Dreamcast -- Ikaruga (JPN)

Der Weltraum steht unter Herrschaft des machtgierigen Horai, der das ganze Sonnensystem in Atem hält. Er verübte schon einige hinterhältige Anschläge. Shinra - ein mutiger Junge und Kampfpilot - überlebte die Angriffe. Er gehört der Freedom Federation an und will nun im Alleingang das Horai-Imperium zu Fall bringen, bevor die ganze Menschheit ausgelöscht wird. Ob ihm dieses Unterfangen gelingt, liegt ab in eurer Hand. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ikaruga ist einer der schwersten und besten Shooter aller Zeiten zugleich. So einfach das Spielprinzip für den Laien auch klingen mag, es ist wahrhaftig nicht so. Per Knopfdruck kann euer Raumschiff die Farbe wechseln – jeweils in "schwarz" oder "weiß". Die gleichen Farben nutzen auch eure Gegner. Werdet ihr beispielsweise mit schwarzen Projektilen beschossen, werden diese von eurem Raumschiff absorbiert – sofern dieses auch schwarz ist. Logischerweise gilt selbiges Prinzip auch für die Farbe weiß. Nun machen euch diverse Kontrahenten das virtuelle Leben schwer: kleine Raumgleiter, Zwischenboss bis zum Endboss - sie alle füllen mit ihren Salven den gesamten Bildschirm. Für viele Gegner müsst ihr diverse Taktiken aus eurem Ärmel krempeln.
Doch nicht nur eure Kontrahenten erschweren euch den Durchgang. Auch die äußerst ausgeklügelte Level-Architektur macht euch zu schaffen, wo einige Fallen eingebaut wurden. So drohen euch nicht nur Lasersalven zu töten, die plötzlich aus den Wänden austreten. Auch Barrieren, die sich öffnen und schließen, müsst ihr umfliegen. Seit ihr in diesem Fall nicht schnell genug oder werdet von diesen erwischt, war's das mit euch. Solche Situation begegnen euch des Öfteren. Jeder Endgegner hat darüber hinaus eine bestimmte Schwachstelle, die es herauszufinden gilt. Findet ihr nicht heraus, wie sich die Obermotze am schnellsten und effizientesten ausschalten lassen, wird der Kampf schwerer und langatmiger. Taktik ist somit der Schlüssel zum Erfolg. Es gilt, die Symbiose zwischen dem richtigen Farbwechsel, sowie dem Ausweichen bzw. Aufnehmen der Salven herauszufinden. Wenn euch dies gelingt, steht euch ein mächtiger Angriff zur Verfügung, der gute Dienste im heißen Gefecht leistet. Schafft ihr es trotzdem nicht, in dem vorgegebenen Zeitlimit den Endgegner zu Fall zu bringen, verschwindet dieser nach Ablauf des Zeitlimits. Die Mission ist hier zwar geschafft aber es fehlt ein Batzen an Punkten, da der Boss nicht besiegt wurde.

Die Zeit tickt aber nicht nur bei den Endgegnern gnadenlos nach unten, sondern auch die ganze Zeit während der Missionen selbst. Es lassen sich in Ikaruga keine Power Ups aufsammeln. Stattdessen wurde die eben schon angesprochene Attacke eingebaut. Ladet ihr euch durch die Projektile der Gegner mit der selben Farbe auf, wird am Bildschirmrand eine Leiste gefüllt. Die Attacke lässt sich durch gleichzeitige Drücken der A- und B-Tasten oder des R-Buttons auslösen und ist ziemlich effektiv. Die R-Taste erweist sich im Spiel allerdings als die bessere Tastenbelegung, da ihr so nicht eure Schüsse kurz unterbrechen müsst oder sogar versehentlich euren Flieger in die falsche Farbe wechselt. Denn diese wechselt ihr mittels B-Taste. Die A-Taste dient zum Abfeuern der Salven. Je nach „Sättigungsgrad“ der Power-Anzeige im linken Menü wird die Stärke der Attacke beeinflusst. Außerdem gibt es am Ende jedes Chapters eine Endabrechnung, die zeigt, wie gut oder schlecht ihr letztendlich ward.
Ikaruga besitzt zudem ein ziemlich gut durchdachtes Combo-System: Schießt ihr abwechselnd immer drei Gegner der gleichen Farbgebung ab, schnellen eure Punkte nämlich besonders in die Höhe. Bei der Vollendung dieser sogenannten "Chain" (Kette) gibt es anfangs relativ wenig Punkte. Folgt die nächste Chain dreier gleichfarbiger Kontrahenten, verdoppelt sich die Punktzahl. Bei 25.600 Punkten verdoppelt sich diese allerdings nicht mehr und bleibt gleich. Trefft ihr nur einmal einen andersfarbigen Gegner innerhalb eurer Kette, ist diese unterbrochen und ihr dürft von vorne loslegen. Das ist natürlich ein weiteres sehr motivierendes Prinzip des Spiels, da hier Highscore-Jäger voll auf ihre Kosten kommen und mit Hilfe der Chains ihre Punkte in unermessliche Höhen bringen wollen. Eure momentan geschaffte Chain-Anzahl wird übrigens auch auf der Visual Memory Unit mitgezählt. Neben dem normalen Modus hat Ikaruga noch Einiges mehr zu bieten. In dem Practice-Modus lassen sich die Chapter in allen drei Schwierigkeitsgraden (Easy, Normal und Hard) einzeln anwählen. Voraussetzung hierfür ist natürlich das vorher erfolgreiche Absolvieren des Levels im normalen Spiel.

Die obligatorische Ranking List ist im Spiel natürlich auch vorhanden. Ein Tutorial fügten die Entwickler ebenso hinzu, in dem die Steuerung und das Prinzip knapp erläutert werden. In den Optionen könnt ihr Lebensanzahl, vertikalen bzw. horizontalen Bildschirm und Weiteres einstellen. Der Appendixe Modus ist da schon wieder interessanter. Hier findet ihr nämlich eure freigespielten Extras. Diese basieren aber nicht auf dem Erfolg oder Fortschritt, den ihr im Spiel habt, sondern auf der Spielzeit. Vier Extras wollen freigeschaltet werden. Ein Extra öffnet sich je nach einem Intervall von fünf Stunden. Nach Adam Riese habt ihr also nach 20 Stunden alle Boni. Diese gestalten sich unterschiedlich, mehr aber will ich nicht verraten, damit die Vorfreude bestehen bleibt. Hierbei gilt natürlich die reine Spielzeit, nicht die, in der ihr euch im Menu aufhaltet. Des weiteren könnt ihr euch auch einen zweiten Mitspieler schnappen und die Mehrspieler-Option anwählen. Per Knopfdruck klinkt sich automatisch euer Kumpel ein. Ihr könnt nun also beide simultan die Welt retten. Auch hier ist es möglich, sehr taktisch zu agieren. Beispielweise ist ein Schiff schwarz, das andere weiß. Die Gegner lassen sich nämlich etwas schneller eliminieren, wenn ihr sie mit gegensätzlichen Farbprojektilen eindeckt. Auch könnt ihr euch so gegenseitig decken. Oft führt es aber nur zu einem Chaos, soweit ihr euch nicht absprecht. Es soll aber auch Spieler geben, die mit selbstgebasteltem Arcade Stick gleich beide Schiffe zugleich steuern. Wer so etwas Feines nicht sein Eigen nennt, darf sich aber zumindest auch an SEGAs "normalem" Arcade Stick probieren und Ikaruga Chapter für Chapter durchfliegen. Hattet ihr beim Controller nur das Digikreuz zur Steuerung zur Verfügung, könnt ihr euer Raumschiff nun auch mit dem großen Analogstick des Sticks durch das Kugelmeer fliegen. Und je länger ihr spielt, desto mehr Continues könnt ihr euch verdienen. Denn Ikaruga lebt auch hier von der Spielzeit. So müsst ihr unter Umständen nicht selten das eine oder andere Level mehrmals spielen, bis ihr mit einem weiteren - durch Spielzeit verdienten - Versuch die Ebene endlich meistert. Erfahrene Spieler steuern selbstverständlich ohne jeglichen Treffer und geknacktem Highscore durch die insgesamt fünf Chapter.
Die Grafik beziehungsweise die selbst ablaufenden Hintergründe sind sehr schön anzusehen und detailliert. Durch die fließenden Übergänge von einer bis zur nächsten Szene, wirkt das Spiel wie aus einem Guss. Einziges Manko sind teilweise heftig Slowdowns, die zum Beispiel bei den opulenten Explosionen der Bosse auftreten. Das Spiel gerät dabei ziemlich ins Wanken. Das hätte definitiv ausgemerzt werden können. Auch die musikalische Untermalung gefällt, da die Musik dem Spielgeschehen sehr gut angepasst wurde. Gerade die eingeworfenen roboterartigen Sprüche im Hauptmenü oder im Spiel - zum Beispiel das klangvolle "Max Chain" bei einer Dreierkette oder "Easy Mix" bei voller Leiste eurer Spezialattacke - machen sehr viel her.


Ikaruga ist ein sehr forderndes Spiel! Trotzdem bleibt es immer fair. Ihr solltet nur mit Geduld an das Spiel herangehen, da ihr teils starke Nerven benötigt und nicht jedes Level sofort zu meistern ist. Das liegt auch an den anfänglich fehlenden Continues. Der Ansporn und Wille, ein Chapter zu schaffen, motiviert jedoch ungemein. Zudem ist dieses Genre wahrscheinlich nicht jedermanns Fall. Womöglich spricht diese Art Shooter eher ältere Gemüter an. Oder eben vor allem Jene, die "Radiant Silvergun" auf dem SEGA Saturn zockten. Immerhin ist Ikaruga so etwas wie der spirituelle Nachfolger dieses Hits.
Wer eine (riesige) Herausforderung sucht und Shoot 'em Up Spiele liebt, greift hier in jedem Fall zu. Zudem hat Ikaruga auf Dreamcast auch einen gewissen Kultstatus, da das Spiel aus dem Hause Treasure kurz nach der Dreamcast Ära und zudem exklusiv in Japan auf den Markt kam - unter SEGA als Publisher. (Umsetzungen für die Konkurrenz-Systeme folgten erst später.) Meiner Meinung nach könnten aber auch ruhig ein paar Chapter mehr enthalten sein. Auf der anderen Seite habt ihr trotzdem mit den vorhandenen Levels mehr als genug zu tun. Die Extras geben noch mal einen zusätzlichen Schub an Motivation. Fans des Genres kommen an Ikaruga nicht vorbei! Zumal Ikaruga bis dato das wahrscheinlich beste Shoot 'em Up für Dreamcast darstellt. Der Rest sollte es vorher zumindest mal anzocken.

Ronny Wecke und Benedikt v. d. Heyde