Saturn -- Sonic Jam

Das Sonic Team versuchte sich einst daran, für den Saturn eine Art Rollenspiel oder Action Adventure mit seinem Kultigel Sonic the Hedgehog zu entwickeln. Das sollte ihn erstmals in die dritte Dimension bringen. Leider wurden die Arbeiten daran kurzzeitig eingestellt. Einen neuen Nutzen hierfür fand man für die erste bereits fertig gestellte Ebene: Sie bildet in Sonic Jam die Grundlage einer einzigartigen Sammlung. Die dürfte das Herz aller Sonic Fans höher schlagen lassen. So packte das Sonic Team nicht nur alle bis dato erschienenen Mega Drive Klassiker des Igels auf den Silberling, sondern spendierte den Fans auch noch so einiges an Extras in Form von Infos, Bildern, Zeichnungen und Videos rund um Sonic. Erfreut euch also an nostalgischen Erinnerungen oder gänzlichen neuen Erfahrungen aus der Erfolgsgeschichte des beliebten Sega-Maskottchens.
Aufpoliert statt nur kopiert:
Wie Ihr schon von der Verpackungsrückseite des Covers entnehmen könnt, befinden sich die Mega Drive Spiele Sonic 1, Sonic 2, Sonic 3 und das Kombimodul Sonic & Knuckles in der Sammlung von Sonic Jam. Die Auswahl des Titels erfolgt dabei in einem Menü, wo die Abbildungen der Original-Module in einem dreidimensionalen Rondell gedreht und immer mit dem Label voran präsentiert werden. Entscheidet ihr euch für Sonic & Knuckles, habt ihr zudem die Möglichkeit es „blank“ zu spielen oder einen weiteren Titel auszusuchen. Den könnt ihr dann dem Spiel kombinieren. Grafisch wird das dann sogar mit einem Aufeinanderstecken der virtuellen Module dargestellt. Doch bevor es losgeht, werden vor allem Kenner der alten Spiele mit einigen Neuheiten konfrontiert. Die gab es bisher zu diesem Zeitpunkt so noch nicht: Ihr könnt euch zunächst zu jedem Spiel die originalen Bedienungsanleitungen der US- und Japan-Fassungen anschauen. Vor allem aber die japanischen Anleitungen sind einen Blick wert, da hier neben einigen Screenshoots auch recht witzige Skizzen enthalten, die einem schon mal zum Schmunzeln bringen können. Die Hefte werden dazu aufgeschlagen abgebildet, s dass ihr darin virtuell herumblättern und kleinere Details sogar heranzoomen könnt. Darüber hinaus erwarten euch neben der Möglichkeit nun auch die Spielstände abspeichern zu können, noch viele andere neue Optionen und Spielmodi:
Time Attack:
Wählt aus der Bestenliste eine beliebige Level aus und versucht euch daran, den dort gespeicherten Rekord noch zu überbieten.
Special Stage:
Hier spielt ihr nacheinander alle Special Stages des Spieles durch, ohne dabei zwischenzeitlich ins normale Spiel zurückkehren zu müssen. Hauptziel ist es, möglichst alle Emeralds nacheinander zu bekommen.
Time Out:
Wolltet ihr schon immer mal eine Level in aller Ruhe erkunden, ohne dabei einen Time Out befürchten zu müssen? Normalerweise ist bei Sonic Spielen immer nach zehn Minuten mit dem Ableben zu rechnen. Nicht aber, wenn ihr diese Funktion einfach ausschaltet.

Spin Dash:
Eigentlich konnte Sonic diese Attacke in seinem allerersten Abenteuer noch nicht ausführen. Doch mit dieser Funktion könnt ihr das nach Lust und Laune ändern. Schaltet sie also einfach ein, wenn ihr mal Sonic the Hedgehog mit einem völlig neuen Spielgefühl erleben wollt.
Game Start:
Noch bevor es losgeht, könnt ihr den Schwierigkeitsgrad festlegen. Traditionell geht es mit dem Original-Modus zur Sache. Im Easy Modus jedoch, braucht ihr von jeder Level lediglich den ersten Act zu schaffen, um das Spiel zu beenden. Zudem könnt ihr unter dem Punkt Saved Game jederzeit ein unterbrochenes Spiel wieder fortsetzen oder euch an einem Hard-Modus versuchen.
Soviel zu den Unterschieden zwischen der Sammlung und den traditionellen Modulen. Wer mehr über Sonic 1, 2, 3 oder Sonic & Knuckles erfahren möchte, nutzt einfach die Links zu den separaten Testberichten. Denn die Sonic Jam Versionen entsprechen bis auf den genanten Neuerungen den Originalen.
Sonic das erste mal in 3D:
Habt ihr euch am Titelbildschirm nicht für die oben bereits beschriebene Spielesammlung, sondern für den Punkt „Sonic World“ entschieden, findet ihr euch in einem dreidimensionalem Areal wieder. Dessen Optik wurde der altbekanntem Green Hill Zone nachempfunden. Neben den traditionellen Bumpern, Brücken, Palmen und grünen Hügeln, trefft ihr hier sogar auf einige herumflatternde Flickies und auf Sonics besten Kumpel Tails. Dieser fliegt hier munter eine festgelegte Bahn ab und kann auch schon mal als Flugtaxi genutzt werden, wenn ihr an ihn dran springt. Den eigentlichen Sinn dahinter seht ihr, wenn ihr euch ein wenig genauer umschaut. Denn innerhalb der Level findet ihr eine Plattform vor, die euch beim Betreten mehrere Aufgaben stellt - beispielsweise 50 Ringe sammeln, fünf blaue Starposts aktivieren oder Tails ausfindig machen. Verlasst ihr die Plattform anschließend wieder, wird eine Stoppuhr aktiviert und ihr müsst eine der Aufgaben erfüllen. Sobald eine Mission geschafft ist, ertönt ein kleiner Jingel: für euch das Zeichen, die Plattform erneut aufzusuchen. Erst wenn ihr sie wieder betretet, stoppt die Uhr und es wird die Bestzeit gespeichert, die ihr für die Aufgabe benötigt hattet. Das natürlich nur dann, sofern ihr den letzten Rekord noch überbieten konntet. Anschließend könnt ihr durch erneutes Aktivieren der Plattform einen weiteren Versuch starten oder einfach nach Lust und Laune in der Level herumlaufen.
Hier könnt ihr euch nämlich völlig frei bewegen. Es erwartet euch kein Startpunkt oder ein Ziel. Vielmehr gibt es innerhalb der eingegrenzten Umgebung Einiges zu entdecken: beispielsweise die „Secret Cards“,die euch beim Aufspüren kleine Geheimnisse in Form von Cheats für die Mega Drive Sonic Spiele offenbaren. Teilweise sind diese jedoch nur schwer aufzuspüren und nicht immer sofort auch als solche zu erkennen. Deshalb erweist sich hier der eingespielte Ton beim annähern einer Karte als sehr nützlich. Doch das ist noch längst nicht das einzig erwähnenswerte Detail innerhalb der „Sonic World“. Die schönsten Extras des Spieles erwarten euch erst in Form von Gebäuden, die beim Betreten Zusatzmaterial rund um Sonic bieten. Je nach Themengebiet sehen die Gebäude anders aus und bieten auch gänzlich andere Inhalte.

Das Character House – Eingang Sonic & Friends:
Wählt zunächst einmal einen Charakter aus, von dem ihr mehr erfahren und euch Bilder anschauen wollt. Die drei Haupthelden Sonic, Miles "Tails" Prower und Knuckles kommen neben ein paar Infos sogar noch mit einem kleinen Zeichenkurs daher. Hier verrät man bildlich die einzelnen notwendigen Schritte, um den jeweiligen Charakter aufs Papier zu bringen. Zudem zeigt man euch die zu beachtenden Proportionen und ein paar skizzenartige Beispiele für typische Körperhaltungen. Vorlagen zu verschiedenen Gesichtsausdrücken helfen dabei, auch gleich mit der passenden Mimik für unterschiedliche Stimmungen des gezeichneten Charakters zu sorgen. Unter dem Punkt „Friends“ präsentieren euch die Entwickler farbige Bilder der Tiere, die Sonic immer aus den Robotern retten muss und deren Namen zusammen mit der japanischen Schreibweise. Innerhalb der Bilder wird mit den Schultertasten weitergeblättert und mit der B-Taste abgebrochen, um einen anderen Charakter zu wählen. Drückt ihr erneut B, geht es wieder nach draußen in die Sonic World.
Das Character House – Eingang Robotnik:
Jede Menge Bildmaterial über Robontniks Schergen, den so genanten Badnicks, erwarten euch hier. Wählt eines der möglichen Sonic Spiele aus, um euch anschließend die darin vorkommenden Gegner als farbige Zeichnungen anzuschauen. Hier erfahrt ihr ebenfalls deren Namen und die japanische Schreibweise. Genau wie bereits bei den guten Charakteren, gibt es auch hier einen Zeichenkurs zu bewundern. Der dreht sich allerdings um den Bösewicht Dr. Robotnik selbst und einige seiner Fahrzeuge. In beiden Fällen wird das Blättern in den Zeichnungen mit einer ruhigen, unauffälligen Melodie begleitet. Sie passt wunderbar zu den Erinnerungsmomenten, die euch sicherlich manches Mal überkommen werden.
Der Music Shop:
Hier könnt Ihr euch alle Sounds und Effekte der Mega Drive Klassiker und sogar von Sonic Jam selbst anhören. Wählt einfach das Spiel und anschließend die Musik oder den Sound-Effekt aus. Da bei den originalen Spielen diese Funktion teilweise nur mit einem Cheat erreichbar ist, erweist sich das Tonstudio als bequeme Alternative für Fans, die sich noch einmal ihre liebsten BGMs von damals anhören möchten.
Das Movie Theater:
Wie der Name bereist erahnen lässt, dreht sich hier alles um Videos. Neben japanischen TV-Werbespots, könnt ihr euch hier auch den Trailer zum Sonic Anime und einige bisher unveröffentlichte Animationen anschauen. Sogar die Videosequenzen seines Mega CD Debüts in „Sonic CD“ sind dabei. Sie sind bildschirmfüllend und fallen sogar etwas länger aus, als die Originale. Wer „Sonic CD“ kennt und hier schon einmal den „Pencil Test“ einsehen konnte, erfährt nun endlich die scheinbar ungenutzten Animationssequenzen des Intros. Denn was seinerzeit dem Rotstift zum Opfer fiel, hat hier nun endlich seine Präsenz gefunden. Die Auswahl eines Filmes erfolgt in einem Menü, das passenderweise die Darstellung eines Kinosaales als Hintergrundbild benutzt. Hier dient ein Ausschnitt dazu, Intros zu präsentieren. Das Abspielen eines Videos erfolgt in Bildschirmgröße und erreicht in jeder Hinsicht Video-CD-Qualitäten.

Art Galerie:
Hier gibt es allerlei Bilder zu bestaunen, wie sie seinerzeit auch auf der „Sonic & Knuckles Collection“ als Bildschirmschoner für den PC verwendet wurden. Es handelt sich dabei um Comic- und Bilderbuch-Zeichnungen, die unsere Freunde in Alltagssituationen zeigen: beispielsweise bei einem Tag am Sandstrand, beim Tennisspielen, beim Verbringen des Weihnachtsabends oder auf den Bus wartend. Der Eindruck reicht hier von niedlich über originell bis hin zu einfach witzig, wobei die gesamte Galerie in drei verschiedene Kategorien aufgeteilt wurde. Wählt also zwischen Abbildungen von Sonic, von Sonic zusammen mit seinem Kumpel Tails oder Abbildungen mit weiteren Charakteren.
Hall of Fame:
Sonic hatte schon so manches Event hinter sich gebracht und an einigen Tagen ganz besonders von sich sprechen lassen. Wann das war und was sich ereignet hatte, erfahrt ihr hier: Ihr blättert euch durch die nach Datum sortierten Berichte. Gibt es zu einem Ereignis zusätzliches Bildmaterial, könnt ihr durch Drücken des A-Knopfes in ein Untermenü schalten. Dies könnt ihr genauer Betrachten und heranzoomen. Hattet ihr beispielsweise damals von dem weltweiten Sonic & Knuckles Wettbewerb „Rock the Rock“ auf der Gefängnisinsel Alcatraz gehört? Wenn nicht, könnt ihr hier nachlesen, was damals vorgefallen ist. Soviel sei verraten. Das Ganze hatte ein deutscher Teilnehmer samt 25.000 US-Dollar gewonnen. Denn er kämpfte nicht gegen den Endgegner, sondern blieb mit seinen unzähligen Ringen davor stehen, bis die Zeit abgelaufen war. Besonders pfiffiger oder unberechtigter Sieg? Das darf jeder selbst beurteilen. In der Hall of Fame werden neben den Events aber auch alle bis dato erschienenen Softwaretitel rund um Sonic the Hedgehog zusammen gezeigt - mit dem genauen Tag ihrer Veröffentlichung. Schaltet ihr in das Untermenü des jeweiligen Titels, bekommt ihr nicht nur einige Screenshoots des Spiels zu sehen, sondern auch die verschiedene Cover der einzelnen Länderversionen. Diese werden allerdings niemals im Ganzen auf dem Schirm gezeigt, sondern können nur durch das hinauf- oder hinabscrollen der Abbildung völlig betrachtet werden. Auch ein Heranzoomen ist möglich.
Die Grafik:
Die 3D-Level in Sonic Jam sieht wirklich schon sehr gut aus und machte schon damals Lust auf mehr. Die Umsetzung der Green Hill Zone in eine komplett dreidimensionale Version ist so gut gelungen, dass man sie trotz der ungewohnten Lauffreiheit sofort wieder erkennt und sich in alte Zeiten zurückversetzt fühlt. Alle typischen Elemente wurden in der gewohnt grellen Farbintensität übernommen und können nun erstmalig von allen Seiten bewundert werden. Lediglich die Geschwindigkeit, mit der Sonic hier unterwegs ist, erscheint einem zunächst ungewohnt langsamer als sonst. So gibt es zwar keine Ruckler. Aber mit den 2D Jump & Runs kann Sonic Jam mit seiner 3D-Polygongrafik nicht so recht mithalten. Zudem gibt die Position der Kamera einen Grund zum meckern. Sie lässt sich zwar jederzeit manuell verstellen, zeigt jedoch die meiste Zeit das Geschehen von Oben. Das nimmt einem gänzlich die Übersicht. Denn man kann nicht mehr sehen, wo man eigentlich hin läuft. Dafür kann man sich völlig frei innerhalb des abgegrenzten Areals bewegen und sich kleine Highlights zu Gempte führen: beispielsweise einen riesigen Wasserfall, die Darstellung von transparenten Wasser samt Oberflächen-Kreise, herumflatternde Flickies und sich bewegende Objekte. Dafür muss man allerdings auf Sonics bewährten Doppelsprung und die Spin Dash Attacke verzichten. Beides schaffte nicht den Weg in die dritte Dimension. Schade ist auch, dass Tails reaktionslos in die Level integriert wurde und einfach nur seine Bahnen abfliegt. Beeinflussen könnt ihr ihn nämlich nicht.

Der Sound:
Die BGM der Sonic World hat einen karibischen Flair und erinnert ein wenig an Jamaika. Sämtliche Soundeffekte wurden dagegen aus den alten Mega Drive Klassikern übernommen und geben dem neuen Spielelement einen gewissen Hauch von Tradition. Die Menüs, Bilder und Texte der ganzen Museen werden von einer ruhigen und lieblichen Melodie begleitet, die für Entspannung bei stöbern sorgt. Alles zusammen ergibt eine schöne wie passende Soundkulisse. Sie fügt sich prima in das Geschehen ein.

Wahrhaft ein Geschenk an alle treuen Sonic Fans, die dieses Spiel einfach ihr Eigen nennen müssen. Es hat soviel mehr zu bieten, als nur eine Wiederveröffentlichung der alten Mega Drive Spiele. Die liebevolle Zusammenstellung und Präsentation des ganzen Sonic-Materials mit der Einbindung erster 3D-Erfahrungen zeugen von der Sorgfalt, mit der die Programmierer hier vorgegangen sind. Selbst die Spielesammlung wurde mit einigen kleinen Neuerungen versehen. Selbst Kennern der Serie könnte sie neue Reize bieten. Wo sonst kann man bis dato die Spin Dash im ersten Sonic Spiel nutzen oder den Spielstand im zweiten Teil speichern? Eben nur in Sonic Jam! Ein Spiel, das für Sonic Fans und solche, die es werden wollen, gemacht wurde.

Tanja Pattberg