Fußballspiele auf Dreamcast - ein Thema für sich. Unumstritten ist bis heute noch keines. Grafisches Highlight ist klar Virtua Striker 2. Das rockt grafisch alles andere in Grund und Boden! "UEFA Striker" bzw. "European Superleague" haben hier nur versucht spielerisch Boden wettzumachen. Aber auch hier gab es Mängel ohne Ende. Jetzt kommt zum Ende der Dreamcast-Ära noch 90 Minutes: Sega Championship Football. Geproggt haben dies die Jungs von Smilebit, auch verantwortlich für die Dreamcast Spiele "Jet Set Radio" oder The Typing of the Dead. Ist 90 Minutes daher die Erfüllung der fußballhungrigen Gemeinde der Dreamcastjünger?

Nach dem Einlegen der GD-ROM ins Laufwerk erwartet euch zunächst ein aufgeräumtes Menü mit den Punkten Freundschaftsspiel, Weltmeisterschaft, National (Liga), Wettbewerb (Pokal), Training, Utensilien und den obligatorischen Optionen. Starten wir also mal schnell ein Freundschaftsspiel. Wir spielen: Schalke gegen Munich. Soll heißen: gegen die Bayern. Wir könnten auch Teams der folgenden Ligen wählen: England, Frankreich, Italien, Spanien und aus dem Menüpunkt 'andere Vereine' die bekanntesten Teams der anderen europäischen Ligen wie Zürich, Wien oder auch Belgrad. Also, Teams gewählt, dann kommen die Optionen: Schwierigkeitsstufe, Spieldauer, Verlängerung, Wetter, etc. und Stadion wählen, Trikots aussuchen. Ein Stadion, das der Arena 'Auf Schalke' ähnelt, ist auch dabei. Also weiter. Jetzt könnt ihr noch die Strategie festlegen und euer Team komplett einstellen. Jedem Spieler können gewisse Aufgaben zugewiesen werden. Ihr könnt die Aufstellung nach eigenem Gutdünken variieren. Taktiken lassen sich einstellen. Und auch über den Gegner könnt ihr euch hier informieren und euch damit auf deren Strategie einstellen. SO, genug der Strategie. Ihr könnt in diesem Soccer-Game Original-Spielernamen verwenden, nur die Vereinsnamen sind etwas abgeändert. So spielt hier nicht Schalke 04 gegen Bayern München, nein, es spielt Schalke vs. Munich - also die internationalen Namen. Aber das ist zu verkraften. Nun genug geplänkelt, Fußball spielen ist angesagt.

Mit 90 Minutes: Sega Championship Football bringen Smilebit und SEGA eine Fußballsimulation, auf die viele FIFA-Junkies gewartet haben. Das hier ist kein Arcade Game á la Virtua Striker 2. Smilebit entwickelte 90 Minutes speziell für Dreamcast, das in Japan unter der "J-League" Soccer-Serie veröffentlicht wurde. Und trotzdem gibt es wieder so Einiges zu bemängeln. Doch zunächst zur Steuerung. Mit [A] spielt ihr einen Kurzpass, die Taste [B] dient der Flanke. Einen Schuss führt ihr mit [X] aus. Mit der Schultertaste [L] wählt ihr die Technik und [R] könnt ihr schneller laufen. Mit [Y] könnt ihr während des Spiels auf den Spieler schalten, der am nächsten zum Ball steht. Damit ist die Steuerung zumindest sehr übersichtlich. Allerdings - und das ist das große Manko - reagieren die Spieler träge auf Kommandos. Sie bleiben nach Aktionen wie angewurzelt stehen und bewegen sich nicht immer in die Richtung, die ihr mit dem Stick vorgibt. Während euer Fußballmatches werden diese Mängel sofort auffallen. Fairerweise muss ich sagen, sie sind aber nicht unbedingt spielentscheidend. Letztendlich stellte ich während meiner Sessions fest, dass das Spiel mit der Zeit immer mehr an Tiefe gewinnt. Zu Beginn, das gebe ich zu, sieht das allerdings nicht so aus. 

Grafisch gesehen ist 90 Minutes nur Durchschnitt: weit über den Spielen der Silicon Dreams-Versionen von "World Wide Soccer", aber noch lange nicht in der Nähe von Virtua Striker 2. Die Spieler sind auch nicht sehr aufwändig erstellt. So könnt ihr Asamoah und Mpenza bei Schalke sogar noch unterscheiden, aber auch nur daran, dass Mpenza hellhäutiger ist als sein Sturm-Kumpan. Die Stadien sind - anders als bei "European Super League" - auch keine originalen Stadien. Aber immerhin sehen sie schön aus. Im Hintergrund sind die verschiedenen Banden und Aufschriften wie Canon, Casio oder Polaroid erkennbar. Ein schwerer Kritikpunkt an die Entwickler: Zum Teil ist 90 Minutes ganz schön am Ruckeln und die Framerate geht ziemlich in die Knie. Dies zwar nicht so schlimm wie bei "European Super League", aber immerhin. Komischerweise sind diese Einbrüche nicht mehr gar so auffallend, sobald ihr die Spielgeschwindigkeit etwas höher stellt. Die Musik ist arcademäßig und dürfte mit der Zeit den einen oder anderen Fußballer unter euch nerven. Hier gibt es einen englischen Kommentator, sowie lärmberauschte Stadien. Diese sind so laut, dass die Kommentare teils nur noch schwer herauszuhören sind. Kommt ein Tor zustande, ist die Freude über den Punkt dann eher mäßig herauszuhören. Denn der Krach bleibt relativ auf gleicher Ebene. Das ist sicher alles im vertretbaren Bereich. Vergleiche ich 90 Minutes weiterhin mit "European Super League", so ist letzteres aber soundmäßig das Maß aller Dinge. Und vergleiche ich das auch mit Virtua Striker 2, so kommt dann natürlich weitaus mehr Fußball-Flair auf. 

Diese vielen Optionen! Diese Möglichkeiten, ein eigenes Team auf das gleich beginnende Fußballspiel einzustellen! Schon dies macht 90 Minutes: Sega Championship Football fast zum besten Soccer-Game auf SEGAs Kringelbox. Es ist eine Simulation und daher doch anders als das ebenfalls von SEGA stammende Virtua Striker 2 - ein Arcade Game aus der Spielhalle. 90 Minutes dagegen wurde konsequent für Dreamcast entwickelt, erschien in Japan als "J-League" Soccer. Hier habt ihr eine Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten ähnlicher klingender Vereine. Originale Stadien gibt es nicht. 

Fasziniert hat mich doch irgendwie die gute Steuerung, die zunächst schon einmal sehr einfach daherkommt. Obwohl ich es nie gedacht hätte, gewinnt das Spiel mit der Zeit immer mehr Tiefe. Man muss natürlich damit leben, dass der eine oder andere Spieler mal etwas träge auf die Kommandos reagiert. Noch schlimmer sind natürlich die starken Ruckler und der Einbruch der Framerate. Lustigerweise ist das gar nicht so das Thema, stellt man die Spielgeschwindigkeit etwas nach oben. Meiner Meinung nach ist Smilebits Fußball-Game bis jetzt die beste Fußball-SIMULATION für Dreamcast. Aber auch diese hat diverse Schwächen...


Hetzte mit Ball über'n Platz:
Christian Roth