Was 1999 auf SEGAs Dreamcast anfing, wird langsam zu einem Highlight in Sachen Sports-Games. Nachdem Electronic Arts sich dem Dreamcast-Projekt verweigerte, beschloss man bei SEGA, ein eigenes Sports-Label ins Leben zu rufen. Die 2K-Serie ward geboren. Der Ableger NFL 2K war zum Release schon wegweisend. Superbe Grafik und geniales Gameplay zeigten SEGAs ernste Absichten. Die Coder um Greg Thomas von Visual Concepts schafften sogar mit jeder Episode einen weiteren Schritt nach vorne. Die Version NFL 2K1 ging auf SEGA's Dreamcast sogar online, ebenso der 2K2-Nachfolger. Auf den NextGen Konsolen ging man erst mit den 2K3-Versionen mit der Xbox ans Netz. Doch leider blieb man mit den Verkaufszahlen bei den 2K3 Games weit hinter den Erwartungen und wurde von EA auf die Plätze verwiesen. Und das trotz Höchstwertungen in den US Magazinen und Online-Tauglichkeit im Vergleich zu EA.

Mit dem neuesten Ableger des Sporthammers aus der NFL 2K-Reihe betritt man nun neue Wege. Die schon im letzten Jahr begonnene Kooperation mit dem US-Sportkanal ESPN wurde noch einmal intensiviert. Und das hat weitreichende Folgen - vor allem in Sachen Präsentation. Doch auch der Simulationsfaktor ist entscheidend. Mit NFL 2K3 hat SEGA letztes Jahr die Hürde im Simulationsbereich sehr hoch angesetzt. Das Spiel war eher für die NFL-Cracks geeignet, als für Anfänger. Doch das soll nun alles Geschichte sein. Durch die Kooperation mit ESPN und die vergleichsweise schlechten Absätze der 2K3-Versionen in den USA im letzten Herbst, hat man bei SEGA einen Schnitt gemacht: So ist das SEGA Logo nur unscheinbar auf der Packung, der DVD, der Anleitung oder gar im Spiel zu sehen. Als Marketingplattform steht nun der ESPN-Sportsender zur Verfügung. Und nun hat man sich bei SEGA tatsächlich ins Zeug gelegt. Darum auch der Wandel des Namen von NFL 2K4 zu ESPN NFL Football 2K4. Nach einer Begrüßung durch ESPN-Legende Chris Berman geht es nach einem kurzen, stylischen Intro in das noch vom letzten Jahr bekannte Menü. Dort stehen mehrere Spielmodi und Optionen zur Auswahl: Auf den NFL-Gamer warten eine komplette Season, der Franchisemode, ein Tutorial, das Spiel für zwischendurch und in der Xbox Version zusätzlich der Xbox Live Online-Modus.

Gehen wir auf das grundlegende Spiel ein: Hier kommt schon zu Beginn die ESPN-Präsentation zum Vorschein. Chris Berman kommentiert den ESPN NFL Countdown und stellt die beiden Teams vor. Danach schaltet er zu Dan Stevens und Peter O'Keefe, die schon bei den Vorgängern ans Mikrofon durften und die "play-by-play's" moderierten. Nach kurzer Vorstellung der Teams im Stadium geht es dann zum Coin Toss und ab ins Match. Es ist übrigens die komplette NFL vertreten, inklusive der NFL Teams früherer Jahre. Anhänger der NFL Europe schauen hier allerdings immer noch in die Röhre, denn die Tochterliga ist hier nicht zu finden. Im Spiel finden wir die ersten Veränderungen im Game: Die Spielzüge. Diese waren in den Vorgängern sehr übersichtlich über das Feld gelegt und sind nun abgewandelt in kleine Kästen ähnlich dem Madden-Prinzip. Defense oben, Offense unten. Was den Spielablauf betrifft, so ist bei ESPN NFL fleißig gearbeitet worden. So sind auch Sacks möglich oder auch die gefeierten Return-Touchdowns nicht mehr unmöglich. Die Spieler agieren besser und geschmeidiger auf die Kommandos des Pads. Mehrere Schwierigkeitsgrade vom Rookie bis zur Legende sind einstellbar und die einfachen Grade sind auch für Newbies weit einstiegsfreundlicher als beim Vorgänger.

Auch am Franchisemodus wurde gebastelt. Ihr habt nun ein echtes Office zur Verfügung, in welchem ihr den "Papierkram" frönen könnt. Ob das Scouting oder die Verpflichtung neuer Spieler, Spielplan und vieles mehr wird hier organisiert. Über mehrere Seasons könnt ihr so euer Team bis zum Superbowl - der Krone des American Football - führen. In der Franchiseseason wird auch der Standard der anderen Teams angezeigt. Außerdem präsentiert Chris Berman auf Druck des rechten Sticks zwischen den Spielen seine ESPN NFL Primetime, in der er über die anderen Spiele berichtet, die am letzten Gameday abliefen. Inklusive Spielszenen, den Highlights der anderen Matches. Das außergewöhnlichste Feature ist wohl der "First Person Football". Mit den Augen des Spielers geht es hier auf das Feld, wobei ihr immer den Spieler führt, der am Leder-Ei dran ist. Ein etwas ungewöhnlicher Spielmodus. Nach etwa zwei Stunden im First Person Modus muss ich sagen: Hammer, aber ich kriege da nur als Defense-Spieler was auf die Reihe. Insgesamt sogar drei Sacks sind mir als Defense-Player gelungen. Im Bereich Offense habe ich mich nicht so gut zurechtgefunden. Agieren und reagieren: Wer das eine besser kann als das andere, wird hier seine Fähigkeiten schnell herausfinden. Insgesamt eine frische Neuerung, die aber wohl eher die Cracks in den USA ansprechen dürfte.

Das Tutorial ist der Weg für Gamer, die zwar die Regeln von American Football kennen aber noch kein Game dieser Art groß gespielt haben. Verschiedenste Tricks, Würfe, Techniken, Tackles werden dem geneigten Spieler dargebracht. Die helfen nachher im Spiel weit mehr als man sich vorstellen kann. Ein weiteres Feature, das für den NFL Junkie interessant sein dürfte, ist "the Crib" - eine Art Penthouse, das man sich mit der Zeit einrichten kann. Die entsprechenden Utensilien kann man sich bei Quick Games genauso erspielen wie im First Person Mode, Season oder auch Franchisemodus. Ob verschiedenste Trophäen, Poster, Soundtracks von SEGA Games, oder auch Videotrailer, all das und das komplette Mobiliar kann hier erspielt und verändert werden. Sogar Air Hockey als Minispiel oder Tisch-"Paper"-Football sind spielbar sowie die Musicbox, aus der Titel aus allen möglichen SEGA Games klingen, sei es Beach Spikers oder auch JSRF...

Leider verfügt die europäische PS2 Version nicht wie in den USA über die Onlinefunktion. Wer allerdings eine Xbox und Xbox Live hat, darf hier wie schon beim Vorgänger das Ei in der gegnerischen Endzone versuchen zu platzieren. Beim Xbox Live Match kann man jedoch online zu so genannten "Freezes" kommen. So hilft es, wenn ihr im Xbox Dashboard das Dolby Digital Feature abstellt und nur Surround nutzt. Warum das so ist, weiß keiner. Es soll hier nur als hilfreicher Tipp niedergeschrieben sein.

Grafisch und soundtechnisch ist die 2K-Reihe von jeher immer zeitgemäß gewesen. Sei es das erste NFL 2K oder auch die letztjährige Version NFL 2K3. Hier haben die Jungs von Visual Concepts gezeigt, was sie drauf haben und auch dem Vergleich mit den Mitbewerbern standgehalten. Doch die Schippe, die nun diesmal aufgelegt wurde, ist schon gewaltig: Allein der Rasen, der mit der Zeit verschmutzt und die Markierungen auf dem Spielfeld verblassen lässt. Oder das Umfeld: Die Mannschaftsbereiche am Spielfeldrand, die authentischen Stadien oder eben die noch geschmeidigeren Spielermodelle. Sogar Bump Mapping (Xbox) wurde bei den Spielertrikots eingesetzt. Und schließlich die Animationen bei gescheiterten bzw. gelungenen Aktionen. Feiernde, gröhlende Spieler, denen man die Feierlaune ansieht oder der Frust beim Gegner und dessen Trainer. All das ist hier nun zu sehen.

Kommen wir zu einem Punkt, der bisher in der 2K-Reihe schon fast nur Nebensache war, die Präsentation: Durch das ESPN-Label wird hier nicht mehr gekleckert, hier wird geklotzt. Ob die Pregame- oder Halftimeshow, Chris Berman sagt was Sache ist und bringt in der Halbzeit noch einmal die Highlights des Spieles. Während des Spiels kommen die Replays mit den Kommentaren von Peter O'Keefe und Dan Stevens. Dazu eben die Sequenzen vom Spielfeldrand: Spieler, die je nach Spielstand happy oder niedergedrückt sind, ebenso die Trainer, die Anweisungen geben. Und auch die Fans kommen nicht zu kurz. So sind in jedem Stadion die Freaks zu finden, die emotional am Spielstand hängen. Und hier geht man eindeutig neue Wege: Dreidimensionale Fanmodelle in Vereinsfarben, die ihrem Club die Stange halten. Und das Wichtigste beim Football kommt endlich auch zur Geltung: die Cheerleader. Nach Punktgewinnen feiern diese mit ihren Fans und bringen sie zur Halbzeit noch einmal richtig mit ihren Tänzen in Stimmung.

ESPN NFL Football  2K4 ist ein absoluter Knaller geworden. Man hat aus Fehlern der Vorgänger gelernt. Das Spiel ist eingängiger geworden. Dazu kommt eine aufwändige Präsentation, die sogar den Konkurrenten aus dem Hause EA Sports (Madden 2004) alt aussehen lässt. Und das, wo die Kanadier von EA bis dato als Meister der Präsentation galten. Einzig die fehlenden Werbeblöcke machen klar, dass es sich hier NICHT um eine TV-Übertragung handelt. Die fein animierte Grafik, der fette Dolby Digital 5.1 Support und die Xbox Live Unterstützung (Xbox Version). All das macht das Spiel zur Nummer EINS unter den NFL Games. Nun muss SEGA nur noch die europäischen und US-amerikanischen Spieler via Xbox Live zusammenbringen und wir hätten das perfekte Spiel. Desweiteren wünschen wir uns auch für die PlayStation 2 Variante im kommenden Jahr den Online Support. 

Stürmt unaufhaltsam zum Touchdown:
Christian Roth