genau wisst, welche Steine und die damit verbundenen Aufgaben euch noch fehlen. Überhaupt ist der Spielablauf sehr gediegen und ruhig ausgefallen. Alles geht langsam voran und lässt zu keinem Zeitpunkt auch nur den Hauch von Hektik aufkommen. Entsprechend langsam laufen auch die Videos ab und vermitteln das Gefühl, dass euer Charakter sehr träge unterwegs ist. Wer sich nach einiger Zeit an den Videosequenzen stört, kann diese aber auch über die im Pausemenü erreichbaren Optionen des Spieles jederzeit abschalten. Ruft ihr das Orakel über das steinerne Dreieck in der oberen Bildschirmmitte, so müsst ihr auch hier zunächst mit einer Nachladepause der Konsole leben, bevor schließlich das lippensynchron-animiertes Gesicht erscheint. Bei sämtlichen Rätseln und deren Räume ist es den Programmierern gelungen, die beweglichen und beeinflussbaren Objekte so detailliert darzustellen, dass sie im optischen Einklang mit den fast fotorealistischen Hintergründen stehen. Dabei ist das gesamte Spiel jedoch sehr düster ausgefallen und sorgt in Kombination mit dunklen Farbtönen und spärlichen Lichtkegeln für eine geheimnisvolle Atmosphäre, die ein wenig das Gefühl von Einsamkeit vermittelt. Jedes Rätsel hat dabei seinen eigenen typischen Raum und wird oftmals sehr imposant in Szene gesetzt. So drehen sich schon mal große Steintafeln herum oder es werden komplizierte Mechanismen in Gang gesetzt, um die eigentliche Aufgabe freizugeben. Dabei wird jedoch ständig ein altertümlicher Stil beibehalten, da man hier auf knarrende Holz-Apparaturen, seilbetriebene Antriebe und steinerne Ornamente stößt, die teilweise von einfachen Lehmwänden umgeben sind. Aber auch andere Objekte, die den Raum lebendiger erscheinen lassen, zeugen von der enormen Zeitspanne, die zwischen der heutigen Zeit und der Erbauung der Mechanismen zu liegen scheint.
Der Sound:
Die Soundkulisse untermalt die beruhigende, düstere Atmosphäre und bietet mit seinen unauffälligen und langsamen Musikstücken die passende Begleitung zu den wirklich schweren Rätseln, bei denen ihr euch teilweise sehr konzentrieren müsst. Zwar bietet auch hier jeder Raum seinen ganz individuellen Stil, doch im Großen und Ganzen bewegt sich die Soundkulisse das gesamte Spiel über in einem mystischen, eher instrumentenarmen Bereich. Dieser erinnert ein wenig an die Zeit der Ägypter. Teilweise sind auch hallende Wassertropfen zu hören, die eine Atmosphäre einer einsamen Tropfsteinhöhle erzeugen. Ist euch eine gänzlich bedrückende Stille lieber, könnt ihr die BGM über die Optionen des Spieles auch jederzeit ausschalten. Bei der Geräuschkulisse wird ebenfalls das richtige Gefühl vermittelt: Die Apparaturen in den Räumen knarren vor sich hin, quietschen oder schleifen. Das passt richtig gut zu dem antik wirkendem Ambiente. Selbst die englische Sprachausgabe der tiefen und ruhigen Stimme des Orakels trägt sehr zu der gesamten Atmosphäre bei.


Ein Geschenk an alle Freunde von Denkaufgaben und kleinen Logikrätseln. Genau das erwartet einen nämlich bei Jewels of the Oracle. Die Sammlung wurde hübsch präsentiert, auf einen Datenträger gebracht und durch die kleine Story sinnvoll miteinander kombiniert. Hier gibt es keinerlei Hektik, Continues, Highscores oder Bestzeiten, sondern Denksport pur in angenehm ruhiger Umgebung. Wer also mal wieder etwas für den Grips tun und sich dabei entspannen möchte, kann entweder ein Buch lesen, ein Kreuzworträtsel lösen oder den Saturn anschmeißen. Mit Hilfe der Juwelen des Orakels könnt ihr die Stadt Nisus - ein Ort, den nur Jene zu Gesicht bekommen, die sich ihm als würdig erweisen. Zwar wurde das Spiel für nur einen Spieler ausgelegt, aber das heißt ja nicht, dass man nicht auch gemeinschaftlich über die Lösungen nachdenken und diskutieren kann.

Tanja Pattberg